Rewaco RF1 LT-2 Automatik Test: Zu dumm zum Motorrad fahren?

, 08.10.2014


Zugegeben, vor dem Test mit dem Rewaco RF1 LT-2 Trike war ich etwas skeptisch und wusste nicht, was ich von einem Trike halten soll, teste ich doch sonst nur potente Vierräder. Auch im Bekannten- und Kollegenkreis sah ich mich konfrontiert mit Aussagen wie „Trike, das ist doch nur was für Leute, die zu dumm zum Motorrad fahren sind.“ Mit einem Trike assoziierte ich immer unweigerlich die Comic-Figur „Werner“ von Brösel, den Wurstblinker und ein Fass Bier hinter dem Fahrer. Bei all den Vorurteilen im Vorfeld und noch während des Tests war es mehr als spannend für mich herauszufinden, wie sich ein Trike fährt, welche Emotionen es bei mir und meinen Mitmenschen hervorruft und ob an den teilweise derben Sprüchen tatsächlich etwas Wahres dran sein wird.

Drei Räder unterm Arsch und ein französischer Motor im Rücken

Mit dem 140 PS starken Vierzylinder, der aus dem Peugeot-Regal stammt, und einem 4-Gang-Automatikgetriebe bin ich als Trike-Neuling erst einmal bedient. Die 140 PS sorgen für eine rasante Beschleunigung auf dem heißen Stuhl; denn bei einem auf den ersten Blick mickrig wirkenden Drehmoment von 190 Nm, das bei 4.800 U/min anliegt, sorgt das dank dem geringen Leergewicht von nur 660 Kilogramm immerhin für eine beachtliche Beschleunigung von 7,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das hört sich gar nicht so wild an, bringt einen aber ganz schön ins Schwitzen, während sich entgegenkommende Mücken als kraterförmige Einschläge auf der Haut verewigen. Der Vorwärtsdrang endet erst bei Tempo 175, was allerdings nicht dauerhaft empfehlenswert ist und auch nichts für schwache Nerven ist (Achtung Beifahrerin).

Nach kurzer Zeit ist mir bereits klar, dieses Biest ist nicht zu unterschätzen und ich bin froh, bei meinem Erstkontakt mit einem Trike die Automatik-Schaltung gewählt zu haben. Über den zentral und mittig vor dem Fahrer positionierten Automatik-Ganghebel mit der klassischen P-D-R-1-2-3-Schaltkulisse kann ich mich entspannt auf den korrekten Umgang mit dem Bike in den bevorstehenden Fahrsituationen konzentrieren, ohne mich um das Schalten kümmern zu müssen. Insbesondere in Kurven sollte man das Gaspedal auf der rechten Lenkerseite nur behutsam drehen, was ich sehr schnell lernte; denn sonst geht einem sehr schnell das Talent und die Straße aus. Dann retten einen auch nicht mehr die serienmäßig verbauten Scheibenbremsen an Frontgabel und Hinterachse.

Biker-Gruß und staunende Passanten sind omni-präsent

Mit steigender Kilometerzahl werde ich immer sicherer im Umgang und merke, dass sich erstaunlich schnell ein Dauergrinsen in meinem Gesicht breit macht. Dieses Trike bereitet verdammt viel Spaß und ich merke, wie ich immer weniger Gedanken an bereits erwähnte Vorurteile vergeude. Als mich der erste entgegenkommende Rocker auf seinem Feuerstuhl per Biker-Gruß offensichtlich als Kollegen begrüßt, sind die Vorurteile gänzlich verflogen. Ich genieße die Fahrt und erwische mich immer häufiger, wie ich in der Mittagspause und nach Büroschluss kleine bis ausgedehnte Touren mit dem Trike drehe.

Ganz besonders die Beschleunigung hat es mir angetan. Mit den 335er-Walzen auf der Hinterachse erlebe ich diese wie auf Schienen gezogen. Die verchromte Vierrohr-Auspuffanlage untermalt den Effekt dazu klangvoll vom Feinsten: sonor, rotzig, brabbelig - das ist eine gute Mischung. Die Trapezlenkgabel mit Zentralfederelement und die Einzelradaufhängung mit Bilstein-Gasdruckdämpfer an der Hinterachse ermöglichen ein entspanntes Reisen und sorgen für eine erstaunlich gute Fahrdynamik. Die perfekte Reisegeschwindigkeit liegt zwischen 80 und 90 km/h und verspricht den meisten Fahrspaß.

Als wirklich gewöhnungsbedürftig erweisen sich dagegen die Fahrzeugmaße. Schließlich hat der Fahrer primär das schlanke Vorderrad im Blick, ist aber tatsächlich mit einer hinteren Spurweite unterwegs, die der eines Audi A8 entspricht. Orientiert man sich jedoch an den weit ausladend angebrachten Zusatzscheinwerfern an der Vordergabel, hat man nahezu die Breite der Hinterachse immer vor Augen und navigiert mit dem „Dreirad“ hervorragend durch sämtliche auftauchende Hindernisse.

