Rätselraten um Alonso: War es ein gesundheitliches Problem?

, 04.03.2015

Der Unfall von Fernando Alonso und dessen Melbourne-Ausfall werfen weiter Fragen auf: Wie sich der Crash abspielte und was für ein gesundheitliches Problem spricht

Auch wenn immer mehr Informationen über den Unfall von Fernando Alonsos ans Tageslicht kommen: Die Sachlage bleibt diffus. Der McLaren-Pilot verunfallte am 22. Februar unter nach wie vor mysteriösen Umständen, ist laut seinem Rennstall unverletzt, wird aber dennoch den Saisonauftakt in Melbourne auslassen.

Alleine die Kommunikation von McLaren wirft Fragen auf: Zunächst hieß es, der Spanier habe bei seinem Unfall in Kurve 3 des Circuit de Barcelona-Catalunya eine Gehirnerschütterung erlitten. Dann antwortete Teamboss Ron Dennis bei der Pressekonferenz am Donnerstag vergangene Woche in Barcelona auf die Frage, wie schlimm Alonsos Gehirnerschütterung sei, mit: "Er hat nicht einmal eine Gehirnerschütterung. Es gab zwar zunächst Symptome, aber der Verdacht hat sich nicht erwiesen."

In der Pressemitteilung des Teams, die am Dienstag veröffentlicht wurde, ist dann doch wieder die Rede von einer "Gehirnerschütterung", wegen der ihm die Ärzte nun davon abraten, ein unnötiges Risiko einzugehen und in Australien zu starten.

Stromschlag-Theorie: Wackelt der Saisonauftakt?

Doch damit nicht genug: Der Fall scheint sich nun auf die gesamte Formel 1 auszubreiten. Laut einem Bericht von 'f1-insider.com' denken einige Teams darüber nach, den Saisonstart zu boykottieren, weil noch immer nicht erwiesen sei, dass Alonso nicht Opfer eines Stromschlages wurde.

Darin wird ein ungenannter Teamchef zitiert, der auf McLaren-Honda Druck ausübt: "Wenn einer meiner Fahrer einen solchen Unfall gehabt hätte, würde ich alle Teams einladen, die Daten zu studieren - einfach nur um Gewissheit zu haben. Honda muss jetzt zusammen mit der FIA Antworten liefern. Die haben wir bisher nicht bekommen." Zudem sei es "grob fahrlässig, wenn McLaren-Honda versucht, einen möglichen Stromschlag zu verheimlichen."

In dem Bericht beruft man sich auf Quellen aus dem Umfeld von Mercedes und Renault, die einen Stromschlag nicht 100-prozentig ausschließen, obwohl Alonso zum Zeitpunkt des Unfalls eigentlich in einem nicht geerdeten faradayschen Käfig gesessen haben müsste. Damit ein Stromschlag möglich ist, müssten demnach fünf Sicherheitssysteme versagen - bei Honda gibt es angeblich nur zwei.

Was gegen die Stromschlag-Theorie spricht

Doch die Stromschlag-Theorie hat ihre Schwächen: Die Kommunikation von McLaren macht nicht den Anschein, als würde man eine konkrete Strategie verfolgen. Zunächst wartete man überhaupt ab, dann reagierte man auf Verschwörungstheorien.

Auch die FIA dementiert laut 'auto motor und sport' inzwischen, dass es ein Stromschlag war. Man beruft sich auf die ERS-Warnlampfen: Solange der McLaren in Bewegung war, erschien das orange Licht, zehn Sekunden nach Stillstand das grüne Licht. Genau so, wie es eigentlich vorgesehen ist, wenn der elektrische Kreislauf ordnungsgemäß funktioniert.

Außerdem kennt der Automobil-Weltverband das Unfallvideo, das von den Streckenkameras in angeblich mäßiger Qualität aufgezeichnet wurde. Und die Datenaufzeichnung von McLaren. Laut 'auto motor und sport' stieg Alonso nach dem Eingang der langgezogenen Rechtskurve bei Tempo 215 km/h plötzlich voll auf die Bremse und schaltete drei Mal runter, ehe er das Tempo auf 135 km/h gedrosselt hatte - der Unfall unterschied sich also doch gravierend von Pastor Maldonados Crash, der im Vorjahr einfach zu weit nach außen geraten war und auf dem Kunstrasen ausrutschte.

Gesundheitliches Problem bei Alonso?

Nach der Vollbremsung dürfte Alonso plötzlich nach rechts gelenkt haben, verzögerte nur noch geringfügig und prallte mit 105 km/h in die Mauer, ehe er 15 Sekunden später zum Stehen kam. Der seitliche Aufprall gegen die Mauer war ungünstig, weil das Auto heil bleib. Daher bekam Alonso die volle Wucht des Aufpralls, also 31 g, ab. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte er das Bewusstsein verloren haben, denn sonst wäre er nicht bei niedrigem Tempo 15 Sekunden weitergerollt, außerdem dauerte die Bergung rund zehn Minuten.

Der Unfallhergang schließt aber auch nicht aus, dass Alonso bereits vorher ein gesundheitliches Problem bekam. Warum bremste der 33-Jährige seinen Boliden urplötzlich mitten in der Kurve um 80 km/h herunter, schaltete drei Mal und lenkte dann ohne Verzögerung bei einem niedrigen Tempo von 135 km/h direkt in die Mauer? Und warum bleibt McLaren klare Antworten schuldig, warum sein Superstar in Melbourne nicht fährt? Möglicherweise, weil man den eigenen Piloten schützen will.

Datenanalyse stimmt mit Zeugenaussagen überein

Die Datenanalyse passt auch zu den Aussagen des Fotografen, der ausgangs Kurve 3 stand und meinte, "dass weder die erste noch die zweite Verzögerung von Alonso ausgelöst wurde" und er zu diesem Zeitpunkt "sehr langsam" gewesen sei. Das erste harte Bremsmanöver dürfte der Fotograf gar nicht gesehen haben.

Zudem stimmt sie auch mit Sebastian Vettels ursprünglicher Schilderung des Unfalls überein. Der Ferrari-Pilot war auf Alonso aufgelaufen, als dieser "mit ungefähr 150 km/h" durch Kurve 3 gefahren war, obwohl man an dieser Stelle normalerweise um 80 km/h schneller sei: "Es war seltsam. Es sah gar nicht wie ein Unfall aus."

Später fand sich Vettel bei McLaren ein und schilderte dort, was er gesehen hatte, revidierte aber daraufhin seine Aussagen. "Ich weiß nicht genau, was wirklich passierte", meinte er im Nachhinein. "Ich war dahinter, aber etwas zu spät dran, um zu sehen, wie der Unfall begonnen hat. Ich sah nur den letzten Teil, als er die Mauer traf." Er "denke schon", dass der Wind - wie von McLaren offiziell vermutet - Auslöser gewesen sein könnte.

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