Rennvorschau Monza: Silberner Triumph im Land der Roten?

, 02.09.2015

Mercedes will den königlichen Parco di Monza wie auch schon im vergangenen Jahr erobern, doch Sebastian Vettel lässt Ferrari vom ersten Heimsieg seit 2010 träumen

Tradition, Rekord-Geschwindigkeiten und die leidenschaftlichen Tifosi: Das Rennen in Monza zählt in jedem Jahr zu den großen Highlights im Formel-1-Kalender und auch in diesem Jahr könnte der Klassiker wieder für einige besondere Momente sorgen. Im Mittelpunkt des Interesses steht einmal mehr der Kampf Rot gegen Silber beziehungsweise Ferrari gegen Mercedes. Die Silberpfeile scheinen vor dem zwölften Saisonrennen alle Trümpfe in der Hand zu halten , doch die Scuderia wird sich mit aller Macht gegen eine weitere Niederlage im eigenen Wohnzimmer stemmen.

Denn der letzte Ferrari-Sieg in Italien liegt mittlerweile bereits fünf Jahre zurück. 2010 triumphierte Fernando Alonso im Autodromo Nazionale di Monza. Es ist Ferraris längste Durststrecke in der Heimat seit 20 Jahren, länger blieb man in Monza zuletzt zwischen 1989 und 1995 sieglos. Erst 1996 erlöste ein gewisser Michael Schumacher die Tifosi. In diesem Jahr könnte sich die Geschichte wiederholen.

Denn auch 2015 könnte es wieder ein deutscher Pilot sein, der die Negativserie der Roten beendet. Sebastian Vettel siegte in Monza bereits dreimal: 2013 und 2011 mit Red Bull und 2008 mit Toro Rosso, als er seinen ersten Formel-1-Sieg überhaupt feierte - bereits damals übrigens mit Ferrari-Motor im Heck. "Ich erinnere mich noch an meinen ersten Sieg 2008, als die Zuschauer durchgedreht sind", erinnert sich Vettel zurück.

"Ich dachte, sie wissen nur zu schätzen, was ich geleistet hatte, dabei freuten sie sich über das italienische Team mit dem Ferrari-Motor. 2011 habe ich auf Red Bull wieder gewonnen. Ich war genauso glücklich wie 2008, wurde aber ausgebuht. Da wurde mir klar, dass es einen Riesenunterschied macht, für welches Team du gewinnst. Ich freue mich darauf, von den Tifosi angefeuert zu werden", so der Deutsche.

Mercedes-Antrieb ist Trumpf

Allerdings wird es wie immer in dieser Saison vor allem zwei Piloten geben, die Vettel und seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen in die Suppe spucken wollen: Lewis Hamilton und Nico Rosberg reisen als große Favoriten nach Monza. Zuletzt in Spa feierte Mercedes bereits seinen siebten Doppelerfolg der laufenden Saison und auch 2014 fuhren die beiden Silberpfeile im königlichen Park von Monza in ihrer eigenen Welt.

"In diesem Sport kann man Spitzenergebnisse viel einfacher verlieren, als man sie sich erarbeiten muss", warnt Teamchef Toto Wolff allerdings und erklärt: "Ein schlechtes Wochenende kann das Pendel schnell in die andere Richtung ausschlagen lassen. Wir können auf das Erreichte in dieser Saison bislang stolz sein. Aber der Kampf ist noch lange nicht gewonnen."

Die größte Mercedes-Sorge dürfte der Ferrari-Motor sein, der in diesem Jahr deutlich besser ist als noch 2014. Trotzdem gilt der eigene Antrieb auch weiterhin als Maßstab - auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Monza ein unschätzbarer Vorteil. Da ist es wenig überraschend, dass sich im vergangenen Jahr auf den ersten acht Plätzen sechs Autos mit Mercedes-Motor befanden . Außerdem beanspruchte man das komplette Podium für sich.

Alle Augen auf Pirelli gerichtet

Unter Beobachtung stehen an diesem Wochenende allerdings nicht nur Ferrari und Mercedes - sondern auch Reifenhersteller Pirelli. Nach den Reifenschäden bei Rosberg und Vettel in Spa stehen die Italiener ausgerechnet bei ihrem Heimspiel gewaltig unter Druck und können sich keine weiteren Skandale mehr erlauben. "Die Qualität der Reifen ist miserabel! Das kann nicht sein", hatte Vettel nach seinem kapitalen Reifenplatzer bei hoher Geschwindigkeit gewettert.