Interessant sind die Reaktionen der Passanten, an denen ich vorbeifahre oder denen ich vor dem Supermarkt, beim Tanken oder an öffentlichen Plätzen begegne. Überall ernte ich erstaunte und begeisterte Blicke. Insbesondere bei Männern in einem nicht mehr ganz so jugendlichem Alter, scheint ein Trike ein besonderes Gefühl von Freiheit, Abenteuer und Jugend zu wecken.

Passanten interessieren sich sehr für die Motorisierung, Fahrdynamik und andere Details. Negative Kommentare konnte ich im einwöchigen Testzeitraum nicht feststellen. Es bleibt festzuhalten, dass ein Trike äußerst kommunikativ auf die Mitmenschen wirkt. Selbst meine Test-Beifahrerinnen waren nach anfänglicher Skepsis sehr angetan, auf dem bequemen „Chefsessel“ hinter dem Fahrer Platz zu nehmen.

Auf Komfort und Reisetauglichkeit wurde ein Fokus gelegt

Der Kofferraum bietet Platz für eine geräumige Reisetasche und einige kleinere Pack- oder Kleiderstücke und ist zudem abschließbar und wasserdicht. Der Platz reicht in jedem Fall für einen Kurztrip zu Zweit aus. Mit einer ordentliche Rücklehne, einer Kopfstütze und zwei Armauflagen genießt der Beifahrer echten Komfort - fast wie auf dem heimischen Fernsehsessel, nur mit mehr Freiheitsgefühl. Für längere Routen bei durchwachsenem Wetter lassen sich sowohl der Fahrersitz als auch der Beifahrer-Chefsessel mit einer zweistufigen Sitzheizung mit wohliger Wärme unterm Hintern befeuern.

Den Tankinhalt des Rewaco RF1 LT-2 geben die Macher mit 40 Litern an. Bei einem angegebenen Verbrauch von 6,7 Liter pro 100 Kilometer und bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 90 km/h, die sich als gute Reisegeschwindigkeit herausstellte, sollte das für eine Reichweite von etwa 600 Kilometern sorgen. Während unseres Tests, der auch viel Kurzstrecke und Beschleunigungs-Sprints beinhaltete, konnten wir diesen Wert nicht ganz erreichen, schafften es bei knapp 300 gefahrenen Kilometern aber auch nicht, einen Tank leer zu fahren. Der Spritverbrauch geht völlig in Ordnung.

An den Seiten zum Kofferraum befinden sich ein kleines „Handschuhfach“ und die Klappe zum Betanken des Fahrzeugs. Beide Klappen lassen sich abschließen, um die Fahrzeugpapiere und Wertgegenstände dort unterbringen zu können, ohne stets den kompletten Kofferraum öffnen zu müssen, der zugegeben gerade am Anfang etwas hakelig zu öffnen ist. Nachdem ich den Dreh mit der Ver- und Entriegelung raus hatte, funktionierte das Öffnen und Schließen des Kofferraumes jedoch sehr gut.

Fazit: Trotz fehlendem Wurstblinker ein hochemotionales Highlight

Nach meinem einwöchigen Test mit dem Rewaco Trike kann ich meine anfängliche Skepsis nur revidieren und dieses deutliche Statement für alle Skeptiker dazu abgeben: Nein, ein Trike ist definitiv nicht für Menschen, die zu blöd zum Motorrad fahren sind. Das Trike weckte bei mir viele Emotionen und steht wie kaum ein anderes Gefährt für Freiheit und Abenteuer. Die Beschleunigung auf der dreirädrigen „Feuerwalze“ sorgte für ein breites Grinsen beim Fahrer.

Die Trikes von Rewaco versprechen eine extrem saubere Verarbeitung „Made in Germany“. Überall blitzt das Chrom im Sonnenlicht. Der mit feinem Leder besattelte Fahrer- und Beifahrersitz untermauert diesen Anspruch zusätzlich, während sich die verwendete Technik als robust und in anderen Einsatzorten vielfach erprobt zeigt. Alles wirkt hochwertig, edel und durchdacht. Die Preise für ein Rewaco RF1 LT-2 Automatik Trike beginnen bei 33.190 Euro und lassen sich durch zahlreiche Optionsteile auf über 40.000 Euro erhöhen.

Etwas schade fand ich allerdings, dass das Trike keinen „Wurstblinker“ a la Brösel besaß und ich diesen auch nicht in der Optionsliste finden konnte. Vielleicht kann Rewaco hier noch einmal nachbessern! Bleibt abschließend eigentlich nur zu sagen: Wie geht so ein Trike wohl mit Turbo-Motor ab, der ebenfalls bei Rewaco erhältlich ist?

Technische Daten Rewaco RF1 LT-2 Automatik:

Antriebsart: Heckantrieb | Hubraum: 1.997 cm³ | Leistung: 103 kW/140 PS (Gesamtleistung) | Drehmoment: 190 Nm bei 4.000 U/min | Vmax: 175 km/h | Beschleunigung 0-100 km/h: 7,5 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: 6,7 l/100 km (bei 90 km/h) bzw. 8,4 l/100 km (bei 120 km/h) | Preis: ab 33.190 EUR

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