American Gangster: Chevrolet HHR

, 05.03.2008


Der Chevrolet HHR weckt Erinnerungen an kultige Hotrods aus längst vergangenen Zeiten. Ob die Kombi/Van-Mixtur im Retrodesign selbst das Zeug zum Kult hat, darf jedoch bezweifelt werden.

Endlich gibt es hierzulande wieder offiziell einen Chevrolet, den man getrost Chevy nennen darf. Koreanische Gene dürfen die anderen haben - der HHR hat rein gar nichts mit einem ehemaligen Daewoo zu tun. Von vorn bis hinten und oben bis unten in den Staaten entwickelt, will Chevrolet mit der stylishen Kombi/Van-Mixtur im Retro-Look beweisen, dass aus Detroit auch heute noch qualitativ Hochwertiges kommen kann. Ein zu hoch gegriffener Anspruch? Motorvision hat LT 2.4-Variante mit Automatikgetriebe getestet.

Design

Die Retro-Welle brandet unvermindert weiter und hat nun auch Chevrolet zum Surfen animiert. Gerade in dieser schwarzen Lackierung könnte der HHR direkt einem Ami-Gangsterstreifen aus den Fünfziger Jahren entsprungen sein. Gewölbte Motorhaube, abgesetzte Radkästen, hinten Kastenwagendesign - klassische Formen, die den Chevy im heutigen Straßenbild zum Hingucker machen. Kühlergrill, Außenspiegelgehäuse und Dachreling in Metalloptik peppen dem Design zusätzlich auf. Nur das Heck kann mit der sonst recht stilsicheren Linienführung nicht ganz mithalten: Das HHR-Hinterteil wirkt ,,dank" des aufgesetzten Dachspoilers, zu groß geratenen Auspuff-Endrohrs und der scheinbar willkürlich verteilten Rundleuchten und Rückstrahler zerklüftet. Zudem schränken die klein geratenen Fensterflächen die Rundumsicht ein.

Karosserie/Innenraum

Hat man das HHR-Interieur erstmal erklommen - es geht beim Einsteigen erstaunlich weit nach oben -, zeigen sich die Vorteile des Designs. In alle Richtungen steht den Passagieren Platz in Hülle und Fülle zur Verfügung. Gleiches gilt für das glattflächige und gut nutzbare Gepäckabteil, das allerdings größer aussieht, als es tatsächlich ist. Doch 430 bis 960 Liter dürften für die meisten Aufgaben ausreichen. Positiv: Die Heckklappe schwingt weit auf, Kopfnussgefahr besteht höchstens für Zwei-Meter-Riesen.

Und der Qualitätseindruck? Durchwachsen. Die Türen scheppern blechern beim Schließen, die Insassen empfängt eine Hartplastik-Landschaft, die aber nicht so mausgrau ist wie bei vielen anderen Amis. Den in Metall eingefassten Rundinstrumenten kann man einen gewissen Chic nicht absprechen. Das HHR-Cockpit präsentiert sich bediensicher, es gibt nur wenige, dafür aber sehr große Knöpfe und Schalter. Was die Tasten für die elektrischen Fensterheber aber vor dem Automatik-Wählhebel zu suchen haben, wird ein Geheimnis der Chevy-Ingenieure bleiben. Auf den Sitzen dürften sich auch die als besonders füllig bekannten Amerikaner wohlfühlen; sie bieten keinerlei Seitenhalt, engen also auch nicht ein, sind sonst aber durchaus bequem.

