Mercedes: Schaffen, schaffen, aus dem Häuschen sein

, 12.10.2014

Toto Wolff und Niki Lauda loben eine historische Stunde, sind sich aber darüber im Klaren, dass die Entscheidung bei den Fahrern und die Saison 2015 drücken

Unglaublich, aber wahr: Es hat Jahrzehnte voller Motorsport-Tradition gedauert, ehe Mercedes am Sonntag in Sotschi seinen ersten WM-Titel der Formel-1-Konstrukteure feierte. Umso größer war die Freude bei den Verantwortlichen des Teams. "Es ist einfach nicht zu fassen. Ich bin wirklich überglücklich. Ich weiß gar nicht, ob ich mich jetzt viermaliger Weltmeister nennen darf?", jubelt Niki Lauda, der sich als Aktiver drei Fahrerkronen aufsetzte, am Mikrofon von 'Sky Sports F1'.

Auch Toto Wolff strahlt bis über beide Ohren: "Als Automobil-Hersteller sind wir jetzt die Besten der Welt", freut sich der Österreicher bei 'Sky', weiß aber mit Blick auf vier Jahre Aufbauarbeit und einem Dank an Urvater Ross Brawn noch hinzuzufügen: "Es war eine schwierige Reise. Das Team hat so stark zusammengehalten, und auch in diesem Jahr hatten wir Höhen und Tiefen." Auch Nico Rosberg, Puzzleteil des Erfolges, hat ein Gespür dafür, dass sich ein historischer Moment ereignet.

Der Deutsche schlägt im Gespräch mit 'RTL' das Geschichtsbuch auf und vergleicht die neue Hybridära mit der des Juan Manuel Fangio und Co.: "Das ist wie in den Fünfzigerjahren. Ständig gab es Reglementänderungen, jedes Mal hat Mercedes zugeschlagen. Und jetzt sind wir schon wieder die Überflieger." Jedoch hat das aktuelle Kapitel der silbernen Erfolgsgeschichte noch keinen Schlusspunkt. "Wir haben die Fahrerweltmeisterschaft noch nicht gewonnen", betont Wolff.

Kampf um Fahrertitel rückt in den Fokus

Dem Mercedes-Motorsportchef ist klar, dass sich der Fight um die Krone nur noch zwischen seinen Schützlingen Lewis Hamilton und Rosberg abspielt. Trotzdem wird in Brackley und Brixworth weiter Vollgas gegeben: "Das heißt, wir springen ins Flugzeug, fliegen zurück nach England, gehen dort wieder an die Arbeit und blicken vielleicht auch mit mehr als einem Auge aufs nächste Jahr. So schnell bewegt sich dieses Umfeld", weiß Wolff - mit Champagner in der Hand - zu berichten.

Keine Zeit für Feiern? Bester Beweis: das Rennen in Sotschi und der missglückte Überholversuch Rosbergs in der ersten Kurve. "Die beiden schenken sich nichts. Das kann passieren", nimmt Wolff den leicht frustrierten Rosberg in Schutz. Wer die Lorbeeren am Ende einsammelt, spielt für ihn keine Rolle. Wolff staunt: "Die Hingabe ist immens. Sogar für uns langweilige Managertypen ist es faszinierend, wie fokussiert jemand sein kann und rund um die Uhr für den Erfolg arbeitet."

Für den in der Gesamtwertung mit 17 Punkten in Rückstand geratenen Rosberg gibt es eine Ladung Seelenbalsam: "In meinen Augen ist er ein härteres Rennen als Lewis gefahren, weil er sich durch das ganze Feld wühlen musste. Nico musste kämpfen und ist heute in meinen Augen besser gefahren", lobt Lauda bei 'RTL' und spart sich einen Tadel für Rosberg: "Das war eine unglaubliche Leistung, man kann nichts kritisieren. Im Gegenteil: Man muss sich bei ihm bedanken."

Red Bull: Gratulation mit Kampfansage

Paddy Lowe berichtet bei 'Sky', dass Rosbergs zweiter Platz auf Umwegen zustande kam: "Wir wollten eigentlich eine Zweistoppstrategie fahren, aber nach einer Weile haben wir es uns anders überlegt und beschlossen, dass es den Poker wert ist." Silber lag goldrichtig mit der Taktik, mit nur einem Reifenwechsel 52 Runden durchzufahren. Trotzdem sieht Lauda die Favoritenrolle bei Hamilton. Ob der Brite nach vier Grand-Prix-Siegen in Serie nicht mehr zu stoppen ist? "Ja, irgendwie schon", orakelt die Rennlegende, die vor Mercedes das "Kapperl" zieht.

Die entthronten Weltmeister gratulieren: "Das Team und auch die Motorenleute haben in dieser Saison einen fantastischen Job gemacht. Sie haben die Trophäe verdient", verneigt sich Red-Bull-Teamchef Christian Horner bei 'RTL', lanciert aber gleichzeitig eine Kampfansage an die neuen Platzhirsche in der Formel 1: "Wir hatten die Trophäe in den vergangenen vier Jahren - und wir werden kämpfen, damit wir sie im nächsten Jahr wiederbekommen."

Bei allen Jubelstürmen in der Boxengasse dämpft Wolff die Freude aus einem weiteren Grund: "Bevor wir in Feierlaune verfallen: Wir denken immer noch an Jules Bianchi, auch wenn uns eine Last von den Schultern fällt. