Erster Ecclestone-Verhandlungstag: Erpressung und Lügen

, 24.04.2014

Bernie Ecclestone beteuert am ersten Verhandlungstag vor dem Münchener Landgericht seine Unschuld: 33 Millionen Euro sollen nach Erpressung geflossen sein

Seit heute geht es um die Zukunft von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Der 83-jährige Brite, der die Fäden der Königsklasse seit Jahrzehnten fest in der Hand hält, muss sich seit dem Morgen vor dem Münchener Landgericht verantworten. Ihm drohen bis zu zehn Jahren Haft. Am ersten Prozesstag gab es kaum Überraschungen. Die Staatsanwaltschaft verlas die Anklageschrift und warf Ecclestone "Bestechung in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall" vor.

Der erste Prozesstag begann um 9:35 Uhr mit leichter Verspätung. Der Formel-1-Boss hatte sich in einem schwarzen Mercedes in die Tiefgarage des Landgerichtes fahren lassen und war anschließend bester Laune vor den Richter getreten . Er sei zuversichtlich, "weil die Sonne scheint", scherzte der Brite auf dem Weg in den Gerichtssaal A101, wo unter anderem auch die langwierige Verhandlung gegen die Neonazi-Braut Beate Zschäpe durchgeführt wird.

Ecclestone brachte seine entspannte Stimmung auch vor Richter Peter Noll zum Ausdruck. Beim Abgleich der persönlichen Daten fragte der Richter, ob Ecclestone verheiratet oder geschieden sei. Seine Antwort: "Beides. An die Scheidungen erinnere ich mich aber lieber." Anschließend war allerdings Schluss mit lustig. Nachdem Staatswanwalt Christian Weiß nach rund einer Stunde die Anklageschrift verlesen hatte, bekamen die Anwälte Ecclestones das Wort. Sven Thomas und Norbert Scharf verlasen anschließend eine umfassende Erklärung im Namen ihres prominenten Mandanten.

Ecclestone pocht darauf: Gribkowsky hat erpresst

Der Kern der Verteidigungsstrategie ist nicht überraschend: Ecclestone behauptet, er sei vom ehemaligen BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky erpresst worden. Die fraglichen Zahlungen in Höhe von rund 33 Millionen Euro auf die Konten des deutschen Managers seien nicht vor dem Hintergrund einer Einflussnahme auf den Verkauf von Formel-1-Anteilen an die CVC geschehen. Gribkowsky habe "in entscheidenden Punkten nicht die Wahrheit" gesagt, hieß es von Seiten Ecclestones.

Die der Anklageschrift zugrunde liegenden Aussagen Gribkowskys seien "unzutreffend, irreführend und unschlüssig", so die Verteidigung. Die tatsächlichen Vorgänge in den Jahren 2005 und 2006 würden durch diese angeblich falschen Angaben keinesfalls realistisch abgebildet. Die Ecclestone-Anwälte kündigten an, im weiteren Prozessverlauf neue Dokumente vorzulegen, die vorherige Gribkowsky-Aussagen widerlegen und ihren Mandanten somit entlasten würden. Ecclestone sei unschuldig, so die klare Aussage.

In der umfassenden Erklärung von Ecclestone, die dieser aufgrund einer angeborenen Sehschwäche nicht selbst vortragen mochte, wurde dargestellt, dass es zwischen dem Formel-1-Boss und dem ehemaligen BayernLB-Verantwortlichen erhebliche Differenzen gegeben haben soll. Ecclestone habe den Banker allerdings nie bedroht, ihm auch niemals Schmiergeld bezahlt, sondern die 33 Millionen überwiesen haben, weil er fürchten musste, dass Gribkowsky den britischen Steuerbehörden lästige Details aus seinem Firmengeflecht schildern werde. Das hätte ihn sehr teuer zu stehen kommen können, so der Brite.

Nach der Erklärung der Verteidigung wechselte Ecclestone in bester Stimmung kurze Worte mit dem Staatsanwalt, der von dem offenen Dialog sichtlich überrascht schien. Worum es dem Formel-1-Boss in jenem Moment ging, ist unklar. Sicher ist jedoch: Der Prozess wird am 2. Mai mit einigen Formalitäten un der Verlesung von Zeugenaussagen fortgesetzt - viel Spektakel ist nicht zu erwarten. Viel spannender wird es, wenn sich Eccelstone und der derzeit inhaftierte Gerhard Gribkowsky in rund zwei Wochen vor Gericht persönlich begegnen werden.

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