Antrieb/Fahrwerk

Als Testwagen haben wir die 2,4-Liter-Benzinvariante geordert. Die Wahl der Motorisierung fiel nicht schwer - es gibt bisher nur diese eine. Das Datenblatt verspricht 170 PS und 222 Newtonmeter bei 4.800 Touren an. Zu spüren ist weder das Eine noch das Andere. Der Motor ist sowohl antritts- als auch durchzugsschwach und brummt bei hohen Drehzahlen laut und angestrengt vor sich hin. Zum Getriebe: Ohne es getestet zu haben, wagen wir die Behauptung, dass das manuelle Fünfgang-Getriebe die bessere Option ist. Denn die 1.200 Euro teure Automatik ist ein echtes Ärgernis. Sie schaltet zwar einigermaßen sanft, reagiert aber viel zu langsam, schaltet stets runter (selbst bei Viertelgas) und auch dann nicht hoch, wenn man im dritten Gang nahe des Topspeeds unterwegs ist. Das kostet Nerven und vor allem Geld an der Tankstelle: Statt - wie von Chevrolet angegeben - 9,0 Litern hat sich unser Testwagen im Schnitt 12,2 Liter Super gegönnt - eine Frechheit angesichts der müden Performance! Apropos: Die Höchstgeschwindigkeit von offiziell 180 km/h (laut Tacho geht der HHR gar nur gut 170 Sachen) ist für ein 170 PS-Auto ein Witz, aber wohl ein Tribut an die miese Aerodynamik.

Das Fahrverhalten ist unproblematisch, wenn auch keineswegs agil. Früh kündigt sich an, dass der HHR mit der Nase am Straßenrand schnuppern möchte. Das ist leicht beherrschbar und hütet den Fahrer von vornherein vor wilden Manövern. Wer es doch darauf ankommen lässt, wird vom serienmäßigen Stabilitätsprogramm ESC schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Leidlich exakt, aber um die Mittellage zu leichtgängig präsentiert sich die Lenkung. Die Bremsen könnten mehr Biss vertragen, sind wegen des teigigen Pedalgefühls schlecht zu dosieren.

Kosten

Alles drin, alles dran: Für sehr günstige 22.900 Euro gibt es ein komplett ausgestattetes Auto, die Aufpreisliste umfasst nur drei Positionen: Die Automatik, der Metallic-Lack (490 Euro) und ein 790 Euro teures, elektrisches Glas-Hub-Dach. Billiger kommt man sonst nur gebraucht an ein Auto dieser Größe. Bis auf die Vollkasko-Typklasse (24) kann der HHR auch mit vernünftigen Versicherungs-Einstufungen aufwarten. Der hohe Spritverbrauch ist bereits an anderer Stelle gerügt worden.

Fazit

Der Chevy HHR ist das richtige Auto für gemütliche Naturen, die sich von der Masse abheben wollen und hin und wieder die Familie und Gepäck transportieren müssen. Er ist ein Cruiser, dem jegliche Hektik fremd ist und der sich deshalb bei forscher Gangart stets mürrisch gibt. Kritikpunkte sind der wenig überzeugende Qualitätseindruck, der müde und durstige Motor sowie die träge Automatik. Auf der Habenseite stehen das gute Platzangebot und das unproblematische Fahrverhalten. Ob das reicht, um auch in ,,Good Old Germany" weit vorne in den Zulassungsstatistiken zu landen? Keine Chance, solange kein durchzugsstarker Dieselmotor im Angebot ist - trotz des heißen Preises.

Technische Daten (Werksangaben):

Leistung: 125 kW (170 PS) / 6.200 U/min
Max. Drehmoment: 222 Nm / 4.800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 10,0 s
Durchschnittsverbrauch: 9,0 l / 100 km
CO2-Emission: 214 g/km
Grundpreis (Automatikversion): 24.190 Euro

3 Kommentare > Kommentar schreiben

08.03.2008

Ich finde der hat sehr wohl noch asiatische Gene und auch das Retro-Design ist nicht gelungen. Gefällt mir gar nicht!

08.03.2008

Auch nicht gerade mein Fall. Selbst wenn der Preis mal wieder überrascht, ein Fehlgriff, wie der PT Cruiser.

08.03.2008

Zu Retro für meinen Geschmackt, und der Motor macht auch keine gute Figur


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