Die Scuderia muss sich mit einem Auto, das dem Red Bull im Moment technisch unterlegen ist, auf den Teamgeist verlassen und Fehler der Konkurrenz erzwingen
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Fernando Alonso, Abu Dhabi und die Statistik - eine Konstellation, die zwei Sichtweisen erlaubt. Einerseits kann der Spanier auf eine beständige Steigerung beim Grand Prix in den Emiraten verweisen: Bei der Premiere 2009 landete er im Renault auf Rang 14, anschließend fuhr er im Ferrari auf die Ränge sieben und zwei. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. 2010 bedeutete das durch einen Taktikfehler verursachte Ergebnis die WM-Schmach gegen Sebastian Vettel und den Verlust des Titels.
Für Alonso ist das Wüstensand von gestern - nicht zuletzt, weil das Reglement das Überholen vereinfacht hat und eine Situation wie die, als er hinter Witali Petrow festhing, so nicht mehr denkbar zu sein scheint. "Dank KERS und DRS haben wir diese Situation verbessert. Die Systeme funktionieren gut und wir erleben sehr viel mehr Action", erklärt der Ferrari-Star und gibt sich entspannt: "Ich habe keine Bedenken, dass es wieder zu einem solchen Szenario kommen könnte."
Kräfteverhältnis wohl weiter pro Red Bull
Dennoch plagt Alonso ein Problem und das ist die bärenstarke Form der Red Bull. Der Mann aus Oviedo gibt sich nicht der Hoffnung hin, dass die Scuderia mit neuen Teilen, die frisch aus Italien eingeflogen wurden, über Nacht Abhilfe schafft. "Wir glauben nicht, dass wir den Rückstand auf Red Bull nach dem, was in Indien war, fünf Tage später komplett aufholen", erklärt Alonso und unterstreicht: "Es gibt keinen magischen Knopf. Wir versuchen, nahe ran zu kommen und Druck zu machen."
Alonso nennt es "einen Fakt", dass Red Bull zur Zeit schneller sei als seine Farben, sieht aber Vorteile bei der Zuverlässigkeit, dem Teamgeist und der Kampfkraft in Maranello. "Wenn es stressig und schwierig wird, können wir uns zu 100 Prozent aufeinander verlassen", beteuert der 31-Jährige und gibt es als Ziel aus, beim Saisonfinale in Brasilien den WM-Titel wasserdicht zu machen. "Es geht darum, Perfektion zu erreichen", erklärt Alonso den Weg dorthin.
Sein Wasserträger bei diesem Unternehmen heißt Felipe Massa, der sich in Abu Dhabi in der Vergangenheit nicht mit Ruhm bekleckerte. Doch anscheinend spielt die Weiterentwicklung des aktuellen Boliden dem Brasilianer und seinem Fahrstil in die Karten. "Ja, ein bisschen", bestätigt Massa, verweist aber auch auf Pech in der Vergangenheit: "Ich hatte zuvor gute Rennen und die Chance, viele Punkte zu holen, war groß - aber dann kam mir immer etwas in die Quere."
Massa und die Psychotricks
Doch die Vorzeichen stehen im November - mit einem Vertrag für 2013 in der Tasche - anders als noch zu Saisonbeginn, als viele Beobachter mit einem Rauswurf Massas bei Ferrari rechneten: "Ich würde sagen, dass seit August alles sehr viel besser läuft. Es gab keine Zwischenfälle mehr in den Rennen, ich hatte bessere Startplätze, was sehr hilft", rekapituliert er und spricht von wiedergefundener Freude am Motorsport: "Ich versuche, es zu genießen, wie ich es immer in meiner Karriere getan habe. In das Auto steigen, Spaß haben."
Der seit seinem schweren Unfall in Ungarn 2009 gehemmt wirkende Masse will sich auch psychisch neu erfunden haben: "Ich habe mir immer wieder ins Gedächtnis gerufen, dass wenn alles in Ordnung ist, alles in Ordnung ist. Und wenn es nicht in Ordnung ist, dann ist es nicht Ordnung - das war's", erklärt er über seine mentale Verfassung und erkennt darin einen Nutzen: "Wer das tut, kann das Maximum aus dem Auto herausholen und die Resultate kommen von selbst."