Ferrari und die angenehme Strafe: "Andere würden lügen"

, 19.11.2012

Ferrari geht offen mit dem Schachzug Getriebewechsel um - Teamchef Stefano Domenicali: "Weil die Regeln es erlauben, würden es alle so machen"

Ferrari hat mit einem kleinen Trick die WM-Chancen von Fernando Alonso gewahrt. Die Italiener tauschten vor dem Grand Prix in Austin das intakte Getriebe am Auto von Felipe Massa, um die eine entsprechende Strafversetzung in eine bessere Position zu kommen. Alonso rückte somit auf den siebten Startplatz, der auf der sauberen Seite der Strecke liegt. Diesen Vorteil konnte der Spanier schnell nutzen und sich sofort nach vorne schieben.

"Wenn es doch den Regeln entspricht, würde das in einer solchen Situation jeder genauso machen", erklärt Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali gegenüber 'RTL'. Das Team hatte sich über die Rechtslage im Gespräch mit FIA informiert, anschließend Massa von der Aktion überzeugt und den Trick schließlich umgesetzt. "Ganz ehrlich: Das haben wir uns am Abend einfallen lassen. Ich habe entschieden, dass wir ganz offen damit umgehen. Ich will die Wahrheit sagen", so der Italiener bei 'Sky'.

"Es wäre aus meiner Sicht nicht richtig gewesen, nicht die Wahrheit zu sagen und ein Problem zu konstruieren. Es gab einen großen Unterschied zwischen der linken und der rechten Seite in der Startaufstellung. Das war offensichtlich", so Domenicali. "Es war uns klar, dass es in Sachen WM sehr schwierig werden würde, wenn wir beim Start ein paar Positionen verlieren würden. Deswegen haben wir uns das überlegt und mit den Fahrern besprochen. Ich danke Felipe, der Verständnis hatte. Bei Ferrari geht es immer um das Wohl des Teams."

"Alles richtig gemacht. Danke für die Offenheit", meint 'RTL'- Experte Niki Lauda. "Das ist meine Art. Andere Teamchefs würden anders handeln, sie würden vermutlich lügen. Wir haben darin unsere einzige Chance gesehen, die Titelentscheidung bis zum nächsten Rennen zu vertagen", sagt Domenicali, der für seinen Umgang mit der Situation viel Lob erntete. "Ferrari hat alles richtig gemacht", sagt auch 'Sky'-Experte Marc Surer.

"Ich habe kurz mit Bernie darüber gesprochen", schildert Ex-Weltmeister Damon Hill auf 'Sky Sports F1'. "Er meint, das sei nicht vielleicht nicht so ganz sportlich, aber sie hätten eben die aktuellen Regeln zu ihren Gunsten ausgelegt. Das machen schließlich alle so. Ferrari hat erkannt, dass sie das Rennen aufgrund mangelnden Speeds nicht gewinnen können, daher haben sie sich eben die Regeln zunutze gemacht, um wenigstens mithalten zu können."

"Michael Schumacher drückt Jenson Button fast von der Strecke. Das ist auch nicht gerade sportlich", meint Ex-Formel-1-Pilot Johnny Herbert. "Die Amerikaner können mit so etwas bestimmt leben, denn in der NASCAR stehen solche Schachzüge auf der Tagesordnung." Leben kann vor allem Ferrari damit - sogar Felipe Massa, der seinen guten Startplatz opfern musste, um Alonso die Chance im WM-Kampf zu erhalten.

"Zuerst war ich nicht glücklich darüber, jetzt aber schon. Das Ergebnis zeigt, dass wir es richtig gemacht haben", meint der Brasilianer. "Natürlich ist man als Fahrer nicht froh, wenn man zum Vorteil des Teamkollegen fünf Plätze in der Startaufstellung nach hinten rücken soll. Aber wir wissen, wie wichtig das war. Ich glaube nicht, dass alle Fahrer bei so etwas mitspielen würden. Es ist gut, dass wir ehrlich damit umgehen."

"Natürlich hätte ich das Rennen gern vor Fernando beendet. Aber so habe ich ihm sehr gut helfen können. Am Ende ist für mich das beste Rennen der Saison dabei herausgekommen. Es war für mich wie ein Sieg", meint Massa, der von Startplatz elf schließlich auf den guten vierten Rang kam - nur 6,7 Sekunden hinter seinem Teamkollegen.

"Das war eine Entscheidung des Teams. Wir hätten von den Plätzen sechs und acht starten sollen. Wir mussten damit rechnen, nur als Neunter oder Zehnter in die erste Kurve einzubiegen. So konnte ich von der sauberen Seite starten", erklärt Alonso. "Ich bin stolz auf diese Entscheidung, stolz auf mein Team, dass es die Wahrheit sagt. Das würden nicht viele Teams so machen."

"Alonso hat das Beste aus diesem Geschenk gemacht. Er hat sich Hülkenberg, Räikkönen und Schumacher geschnappt. Besser hätte es kaum laufen können", meint Ex-Formel-1-Pilot Anthony Davidson. "Wenn ich mir das Ergebnis anschaue, dann sehe ich, dass wir beim letzten Rennen in Brasilien noch um den Titel mitfahren können. Darüber freue ich mich", meint auch Domenicali. "Wir haben heute das Maximale herausgeholt. Red Bull und McLaren waren gestern und heute schneller als wir. Auf Grundlage dessen mussten wir die richtigen Entscheidungen treffen. Das ist gelungen."

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