In Monza sind die Boliden sogar noch schneller unterwegs als in Spa, was die Herausforderung für die Reifen noch größer macht. Die Teams treten auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke mit speziellen Flügeln an, um so wenig Luftwiderstand wie möglich zu haben. Im vergangenen Jahr wurde Daniel Ricciardo mit satten 362,1 km/h geblitzt . Bei solchen Geschwindigkeiten wünscht sich beim schnellsten Rennen des Jahres niemand einen plötzlichen Reifenplatzer.

Bei Pirelli ist man währenddessen um Deeskalation bemüht. Am Wochenende möchte man eine technische Analyse vorlegen, die den Reifenhersteller vermutlich entlasten wird. Aus Sicherheitsgründen wurde vor dem Rennen sogar darüber diskutiert, Pirellis Empfehlungen für die Teams bindend zu machen. In Spa setzten Vettel und Ferrari auf eine Einstoppstrategie, obwohl Pirelli mindestens zwei Stopps empfohlen hatte.

Verfolgerfeld: Lotus im Aufwind

Bessere Erinnerungen an das vergangene Rennen in Spa hat ganz sicher Lotus - zumindest aus sportlicher Sicht. Romain Grosjean wurde Dritter und bescherte dem gebeutelten Team den ersten Podiumsplatz seit dem Rennen in Austin 2013. Abseits der Strecke geht es beim Team aus Enstone aber weiterhin drunter und drüber. Wegen der bevorstehenden Übernahme durch Renault fließt aktuell kein Geld von Sponsor und Pastor-Maldonado-Untertsützer PDVSA.

In Monza möchte das Team nun allerdings wieder sportliche Schlagzeilen schreiben und die Chancen stehen möglicherweise gar nicht so schlecht. Der starke Mercedes-Motor wird auch im königlichen Park ein großer Pluspunkt sein und könnte dem Team möglicherweise eine weitere Spitzenposition ermöglichen. Doch das Verfolgerfeld ist hart umkämpft: Auch Williams wird alles daran setzen, um Felipe Massas Podestplatz aus dem Vorjahr zu wiederholen.

Eng könnte es allerdings für Red Bull werden: Daniel Ricciardo und Daniil Kwjat werden in Monza neue Motoren einsetzen und damit in der Startaufstellung um je zehn Plätze zurückversetzt werden. "Strategisch ist das in Monza am sinnvollsten", erklärt Teamchef Christian Horner den Wechsel. Dadurch muss man die Antriebe nicht beim folgenden Rennen in Singapur wechseln, wo man sich größere Chancen ausrechnet.

McLaren-Honda wohl chancenlos

Von schwächelnden Antrieben und Strafen kann McLaren-Honda bekanntlich auch ein Lied singen. Zuletzt in Spa wurden Jenson Button und Fernando Alonso zusammen in der Theorie um satte 105 (!) Plätze zurückversetzt. Gut möglich, dass man auch in Monza aus strategischen Gründen wieder das ein oder andere Teil wechseln wird, denn auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke dürfte man mit dem aktuellen Antrieb ohnehin keine realistische Chance auf Punkte haben.

Bereits bestätigt ist ein Motorwechsel bei Carlos Sainz von Toro Rosso, der - ebenso wie Teamkollege Max Verstappen - erstmals mit einem Formel-1-Auto in Monza fahren wird. Deutlich mehr Hoffnung dürfte Force India haben. Das Team hat nicht nur den starken Mercedes-Motor im Heck, die Vertragsverlängerung von Nico Hülkenberg dürfte allen im Team noch einmal einen zusätzlichen Motivationsschub geben. Der Deutsche wird Force India mindestens bis Ende 2017 erhalten bleiben.

Vorfreude auch bei Sauber: Die Schweizer hoffen vor allem, dass sie der überarbeitete Ferrari-Motor in Monza nach vorne bringen wird. "Die Hochgeschwindigkeitsstrecke sollte unserem Auto liegen", erklärt Felipe Nasr optimistisch und ergänzt: "Wir müssen die richtige Fahrzeugabstimmung finden, um sowohl auf den Geraden als auch in den Kurven schnell zu sein."

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