Coulthard kritisiert: "Teamorder sollte vom Teamchef kommen"

, 29.07.2014

Ex-Formel-1-Pilot David Coulthard zeigt sich verwundert, warum nicht Paddy Lowe oder Toto Wolff Lewis Hamilton via Boxenfunk die Mercedes-Stallorder mitteilten

Der Grand Prix von Ungarn war an Spannung kaum zu überbieten, und vor allem Daniel Ricciardo und Fernando Alonso boten sensationelle Leistungen - am Ende war aber dann doch die Mercedes-Stallregie das heißeste Thema. Lewis Hamilton war in der zweiten Hälfte des Rennens von seinem Renningenieur Peter Bonnington aufgefordert worden, Teamkollegen Nico Rosberg vorbeizulassen.

Der Deutsche war auf einer anderen Strategie und hatte seinen letzten Boxenstopp noch vor sich, während Hamilton mit der härteren Reifenmischung bis zum Ende durchfahren sollte. Der Brite ließ sich vom Funkspruch aber nicht beeindrucken und ging nicht vom Gas, während Rosberg hinter ihm seinem Ärger über das Verhalten des Teamkollegen Luft machte.

Tatsächlich hätte die Entscheidung aller Voraussicht nach dazu geführt, dass Rosberg vor Hamilton ins Ziel gekommen wäre, was durch den Titelkampf zwischen den beiden Piloten für Brisanz sorgt. Die Konsequenzen dürften sich für Hamilton in Grenzen halten, denn Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda zeigte nach dem Rennen vollstes Verständnis dafür, dass Hamilton diese Anweisung von der Boxenmauer ignorierte: "Lewis' Entscheidung war richtig und normal."

Wirkt sich Funkspruch auf Vertrauensverhältnis aus?

Was allerdings David Coulthard wundert, ist die Art und Weise, wie Mercedes Hamilton informierte, er solle Rosberg vorbeilassen. "So eine Direktive muss aus der Führungsetage kommen, also in diesem Fall entweder von Paddy Lowe oder von Toto Wolff", erklärt der Schotte gegenüber der 'BBC'. In diesem Fall war es aber Hamilton-Renningenieur Bonnington, der mit seinem Schützling sprach.

"Einem Ingenieur die Anweisung zu geben, seinem Fahrer zu sagen, er soll für einen Mann Platz machen, gegen den er im gleichen Auto um den Titel kämpft, ist immer schwierig, denn die Bindung zwischen Fahrer und Ingenieur ist extrem wichtig", kritisiert Coulthard die Vorgehensweise von Mercedes.

Lowe dürfte den Befehl gegeben haben

Für ihn ist nun die entscheidende Frage, ob Bonnington eine Anweisung des Teamchefs befolgte, oder ob er eigenmächtig auf Basis eines Teamabkommens handelte. "Die Botschaft kam nicht so gut an, denn sie sorgte bei beiden Fahrern für schlechte Stimmung. Ich denke aber, dass alles ehrlich ablief - mit dem Hintergrund, beim Verteidigen nicht die Reifen kaputt zu machen", sieht Coulthard davon ab, den Silberpfeilen taktische Spielchen zu unterstellen.

Laudas Aussagen deuten übrigens darauf hin, dass die Entscheidung von Teamchef Paddy Lowe ausgegangen ist. Nachdem Rosberg nicht nahe genug an Hamilton herangekommen war um mit DRS-Effekt zu überholen, habe sich der Brite laut Lauda "dann zurückgehalten. Ich habe es genau beobachtet."

Wie Coulthard das Titelduell einschätzt

Nach dem Grand Prix von Ungarn führt weiterhin Rosberg in der WM - der Vorsprung auf Hamilton beträgt nur elf WM-Punkte. Angesichts der Tatsache, dass noch acht Rennen zu fahren sind und es beim Saisonfinale doppelte Punkte gibt, ist der Titelkampf völlig offen.

Doch wer wird am Ende das Rennen machen? "Schwer zu sagen", meint Coulthard. "In den bisherigen zwei Rad-an-Rad-Duellen in Bahrain und in der letzten Runde in Ungarn war Hamilton am Ende vorne. Rosberg hat alle Eigenschaften eines professionellen, sehr gewieften WM-Kandidaten, aber Hamilton ist ein Kämpfer und ein Instinktfahrer. Rosberg muss erst beweisen, dass er ihn in einem direkten Duell schlagen kann."

Rosberg fehlt Erfahrung im Titelkampf

Was Rosberg Hamilton voraus hat? "Er ist weniger emotional, weniger beeinflussbar", fällt Coulthard auf. Trotz der Zuverlässigkeitsprobleme seines Teamkollegen sei er "ein würdiger WM-Leader. Hamilton ist ja nicht der erste, der diese Probleme hat. Viele Fahrer mit mehr Titeln als er hatten furchtbare Saisons mit ständigen Defekten - so ist das nun mal."

Bei Hamilton sieht Coulthard aber einen möglicherweise entscheidenden Vorteil: Während der Brite bereits mehrmals um die WM gekämpft hat, betritt sein deutscher Widersacher Neuland. Das habe sich in Ungarn gezeigt: "In Ungarn dachte Rosberg: Warum macht Lewis nicht Platz, wenn er langsamer ist? Nun ja, Nico, er macht nicht Platz, weil er dich im Titelkampf schlagen will. Während Rosberg also den größeren Rahmen der Verantwortung noch bei Mercedes sieht, muss ihm klar werden, dass er diesen Titel auf der Strecke gewinnen muss."

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