Maserati GranCabrio - Oben ohne für Alonso

, 21.09.2010


Maserati, die luxuriöse Schwestermarke von Ferrari, öffnete ihr elegant gezeichnetes Coupé und wir haben’s getestet. Der erste Eindruck, wenn man auf das elegant-sportliche GranCabrio zugeht, ruft berühmte Worte eines legendären Rennfahrers in Erinnerung: „Playboys fahren Ferrari, Gentlemen fahren Maserati!“ Racing-Legende Stirling Moss brachtet es damit auf den Punkt: Wer schnelle Autos liebt, aber auch die vornehme Zurückhaltung schätzt, zieht Maserati anderen Sportwagenmarken - auch der Schwestermarke aus Maranello - vor. Das kann natürlich nicht verhindern, dass sich heißblütige Piloten dennoch für ein Dreizack-Auto entscheiden, wie das Beispiel von Fernando Alonso beweist.

Dritte Baureihe der Marke mit dem berühmten Dreizack-Logo

Nach dem luxuriösen Viertürer „Quattroporte“ und dem schnittigen Coupé „GranTurismo“ vervollständigt der „GranCabrio“ das Dreigestirn aus Modena. Das Maserati GranCabrio soll die Sportlichkeit eines Porsche 911 Cabriolets, den Komfort eines Mercedes SL und die Exklusivität eines Aston Martin V8 Roadsters vereinen. Maserati macht damit „oben ohne“ salonfähig - zumindest auf vier Rädern und mit dem typischen Dreizack „Tridente“ auf dem Kühlergrill. Der stammt vom berühmten Neptun-Brunnen in Bologna, wo die Firma der fünf Brüder Alfieri, Bindo, Carlo, Ernesto und Ettore Maserati ab 1914 zunächst angesiedelt war.

Fernando Alonsos Dienstwagen ist kein Ferrari 458 Italia oder 599 GTB Fiorano, sondern ein Maserati GranCabrio. Der bisweilen sehr ungestüme Ferrari-Pilot fährt zu oft mit dem Messer zwischen den Zähnen Formel 1, um als Sinnbild eines Gentleman durchzugehen. Aber sportliches Fahren kann dem zweifachen Formel-1-Champion niemand abstreiten. Bezeichnend also, dass sich Alonso unter allen Modellen von Ferrari und Maserati für das geöffnete Coupé aus Modena als Dienstwagen entschied. Bezeichnend und keinesfalls überraschend; denn bei allem Komfort und Luxus für vier Passagiere: Der Maserati GranCabrio kann auch anders.

Drückt man die Sport-Taste neben dem Lenkrad, brüllt der von Ferrari beigesteuerte V8-Motor sein Fahrgeräusch noch spontaner und lauter in den Fahrtwind hinaus; denn jetzt sind am Schalldämpfer zwei elektronisch regulierbare Ventile geöffnet. Gleichzeitig sorgen die strafferen Gasdruckstoßdämpfer für stabilere Straßenlage und verkürzen sich die Schaltzeiten um 40 Prozent.

Der komfortbesessene Gentleman würde jetzt vielleicht sagen: Hektik macht sich breit. Sportlich gelaunte Piloten dagegen wissen zu schätzen, dass sich der GranCabrio von einer derart agilen Seite zeigen kann. Dazu passt der Output des Triebwerkes perfekt: Der hochdrehende Saugmotor aus Maranello katapultiert mit 440 PS und 490 Nm Drehmoment den offenen Viersitzer durchs Straßengeläuf. Egal, wie es in der Formel-1-WM läuft: So kommt Fernando Alonso zumindest in der Freizeit voll auf seine Kosten.

Jede Fahrt muss ein stilvoller und erlebnisreicher Ausflug sein, so Maserati

Das können wir auf unserer Testfahrt ebenso im Handumdrehen nachvollziehen, wie die andere Seite des vielseitigen Viersitzers. Mit dem komfortabel bis sehr sportlich fahrbaren Cabrio will Maserati nach eigenen Aussagen die wichtigsten Bedürfnisse seiner Kundschaft befriedigen: Jede Fahrt müsse ein stilvoller und erlebnisreicher Ausflug sein - und wenn es die Fahrt ins Büro sei - so die Erkenntnisse aus der Marktforschung.

Das Design von Ferraris und Maseratis Haus-Couturier Pininfarina trägt massiv zum eigenen Flair des Cabriolets aus Modena bei. Die Linienführung des GranCabrio wirkt an manchen Stellen so, als hätte Design-Star Walter de Silva heimlich ein Praktikum bei den Italienern absolviert, ehe er den Audi A5 als bisherigen Höhepunkt seines Lebenswerkes zeichnete. Vor allem an den Rückleuchten fallen solche Gemeinsamkeiten deutlich ins Auge.

Dennoch ist das GranCabrio in seiner Linienführung absolut einzigartig und rundum stimmig. Von gegenseitigem Styling-Klau kann außerdem keine Rede sein, da das Maserati GranTurismo Coupé, mit dem das charakteristische Design des GranCabrios Premiere feierte, und der Audi A5 2007 ziemlich zeitgleich ins Rampenlicht der Autowelt traten.

