Rennvorschau Hockenheim: Rosberg nach '14 wieder Favorit?

, 27.07.2016

Die Themen vor dem Grand Prix von Deutschland: Was für Nico Rosberg spricht und welcher spannende Kampf in der Fahrer-WM um Platz drei tobt

Als am vergangenen Sonntag die 35. Runde des Grand Prix von Ungarn absolviert war, war genau Halbzeit in der Formel-1-Saison 2016 . Und die könnte spannender kaum sein: Lewis Hamilton führte zu dem Zeitpunkt 2,7 Sekunden vor Nico Rosberg, hatte aber in der Fahrer-WM einen Punkt Rückstand auf seinen Teamkollegen. Und so ist das Mercedes-Stallduell auch vor dem Grand Prix von Deutschland in Hockenheim, dem zwölften von 21 WM-Läufen in diesem Jahr, sportlich das bestimmende Thema.

Nach Sotschi, dem vierten Saisonrennen, hatte Rosberg schon 43 Punkte Vorsprung auf Hamilton, und viele Experten hatten das Gefühl: 2016 ist endlich der Deutsche dran! Rosberg führte auch das Rennen in Barcelona an, als es zwischen den beiden Silberpfeilen zum ersten Mal 2016 richtig krachte - und von da an ging für ihn so ziemlich alles schief, was schiefgehen kann. Nur in Baku behielt Rosberg die Oberhand, aber inzwischen sind aus seinem großen Vorsprung sechs Punkte Rückstand geworden.

Allerdings könnte sich das beim Rosberg-Heimspiel in Hockenheim wieder ändern, denn beim bisher letzten Grand Prix von Deutschland im Jahr 2014 kam der Lokalmatador mit der Strecke etwas besser zurecht. Im ersten Training war Rosberg damals um 0,065 Sekunden schneller, im zweiten lag Hamilton um 0,024 Sekunden vorne. Aber im Abschlusstraining am Samstagmorgen (+0,601) und im Qualifying (P20, Unfall in Q1) machte Hamilton damals keinen Stich gegen Rosberg.

Hamilton: Hockenheim nur bei Premiere gewonnen

Hamilton hat in Hockenheim erst einmal gewonnen, nämlich bei seinem erstmaligen Antreten im Jahr 2008 auf McLaren. 2010 wurde er Vierter, 2012 schied er aus, 2014 endete seine Aufholjagd erst auf dem dritten Platz. Und eins ist noch genau wie vor zwei Jahren: Mercedes kommt als dominierendes Team zum Heimspiel - und das mit einem Vorsprung, der seit dem großen Silverstone-Update noch einmal deutlich angewachsen ist.

"Wir haben nach Silverstone ein massives Upgrade mit vielen neuen Teilen gebracht. Die Korrelation mit dem Windkanal war sehr gut. Das war definitiv ein Schritt nach vorne", bestätigt Mercedes-Sportchef Toto Wolff. Für Hockenheim, eine Strecke, die von der Charakteristik her irgendwo zwischen Hungaroring und Monza anzusiedeln ist, stimmt ihn zuversichtlich: "Wir hatten noch nicht viele streckenspezifische Schwankungen, sondern waren eigentlich auf jeder Strecke schnell."

Wolff: Beruhigende Prognose für zweite Saisonhälfte

"Ich glaube, dass unsere Chassis-Motor-Kombination einfach insgesamt besser geworden ist. Das hat sich in Silverstone und auf dem Hungaroring ausgezahlt. Dass wir in Ungarn so schnell waren, bedeutet, dass wir für den Rest der Saison auch gut aussehen, weil die meisten Teams die Weiterentwicklung 2016 schon eingestellt haben und sich auf 2017 konzentrieren", sagt Wolff. Bei 154 Punkten Vorsprung in der Konstrukteurs-WM eine beruhigende Analyse.

"Wenn ich ganz oben stehe, obwohl es nicht ganz perfekt läuft, kann das nur ein gutes Zeichen sein", nickt Hamilton. "Die letzten paar Rennen liefen sehr gut für mich. Wenn ich diese Form in das Wochenende mitnehmen kann, sieht es gut für mich aus." Rosberg hält dagegen: "Es war enttäuschend, das Rennen in Ungarn in der ersten Kurve zu verlieren. Aber ich war das gesamte Wochenende über mit meiner Pace zufrieden. Das stimmt mich für die kommenden Aufgaben zuversichtlich."

Genau wie auf dem Hungaroring werden auch in Hockenheim Ferrari und Red Bull als erste Mercedes-Verfolger erwartet. Bei beiden Teams war das Entwicklungstempo zuletzt etwas geringer als bei den Silberpfeilen, um den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM hat sich aber ein spannendes Duell entwickelt. Zur Halbzeit liegt Ferrari nur noch einen einzigen Punkt vor Red Bull - und steht vor einer zweiten Saisonhälfte ohne Technikchef James Allison.

Vettel: Ferrari ist besser als Red Bull

"Mercedes scheint in einer eigenen Liga zu sein. Aber wir sind direkt dahinter", glaubt Sebastian Vettel, in Hockenheim übrigens bei vier Teilnahmen noch nie besser als Dritter (2010, nach Start von der Pole). Und auch Kimi Räikkönen, für seine Aufholjagd auf dem Hungaroring von Lesern, Experte Christian Klien und unserer Redaktion zum Mann des Rennens gekürt, spuckt große Töne: "Unser Ziel ist nicht Red Bull. Unser Ziel ist Mercedes."

