Boxenfunk in Monaco: Lewis Hamilton wollte Reifen wechseln

, 29.05.2015

Der Boxenfunk deckt auf: Lewis Hamilton hatte am fatalen Boxenstopp in Monaco selbst seinen Anteil - Dominanz während des Rennens war bis dahin erdrückend

Lewis Hamilton, da sind sich alle einig, wäre der würdige Sieger des Grand Prix von Monaco 2015 gewesen. Nur die falsche Mercedes-Computerstrategie, ihn während der Safety-Car-Phase an die Box zu holen, ließ Nico Rosberg und Sebastian Vettel an ihm vorbeischlüpfen. Aber ganz unbeteiligt an dieser Entscheidung war auch Hamilton nicht.

Zwar nahm das Mercedes-Team den Zwischenfall nach dem Rennen auf seine Kappe, aber Hamilton hatte durchaus seinen Anteil daran, dass er an die Box geholt wurde. Unmittelbar nach der Kollision zwischen Romain Grosjean und Max Verstappen funkte ihn nämlich Renningenieur Peter Bonnington an: "Safety-Car, Safety-Car. Wir bleiben draußen." Was eigentlich die einzig logische Entscheidung gewesen wäre, da in Monaco sowieso kaum überholt werden kann.

Aber Hamilton (der natürlich aus dem Cockpit heraus nicht den Überblick über die Abstände haben konnte) regte seine Crew an, einen Boxenstopp durchzuführen, wenn es denn möglich sein sollte: "Seid ihr sicher, dass es das Beste ist, draußen zu bleiben? Die Reifen haben die ganze Temperatur verloren. Alle werden auf Supersofts sein." Und die Antwort von Bonnington: "Okay. Copy, copy. Box, Box." Womit der Sieg verloren war.

Was war während der Safety-Car-Phase los?

Zum Zeitpunkt der Grosjean-Verstappen-Kollision hatte Hamilton 19,3 Sekunden Vorsprung auf Rosberg. Dieser wuchs in den Augenblicken, als zunächst das virtuelle und dann das echte Safety-Car aktiviert wurde, dramatisch an. Hamilton war im ersten Sektor der 64. Runde um 0,1 Sekunden schneller als Rosberg, im zweiten um 4,1 und im dritten um 2,3. Zu Beginn der 65. Runde hatte er 27,2 Sekunden Vorsprung. Dann lief er auf das Safety-Car auf und kam mit nur noch 16,1 Sekunden Vorsprung am Ende der 65. Runde an die Box.

Als er anschließend als Dritter wieder auf die Strecke fuhr, dämmerte Hamilton sofort: "Ich habe dieses Rennen verloren, nicht wahr?" Worauf Bonnington entgegnete: "Nicht wenn sie alle Reifentemperatur verloren haben. Du hast im Moment die sehr guten Supersofts am Auto." Denn die Mercedes-Logik war: Hamilton sollte Reifen wechseln, in Führung bleiben und dann seine Position mit den besseren Reifen locker absichern. Was auch aufgegangen wäre, wenn er nicht auf das Safety-Car aufgelaufen wäre.

"Was ist los, Jungs?", fragte Hamilton in der 67. Runde. "Wir schauen uns gerade das Video an", war die kleinlaute Antwort von Bonnington. Und dann gingen die Diskussionen über die Safety-Car-Linie los, denn hätte Hamilton diese Linie am Ausgang von Sainte Devote vor Sebastian Vettel passiert und wäre er erst danach zurückgefallen, hätte die Rennleitung einen Platztausch anordnen müssen. Aber Vettel funkte gleich: "Ich war bei SC1 vorne, ich war vorne."

Diskussion um die Safety-Car-Linie

"Okay, bleib vorne. Wir sehen am TV, es war klar für uns, wenn wir uns die Videos anschauen. Bleib auf der Rennlinie", sagte Vettels Renningenieur Riccardo Adami. Hamilton war sich da offenbar nicht ganz sicher: "Nico war vorne. Ich war neben Sebastian." Aber die TV-Bilder zeigten in der Tat, dass Hamilton nur als Dritter über die Safety-Car-Linie fuhr. Und trotz der Supersofts kam er später an Vettel nicht mehr vorbei - was beweist: Auch ohne Wechsel auf Supersofts hätte Hamilton seine Führung wohl locker behauptet.

Allerdings ist die Mercedes-Entscheidung, doch noch Reifen zu wechseln, insofern nachvollziehbar, als die Reifentemperaturen während der Safety-Car-Phase völlig in den Keller fielen. "Das ist so, als würde man Schwimmer mit Gewichten auf ihren Beinen zum Schwimmen schicken. Das ergibt keinen Sinn", monierte Vettel in jener Phase. "Wir brauchen zumindest zwei, drei etwas schnellere Runden, um ein bisschen Temperatur hineinzubekommen. Ich meine, das ist ein Witz."

Wie überlegen Hamilton in diesem Rennen war, hatte sich übrigens schon zuvor gezeigt, als er um die 30. Runde herum seinen Vorsprung massiv ausbaute. "Kämpfen andere mit Verschleiß?", fragte er in der 32. Runde, als er 8,3 Sekunden Vorsprung auf Rosberg hatte. "Der Grund, warum ich frage: Ich fahre eine Sekunde pro Runde weg und die Reifen fühlen sich gut an." Worauf Rosberg angefunkt wurde: "Halte uns bezüglich der Reifen auf dem Laufenden."

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