Besonders fällt beim Cabrio der üppige Radstand (2,94 Meter sind der Bestwert im Konkurrenzumfeld) positiv ins Gewicht. Damit ist der offene Maserati ein absolut vollwertiger Viersitzer. Angenehm: Bis 140 km/h können Maseratisti offen auch ohne Windschott den Fahrtwind genießen. Eventuelle Mitfahrer hinten müssten dann aber besonders windfeste Frisuren und sturmfeste Gehörgänge haben. Auf allen vier Plätzen geht es immerhin bis zum toskanischen Landstraßen-Tempo von knapp 100 km/h komfortabel zu.

Kleine Mängel können große Vorteile im Gesamtauftritt nicht trüben

Im edel gestalteten Innenraum mit perfekt konturierten Sitzen fällt ein Detail ungut ins Auge: Das Navigationssystem hat Wiedererkennungswert für all jene aufmerksamen Autotester, die noch ihre letzten Fahrerlebnisse in einem Peugeot 207 in Erinnerung haben. Tröstlich nur, dass jenes Navi wenigstens vom italienischen Spezialisten Magneti Marelli stammt.

Maseratis Erklärung für die Gemeinsamkeit mit einem französischen Kompaktwagen: Das Zubehör sei bereits jahrelang im Einsatz, ein Austausch durch höherwertige Systeme bei den geringen Stückzahlen der Edelmarke aus Modena nicht so schnell möglich, wie man sich das in solchen Fällen wünsche. Und prompt springt es uns auch noch an, dieses sprichwörtliche Italo-Flair der nicht ganz perfekten Verarbeitung. Die Verstellung des Außenspiegels bewegt sich nicht völlig gleichmäßig. Aber die pure Emotion des Fahrgefühls verdrängt gleich wieder jeden Anflug von nüchternem Spaltmaß-Fetischismus.

Va bene, geben wir uns lieber der Fahrdynamik des GranCabrios hin. Die dank Transaxle-Bauweise (Motor vorne, Getriebe und Antrieb hinten) nahezu optimale Gewichtsverteilung von 49:51 Prozent ist schon mal sehr hilfreich. Dazu kommen die fulminanten Fahrleistungen des V8 aus dem Ferrari-Regal: Null auf Hundert in 5,3 Sekunden, 274 km/h Spitze mit offenem Verdeck (geschlossen 283 km/h).

Das Zusammenspiel mit der 6-Stufen-Automatik von ZF klappt hervorragend. Unsere Testfahrt bringt trotz mehrmaligen Ausreizens der fulminanten V8-Soundkulisse den moderaten Durchschnittsverbrauch von 7,6 Litern pro 100 Kilomter. Ein Gentleman zeichnet sich eben auch durch gute Trinkmanieren aus.

Luxus, Performance und die traditionelle Zurückhaltung

Angenehm: Das dreilagige Verdeck des Maserati GranCabrio öffnet sich im Fahren bis 30 km/h innerhalb von 28 Sekunden. Sechs Verdeckfarben gibt es, dazu 14 Lacktöne und diverse Innenraumfarben für Hunderte von verschiedenen Farbkombinationen. 132.770 Euro kostet der offene Viersitzer aus Modena.

Nach dem Krisenjahr 2009 sieht Maserati wieder zuversichtlich und ehrgeizig in die Zukunft. Mit einer vierten Baureihe sollen die Umsätze zunehmen, denkbar ist etwa ein viertüriges Coupé vom Schlage eines Mercedes CLS oder Audi A7. Das soll die vom Fiat-Mutterkonzern geforderte zweistellige Rentabilität sichern. Deutschland-Chef Thomas Hajek gibt sich - nicht nur dank des GranCabrios - zuversichtlich: „Luxus und höchste Performance, gepaart mit konservativer Zurückhaltung. Damit hat sich Maserati etabliert, und darauf bauen wir weiter auf.“

Wir halten das Lenkrad des GranCabrio lässig unter Kontrolle, lassen den infernalisch-grummelnden Sound des V8-Motors erklingen. Spätestens jetzt ist klar, warum Fernando Alonso etwa für die Fahrten vom Flughafen Bologna zur Ferrari-Teststrecke Fiorano den offenen Maserati wählt.

Wahrscheinlich erlaubt sich der temperamentvolle Spanier dann und wann einen Umweg über die kurvig-bergigen Straßen des Futa-Passes. Ebenso macht er aber im GranCabrio eine gute Figur, wenn er bei einem der unzähligen edlen Restaurants rund um Maranello vorfährt. Ob Gentleman oder nicht - in einem Maserati ist man seit Stirling Moss auf alle Lebenslagen gut vorbereitet.

Technische Daten Maserati GranCabrio (2010)

Antriebsart: Heckantrieb | Hubraum: 4.691 cm³ | Leistung: 323 kW (440 PS) bei 7.000 U/min | Drehmoment: 490 Nm bei 4.750 U/min | Vmax: 283 km/h (offen 274 km/h) | CO2-Emission g/km: 354 (EU5) | Beschleunigung 0-100 km/h: 5,4 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: 15,2 l/100 km | Gewicht: 1.887 kg | Preis: EUR 132.770 inkl. MwSt.

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