Marussia bringt den MR03: Der Discounter-Turbo

, 30.01.2014

Der Hinterbänkler musste bei der Entwicklung seines 2014er Autos jeden Cent umdrehen, will aber in der Hackordnung vorrücken: "Der MR03 ist radikal anders"

Als letztes der elf Formel-1-Teams hat auch Marussia seinen neuen Boliden für die Saison 2014 der Öffentlichkeit präsentiert. Die britisch-russische Truppe reiste mit ihrem MR03 verspätet zu den ersten Tests ins spanische Jerez, wo sie am Donnerstagvormittag den Fahrbetrieb aufnehmen will. Der neue Dienstwagen gehört der unveränderten Fahrerpaarung Jules Bianchi und Max Chilton.

Vorgenommen haben sich die Hinterbänkler eine Menge: "Klar, es gibt viele Unbekannte in dieser Saison, aber wir sind von Natur aus sehr ehrgeizig und verlangen uns selbst immer mehr ab", erklärt Teamchef John Booth. "Das Ziel ist es, weitere Fortschritte zu machen. Das bedeutet, in eine Position zu gelangen, in der wir nicht länger die Konkurrenz in unserem Rücken fürchten müssen." Gemeint ist damit natürlich nicht der letzte Platz, sondern das zuletzt gewonnene Duell mit Co-Schlusslicht Caterham. "Stattdessen wollen wir die Teams vor uns attackieren", so Booth.

Ob Marussia weiter drei Sekunden und mehr hinter der Spitze gurkt, will der Brite noch nicht einschätzen: "Es ist zu früh, über die Leistung im Vergleich zu spekulieren. Darüber lässt sich in 45 Tagen in Australien sprechen", spielt er auf den Saisonauftakt in Melbourne Mitte März an. Trotzdem verspricht er den Fans eine "interessante Saison mit einer ganzen Bandbreite an technischen Geschichten, die sich auf und ab der Boxengasse abspielen". Zentral sei dabei die Frage nach der Zuverlässigkeit, weil 1,6-Liter-V6-Turbos und die Hybridsysteme komplett neu sind.

Überarbeitet von "Nasenspitze bis Heckflügel"

Der MR03 erhält seinen kompletten Antriebsstrang inklusive Systemen zur Energierückgewinnung mit Beginn der zweiten Turboära von Ferrari, nachdem sich Cosworth aus dem Geschäfts zurückgezogen hatte. Die technische Kooperation mit McLaren wurde deshalb beendet. Booth lobt die Mühen in Banbury, um unter großem finanziellen Druck zu entwickeln: "Wie wir beim Schritt von 2012 hin zu 2013 gesehen haben, verfügen wir über junge, aber extrem talentierte Techniker, die enorm zu den Fortschritten vergangener Jahre beigetragen haben", erklärt der Teamchef.

Booth meint weiter, dass der erfolgreiche Kampf um Rang zehn in der Konstrukteurs-WM der Saison 2013 eine zusätzliche Hürde bedeutet hätte: "Ein Auto, das dem ersten Konzept von Anfang 2012 treu geblieben ist, obwohl der komplett neue Antriebsstrang kam und wir hart für unser Ziel kämpfen mussten, ist Beweis für die Reife unserer Organisation im technischen Bereich", frohlockt der Brite. Marussia spricht in einer Pressemitteilung selbst von einem "Geschäftsmodell, das Effizienz in jedem Bereich" erfordert. Im Klartext: Sparkurs.

Der ist besonders schwierig einzuhalten, wenn von 11.212 Komponenten des Wagens nur eine Handvoll übernommen werden können. John McQuilliam nennt es die "beste jemals mögliche Optimierung von Leistung gemessen an Innovation und Design". Ein interpretationsoffener Satz, den der Chefdesigner nicht weiter konkretisiert: "Im Laufe des Jahres 2012 haben wir jedes einzelne Element des Autos analysiert, von der Nasenspitze bis zum hintersten Punkt des Heckflügels. Wir wussten wie radikal anders der MR03 sein würde."

Zuverlässigkeit als Marussia-Trumpf?

Marussia hätte enorm davon profitiert, dass das Designteam innerhalb von 24 Monaten personell weitgehend unverändert geblieben wäre. "Ich glaube, wir können wirklich stolz sein auf die Art, Weise und Qualität, mit der wir dieser großen Herausforderung begegnet sind", jubelt McQuilliam. "Die Autos wurden nach höchsten Standards gebaut und gefertigt, wobei wir die meisten unserer Ziele zur Gewichtseinsparung erreicht haben. Fast noch wichtiger: Wir haben dabei auch unser Augenmerk darauf gelegt, unsere exzellente Zuverlässigkeit zu bewahren."

McQuilliam beschreibt die Kühlung als größtes Problem. Marussia sei jedoch hochzufrieden mit der gefundenen Lösung und dem Grad an Innovation, der dieser Lösung zugrunde liegt: "Die komplett neue Vorder- und Hinterachse sind Produkt der neuen Aerodynamikregeln, die eher auf mechanischen Grip setzen. Sie sind jetzt für den Straßenverkehr viel relevanter", findet der Chefdesigner. Bei Booth sorgt der Motor für Glückshormone: "Wir können über Ferrari nur Gutes berichten. Sie sind sehr professionell und waren von Anfang an kooperativ."

Bianchi & Chilton: Konstanz im Cockpit

Der Teamchef lobt die Zusammenarbeit: "Das hat die Integration des neuen Antriebsstrangs viel einfacher gemacht." Auch Dave Greenwood ist sich sicher, dass es aufwärts geht bei Marussia: "Angesichts der bedeutenden Regeländerungen ist Kontinuität der Schlüssel. Da ist es richtig gut für unsere technische Abteilung, dass die Fahrerpaarung die gleiche geblieben ist." Der Chefingenieur betont: "Wir konnten so nicht nur unser Monocoque anhand des bestehenden entwerfen, sondern uns sofort ganz auf den MR03 konzentrieren."

"Der Schritt in die Formel 1 ist für jeden jungen Fahrer spannend, aber auch anstrengend. Die Komplexität des Lenkrades ist ein kleines, aber deutliches Beispiel. 2014 steigt die Komplexität der Autos dramatisch an - angesichts der Motoren und ihrer Anforderungen an Fahrer und Ingenieure", findet Greenwood. "Jules und Max sind bekanntes Kapital zum Saisonstart in ein Jahr der Ungewissheit. Gleichzeitig macht es uns das Leben leichter, dass zwei junge, hoch motivierte und sehr talentierte Piloten für unser Vorankommen sorgen."

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