Ecclestone stellt klar: Track-Limits verlangen Regeländerung

, 30.07.2016

Bernie Ecclestone erläutert, warum Charlie Whiting auf Track-Limits beharren kann - Um sie abzuschaffen, müsste eine Regel geändert werden, was nicht passiert ist

Die Track-Limits sorgten auf dem Hockenheimring für viele Diskussionen und Verwirrung. Praktisch jeden Tag gab es eine neue Auslegung des Reglements. Am Samstagvormittag teilte die FIA nun mit, wie die Sache in Kurve 1 gehandhabt wird. Es zählt nicht die weiße Linie als Streckenbegrenzung, sondern die Außenkante des Randsteins. Kommt ein Fahrer zu weit nach außen, kann es gleich beim ersten Vergehen zu einer Untersuchung und einer Strafe kommen. Nach dem Qualifying hatten die Rennkommissare allerdings nichts zu beanstanden.

Obwohl sich die Strategiegruppe am Donnerstag darauf geeinigt hat, die Fahrer frei fahren zu lassen, will FIA Renndirektor Charlie Whiting an den Track-Limits festhalten. Herausgekommen ist am Samstagvormittag ein Kompromiss. In der Fahrerbesprechung am Freitagabend brachten die Piloten ihren Unmut über die ständigen Änderungen zum Ausdruck. Auch die Teamchefs Maurizio Arrivabene, Christian Horner und Toto Wolff sprachen am Freitag mit Bernie Ecclestone über dieses Thema, weil Whiting den Beschluss der Strategiegruppe nicht umsetzen wollte.

Doch so einfach ist das in der Formel 1 nicht. "Es wurde entschieden, dass wir es ausprobieren und anschließend evaluieren", erklärt Bernie Ecclestone bezüglich der Track-Limit-Diskussionen. "Charlie findet, dass wir mehr dem Reglement folgen sollten. Die Regeln sagen klar, wo man fahren darf und wo nicht. Ich habe das Thema auf die Agenda der Strategiegruppe gegeben, aber die Öffentlichkeit versteht das nicht und kümmert es auch nicht. Gleichzeitig haben wir aber Regeln, die wir befolgen müssen."

Formel-1-Kommission müsste Änderung zustimmen

Damit meint Ecclestone, dass sich die Strategiegruppe zwar auf die Abschaffung der Track-Limits geeinigt hat, aber eine Regel geändert werden muss, um es auch in der Praxis umzusetzen. Der Brite erklärt: "Obwohl es in der Strategiegruppe besprochen und mehr oder weniger einstimmig angenommen wurde, konnten wir es nicht umsetzen, weil die Strategiegruppe nicht darüber abgestimmt hat. Hätten sie abgestimmt, dann wäre der Vorschlag weiter zur Formel-1-Kommission zur Bewilligung gegangen."

"Deshalb konnten wir es nicht umsetzen. Wir müssen es richtig tun. Wir müssen die Regel niederschreiben und dann über das Reglement abstimmen", hält Ecclestone fest. Zumindest konnte sich die Formel 1 in Hockenheim auf einen kurzfristigen Kompromiss einigen, mit dem Fahrer und Rennleiter einigermaßen zufrieden sind. "Wir haben gestern darüber gesprochen und ich denke, wir sind zufrieden, wie jetzt damit umgegangen wird", meint Sebastian Vettel. "Für die Zukunft muss es das Ziel sein, natürliche Streckenbegrenzungen zu haben, damit es diese Diskussionen nicht mehr gibt."

Vettels Einschätzung wird von den meisten Fahrern geteilt. So meint Carlos Sainz zu Kurve 1: "Ich finde es gut, weil es eine natürliche Grenze gibt. Selbst wenn man mit allen vier Reifen über den Randstein fährst, verlierst du Zeit, weil du mit dem Boden aufschlägst. Mir gefällt das. Es ist eine herausfordernde Kurve. In Q1 sah ich ich dort Fehler von mehreren Fahrern. Nur, weil wir dort kein Track Limit haben, heißt es nicht, dass es keine herausfordernde Kurve ist. Der Randstein ist dort vielleicht etwas zu groß, aber er funktioniert so wie er sollte."

