Pampersbomber auf Steroiden: Chrysler 300C Touring SRT8

, 30.04.2008


Der Chrysler 300C Touring SRT8 ist ein Auto, nach dem sich die Passanten unweigerlich umdrehen. Lesen Sie, was passiert, wenn man erstmal aufs Gaspedal tritt…

Es gibt Dinge, die stehen einfach fest, sind unumstößlich. Ein Formel 1-Ferrari ist rot, selbst wenn die Deutsche Post irgendwann einmal der Hauptsponsor der Scuderia sein sollte. In einem Porsche sitzt das Zündschloss links des Lenkrads, selbst wenn irgendwann nur noch VW-Technik in den Zuffenhausener Boliden stecken sollte. Und ein amerikanisches Auto macht am meisten Spaß, wenn ein dicker V8 unter der Motorhaube steckt – selbst in einem Kombi. Beispiel gefällig? Nehmen wir den Chrysler 300C Touring. Den gibt es auch mit Dreiliter-Diesel. Das mag vernünftig sein, interessiert an dieser Stelle aber kein bisschen. Der ebenfalls angebotene 5.7 HEMI-V8 mit 340 PS kommt der Sache schon näher. Doch besonders viel Spaß verspricht die SRT8-Version des stattlichen Amis, die Motorvision für einen Fahrbericht unter seine Fittiche genommen hat. Das Credo: Noch mehr Hubraum, noch mehr Leistung, noch mehr Charakter!

Ein Macho auf Rädern

Das äußere Erscheinungsbild: Ja, der 300C Touring ist ein Macho auf vier Rädern und will auch gar nichts anderes sein. Der SRT8 verfügt über eine der imposantesten Frontansichten im modernen Automobilbau und atmet durch einen verchromten Kühlergrill, gegen den im Vergleich sogar ein Bentley-Pendant mickrig wirkt. Die wuchtige Optik setzt sich in der Seitenlinie fort, die hohe Gürtellinie und das schmale Fensterband flößen beim Betrachter Ehrfurcht ein. Kein Wunder, dass die 20-Zöller – mit 255/45er Pneus ringsum – keinesfalls überdimensioniert wirken.

In gewisser Weise setzt sich das „Schlachtschiff“-Design im Interieur fort. Anders als in vielen seiner Landsleute wirkt das Innenraum-Ambiente keineswegs billig, wenn auch das Premium-Siegel der Konkurrenz vorbehalten bleibt. Einiges hat aus der seligen DaimlerChrysler-Ära überlebt, so manchen Schalter kennt man aus früheren Mercedes-Generationen. In punkto Platzangebot wechseln sich beim Fünf-Meter-Straßenkreuzer Licht und Schatten ab. Vorne sitzt es sich sehr kommod, hinten bieten andere Autos dieses Ausmaßes mehr Platz. Das Kofferraumvolumen liegt im Standardmodus bei 630 Litern. Problem: Der im Gepäckabteil installierte Kicker-Subwoofer liefert zwar einen Monsterbass, schränkt die Variabilität des Autos aber erheblich ein und müsste umständlich ausgebaut werden, um die Rücksitzlehne vollständig umzuklappen. Übrigens: Die Zuladung von 360 Kilo ist bereits erschöpft, wenn drei durchschnittlich schwere Amerikaner an Bord sind.

HEMI-V8 mit viel Ehrgeiz

Ansonsten ist hier wenig auf Performance ausgelegt: Die Sitze bieten für europäische Verhältnisse allenfalls durchschnittlichen Seitenhalt. Auf Schaltpaddel, um der angenehmen Fünfgang- Automatik am viel zu großen Lenkrad manuelle Befehle geben zu können, fehlen komplett. Doch wer sich tiefer in die Menüs des Bordcomputers begibt, erlebt eine Überraschung. Hier versteckt sich unter anderem eine „G Force“-Anzeige, die Auskunft über die Fliehkräfte gibt. Schlägt im Innern des SRT8 etwa ein austrainiertes Sportlerherz?

