Ende einer Ära: Formel-1-Boss Bernie Ecclestone muss gehen

, 23.01.2017

Der 86-jährige Brite bestätigt seinen Rauswurf als Geschäftsführer des Formula One Managements (FOM) - Ehrenpräsidentschaft angeboten - Chase Carey übernimmt

Es kommt einem Erdbeben in der Motorsport-Historie gleich: Bernie Ecclestone scheidet mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Formula One Group (FOM) aus, womit er seine Machtposition als faktischer Chef der Königsklasse endgültig verliert. Im Gespräch mit der 'auto motor und sport' erklärt der 86-jährige Brite am Montag selbst: "Ich wurde heute abgesetzt. Bin einfach weg. Das ist offiziell. Ich führe die Firma nicht mehr. Meine Position wurde von Chase Carey übernommen."

Aus dem Amt gedrängt hat den 86-jährigen Briten wohl der neue Mehrheitseigner. Liberty Media, dem eben jener Carey als Vorstandschef und nun auch als Geschäftsführer für den Formel-1-Bereich vorsteht, hat laut der 'BBC' zwei Wunschkandidaten in Stellung gebracht, um die Lücke zu füllen: Sean Bratches und Ross Brawn. Dem Urgestein wurde ein anderer Posten angeboten: "Meine neue Position ist jetzt so ein amerikanischer Ausdruck. Eine Art Ehrenpräsident. Ich führe diesen Titel ohne zu wissen, was er bedeutet", sagt Ecclestone.

Obwohl der Zampano noch im vergangenen September davon gesprochen hatte, seinen Vertrag um drei Jahre verlängern zu wollen, hatten der neue Machthaber Chase Carey und der US-Medienkonzern offenbar genug von Ecclestone. Spannungen deuteten sich schon bei den ersten Besuchen der Liberty-Vertreter an den Rennstrecken an: "Diktatur kann es nicht geben, selbst wenn man sich hier mittlerweile daran gewöhnt hat", fand Carey bereits vor einigen Wochen sehr deutliche Worte.

Der durch das Geflecht US-amerikanischer Großkonzerne reich gewordene und mit der Vermarktung diverser Mannschaftssportarten bei dem US-TV-Sender Fox Sports profilierte Carey - ein echter Saubermann - passt so gar nicht zum zuweilen zwielichtigen Gebrauchtwagenhändler Ecclestone. Obwohl dessen Verbindungen und Qualitäten als Strippenzieher für Liberty Gold wert gewesen wären, trennt sich das Unternehmen kurz nach der endgültigen Formel-1-Übernahme von ihm.

Einer der neuen starken Männer könnte der US-Amerikaner Sean Bratches sein, der früher für das TV-Network ESPN arbeitete und sich als Vermarkter einen Namen machte. Er soll in kommerziellen Angelegenheiten das Ruder übernehmen, sich um Sponsoren kümmern und die millionenschweren Rechteverträge mit den Fernsehsendern aushandeln. Wenn es um die Verbindungen zu den Teams, um das Sportliche sowie um das Technische Reglement geht, soll angeblich der bisherige Liberty-Berater Ross Brawn (früher Ferrari-Technikchef und Mercedes-Rennleiter) die neue Instanz werden.

"Habe genug Geld, um mir einen Besuch leisten zu können"

Was mit Ecclestones Minderheitsanteilen an der Formel 1 geschieht, ist offen. Mit 5,3 Prozent in persönlichem Besitz und 8,5 Prozent, die ihm über die selbstgegründete Bambino gehören, bleibt er der Rennserie aber zumindest vorläufig als Teilhaber erhalten - wenn auch als zahnloser Tiger. Ob er seinen Platz im Motorsport-Weltrat der FIA behält, liegt nach eigener Aussage in den Händen von dessen Präsident Jean Todt. "Ich zweifle daran", meint Ecclestone, trotzt seinem Rauswurf aber: "Meine Tage im Büro werden jetzt etwas ruhiger. Vielleicht komme ich auch mal zu einem Grand Prix. Und ich habe noch genug Geld, um mir den Besuch bei einem Rennen leisten zu können."

Ecclestone war in den Fünfzigerjahren selbst erfolgloser Rennfahrer und für zwei Formel-1-Grand-Prix gemeldet. Er verdiente parallel mit Immobilien sowie Krediten Geld und versuchte sich als Besitzer und Rennleiter des Connaught-Teams, landete seinen Durchbruch aber erst als Manager Jochen Rindts. Anschließend kaufte er die Brabham-Mannschaft und führte sie als Teamchef zu WM-Titeln. Im Nachgang des FISA-FOCA-Kriegs übernahm er Ende der Siebzigerjahre die Macht und verdiente mit Fernsehrechten, Sponsorenverträgen und Gebühren der Rennstrecken ein Vermögen.

Dabei überlebte Ecclestone, dessen Vermögen auf rund 2,7 Milliarden Euro geschätzt wird, diverse Skandale: einen Krieg gegen die Automobilhersteller im vergangenen Jahrzehnt (der bis zur sehr konkreten Drohung der Gründung einer "Piratenserie" ging), 2005 seine frauenfeindlichen Aussagen und 2009 sein kontroverses Hitler-Statement in den Medien; zuletzt den Gerichtsprozess in München (der nach der Zahlung von 100 Millionen US-Dollar eingestellt wurde) - und sogar eine Herzoperation, bei der ihm ein dreifacher Bypass gelegt wurde, im Jahr 1999.

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