Wie geht es in Spa-Francorchamps weiter?

Offen ist, wie es nach der Sommerpause in Spa-Francorchamps weitergeht. Der Beschluss der Strategiegruppe ist in der Praxis nur ein Vorschlag, während Whiting das Reglement einhalten und interpretieren muss. In Spa könnte es zu mehr Diskussionen kommen, wie die Track-Limits nach dem Kompromiss in Hockenheim ausgelegt werden. Da das Reglement diesbezüglich nicht geändert wurde, liegt die Entscheidung bei Whiting und den Rennkommissaren.

Wolff sagt über das Treffen der Strategiegruppe am Donnerstag folgendes: "Konstanz in den Regeln ist sehr wichtig, denn man ändert beim Fußball auch nicht nach jedem Match die Größe des Tores. Im letzten Treffen der Strategiegruppe haben wir bei verschiedenen Themen sehr gute Fortschritte erzielt. Endlich ist der Schwachsinn beim Funk abgeschafft. Dann haben wir bei den Track-Limits beschlossen, dass der Randstein die Grenze sein soll. Der Fahrer soll die schnellstmögliche Linie fahren."

"Wenn man anfängt weiße Linien zu analysieren und man die Rundenzeit streicht, wenn ein Fahrer zwei Zentimeter über diese Linie gekommen ist, dann versteht das niemand", hält der Österreicher fest. "Ich glaube auch nicht, dass zwei Zentimeter einen Unterschied machen, wenn die Strecke zwei Kilometer lang ist. Deshalb haben wir gesagt, dass die Fahrer alleine ihr Ding machen sollen. Wenn sie über die Randsteine brettern, sehen wir großartige Fernsehbilder. Ich hoffe, die Track-Limits bleiben jetzt so und es wird nicht wieder verändert."

Wolff kritisiert riesige asphaltierte Auslaufzonen

Whitings Einwand war, dass die Fahrer weitere Linien nehmen könnten und somit eine Rennstrecke entsteht, die so eigentlich nicht geplant war. Damit würden auch die Sicherheitseinrichtungen nicht mehr den FIA Berechnungen entsprechen. Wolff winkt aber ab: "Der Asphalt ist sowieso langweilig. Fahrer fliegen von der Strecke und fahren dann weiter. Wenn man abfliegt, sollte man in der Mauer sein oder im Kiesbett stecken. Lassen wir die Fahrer doch die schnellsten Linien fahren."

"Wir haben kilometerlange asphaltierte Auslaufzonen und das Spektakel sinkt ständig. Und dann wundern wir uns, dass sich immer weniger Menschen für den Sport interessieren", spricht Wolff die Gedanken vieler Fans aus. "Meiner Meinung nach sollte man die Fahrer in Kurven wie Copse einfach die schnellste Linie fahren lassen. Sollte es wirklich gefährlich sein, dann muss man sich um diese eine spezielle Kurve kümmern. Aber ansonsten sollten wir die Fahrer fahren lassen."

Man darf gespannt sein, wie die Track-Limit-Diskussion in Spa ablaufen wird. Vor allem in Passagen wie Eau Rouge oder im letzten Streckenabschneitt bei Blanchimont könnte es zu Gesprächsstoff geben. Obwohl gestern Vertreter von Ferrari, Mercedes und Red Bull zu Ecclestone gegangen sind, glaubt der Brite nicht, dass die Diskussionen zu Spannungen zwischen den Teams und der FIA geführt haben: "Nein. Es ist etwas frustrierend, weil sie sich denken: 'Was macht das bloß für einen Unterschied?'"

"Aber wenn wir sie damit durchkommen lassen, dann wird die Frage kommen, 'Was macht es für einen Unterschied in einer anderen Sache?' Am Ende entscheiden die Rennkommissare", betont Ecclestone, wer am Ende das Sagen an der Rennstrecke hat. "Was passiert, wenn die Fahrer über die weiße Linie fahren? Die Rennkommissare entscheiden, ob es eine Verwarnung gibt oder nicht. Wenn ein Fahrer neben die Strecke fährt, weil er keine andere Wahl hat oder einem anderen Auto ausweichen muss, werden die Rennkommissare die richtige Entscheidung treffen."

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