Tatsächlich wurde Ferrari im Duell gegen Red Bull schon am vergangenen Wochenende unter Wert geschlagen; die teilweise recht langen Geraden in Hockenheim sollten dem SF16-H zudem eher entgegenkommen als dem RB12, dem laut Aussage von Teamchef Christian Horner immer noch 35 Renault-PS zur Glückseligkeit fehlen. Dabei hatte Renault erst in Monaco 35 PS zugelegt und seither einen Riesenschritt in Richtung Mercedes-Power gemacht.

Mercedes: Angst vor Red Bull nur im Regen

Mercedes fürchtet Red Bull nur unter ganz gewissen Umständen: "Aufgrund der Charakteristik des Autos ist Red Bull im Regen besonders stark. Da sind sie wirklich eine Macht", weiß Mercedes-Sportchef Wolff. Aber: Stand Mittwochnachmittag ist ein Regen-Qualifying oder -Rennen am kommenden Wochenende eher unwahrscheinlich. Laut Wetterdienstleister UbiMet könnte es lediglich am Sonntag vereinzelt zu kurzen Schauern kommen.

"Wir hatten Red Bull näher an uns dran erwartet", gesteht WM-Leader Hamilton nach seinem Sieg beim Grand Prix von Ungarn, "aber auch - ganz besonders - Ferrari. Im Training war unser Vorsprung aus irgendeinem Grund riesig, im Qualifying dann nicht mehr so. Im Rennen war Red Bull ganz gut, aber ich glaube nicht, dass sie unser Tempo gehen konnten. Ich weiß nicht warum, aber wir waren in Ungarn wirklich stark."

Mercedes entwickelt immer noch am schnellsten

"Was merkwürdig ist, denn wir haben am Auto schon seit ein paar Rennen nicht mehr groß was verändert", behauptet er. "Vielleicht verstehen wir das Auto jetzt besser und treffen die optimale Abstimmung dadurch besser." Das ist natürlich völliger Unsinn: Mit Ausnahme von McLaren stattet kein anderes Team sein Auto an jedem Rennwochenende mit so vielen neuen Teilen aus wie Mercedes - auch wenn die Änderungen meist nur Detailoptimierungen betreffen.

Widersprüchliche Aussagen gibt es, was die geplanten Renault-Updates betrifft. Während Renault selbst sagt, dass die nächste größere Stufe erst 2017 gezündet wird, hofft Red Bull noch dieses Jahr auf mehr PS - allerdings nicht mehr vor der Sommerpause. "Hockenheim wird schwierig", weiß Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko. "Aber unser Ziel für die diesjährige Saison ist Platz zwei in der Konstrukteurs-WM. Da gibt es noch genug Rennen, die uns entgegenkommen."

Mit einem Kampf gegen Mercedes rechnet allerdings trotz Aufwärtstrend nicht einmal Red Bull selbst: "Die waren im Spaziergang unterwegs", analysiert Teamchef Christian Horner nach Ungarn. Und so geht's in der Fahrer-WM in der zweiten Saisonhälfte nur noch um Platz drei - das dafür umso spannender: Zwischen dem Drittplatzierten Daniel Ricciardo und dem Sechstplatzierten Max Verstappen liegen - mit den beiden Ferrari-Stars im Sandwich - lediglich 15 Punkte!

Williams: Trotz Mercedes-Power nur Mittelmaß

Aus diesen Sphären verabschiedet hat sich Williams. In Montreal sollten eigentlich die "Williams-Wochen" losgehen, denn die schnelleren Strecken sind gefundenes Fressen für jedes Mercedes-Kundenauto. Aber dass selbst Force India seither mit 37:28 besser gepunktet hat, sagt einiges darüber aus, wie mittelmäßig das FW38-Chassis in Wahrheit ist. Zumindest wird für Hockenheim ein besseres Abschneiden als in den vergangenen drei Rennen (zweimal Platz neun) erwartet.

In Ungarn fuhr Williams mit dem neuen Unterboden, der nach Meinung der Fahrer kleine Fortschritte möglich macht. Die beiden Frontflügel, die auf dem Hungaroring ausprobiert wurden, erwiesen sich jedoch nicht als Stein der Weisen. Und so liegt es an Nico Hülkenberg, Force India mit einem guten Ergebnis beim Heimspiel noch vor der Sommerpause in Schlagdistanz zu Williams zu bringen. Momentan fehlen 20 Punkte - Tendenz fallend.

Ambitioniertes Ziel: 60.000 Zuschauer

Dass McLaren nach dem starken Abschneiden am vergangenen Sonntag noch einmal mit beiden Autos Top-10-fähig sein wird, gilt indes als unwahrscheinlich. "Die Charakteristik der Strecke hat uns geholfen. Da waren wir konkurrenzfähiger", weiß Fernando Alonso, auf dem Hungaroring noch erster Verfolger der drei Topteams. "Auf Strecken wie Spa und Monza werden wir größere Schwierigkeiten haben." In Hockenheim voraussichtlich auch.

Mit Rosberg, Vettel, Hülkenberg und Manor-Rookie Pascal Wehrlein sind in Hockenheim dieses Jahr vier Lokalhelden am Start. 52.000 Eintrittskarten sind schon verkauft, 60.000 Zuschauer am Rennsonntag sind das ambitionierte Ziel des Veranstalters. Von den tollen Zahlen wie etwa beim "Grand Prix für die Ewigkeit" 1997, als 120.000 Schumacher-Fans das Motodrom stürmten, ist das trotz Steigerung im Vergleich zu 2014 immer noch ein Stück weit weg...

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