Wenn ja, dann das eines mit Steroiden aufgepumpten Kraftsportlers, keineswegs das eines feingliedrig austrainierten Athleten. Man lässt den Motor an, der erste Eindruck bestätigt sich: Der 300C SRT8 schüttelt sich, räuspert sich kurz und wirkt durch die verzögerte Gasannahme wegen des recht langen Pedalwegs und der zögerlich ansprechenden anfangs unwillig. Doch dann erwacht der Ehrgeiz des 6,1-Liter-HEMI-V8: Egal ob Viertel- oder Halbgas, egal ob 1.000 oder 5.000 Touren – der Treibsatz setzt die Fuhre mit einer Vehemenz in Bewegung, dass man meint, man hinterlässt einen Bombenkrater im Asphalt. Was bei Vollgas passiert, ist mit Worten nicht zu beschreiben. Hier gilt: Selbst erleben und ins Gedächtnis brennen!

Wenn der Spritstrudel gluckert…

Obwohl der Chrysler bei diesen Spielchen brüllt wie ein Kugelstoßer beim Weltrekordversuch, kann man – wenn man genau hinhört – den Spritstrudel hören. Hat man sich den federleichten Gasfuß untergeschnallt, kommt man mit gut 13 Litern aus. Ansonsten gilt zum Thema Verbrauch: „Only the sky is the limit.“ Offiziell kommuniziert Chrysler beim Thema „Durchschnittsverbrauch in Litern“ die Zahl „14,2“.

Geht es geradeaus, kennt der SRT8 nur wenige Gegner. Beim Ampelstart macht es einfach Spaß, die Wände wackeln zu lassen und mit der brutalen Beschleunigung und dem noch brutaleren V8-Sound des Amis die anderen Verkehrteilnehmer zu erschrecken. Ähnliches auf der Autobahn: Sind Tunnel oder Baustelle zu Ende, wissen die Fahrer der Turbodiesel-Vertreterkombis wieder, wer wirklich Chef auf der linken Spur ist. Dank 265 km/h Topspeed beweist der 300C Touring zudem auch in dieser Disziplin einen längeren Atem als die zumeist abgeregelte deutsche Konkurrenz.

Zu schwer, zu weich, zu indirekt

Wird es dagegen kurvig, zeigt sich einmal mehr, dass der SRT8 zu den Grob- und nicht zu den Feinmotorikern gehört. Zwar halten die üppigen Brembo-Stopper auch hohen Belastungen stand, doch leichtfüßig sind andere. Zu hoch dass Leergewicht (mehr als zwei Tonnen), um willig um die Ecken zu jagen, (ein wenig) zu indirekt die Lenkung, um eine präzise Ideallinie zu verfolgen, (etwas) zu weich das Fahrwerk, um unerwünschte Seitenneigung in schnell durcheilten Kurven zu eliminieren. Doch angesichts seiner Herkunft und Statur schlägt sich der Detroiter auch auf winkligem Geläuf wacker.

Wer jetzt schon auf den Geschmack gekommen ist, wird beim Anblick des Preises sofort den Weg zum nächsten Chrysler-Händler in den Routenplaner eingeben wollen. Denn wo sonst gibt es 431 PS zum Preis von 64.590 Euro?! Zumal es keine Aufpreisliste gibt; alle mehr oder weniger nützlichen Annehmlichkeiten sind in diesem Preis bereits enthalten. Selbst das Sicherheitspaket ist mit zahlreichen Airbags, ESP und der Antriebs-Schlupfregelung ASR nahezu komplett. Wer also seine Freundschaft mit dem Tankwart intensivieren möchte, auf Variablität im Kofferraum verzichten kann und aufs Image pfeift, findet mit dem Chrysler 300C Touring SRT8 einen zwar ungehobelten, aber stets motivierten Begleiter.

Technische Daten (Werksangaben):

Leistung: 317 kW (431 PS) / 6.000 U/min
Max. Drehmoment: 569 Nm / 4.600 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 265 km/h
Beschleunigung 0 – 100 km/h: 5,4 s
Durchschnittsverbrauch: 14,2 l / 100 km
CO2-Emission: 337 g/km
Grundpreis: 64.590 Euro

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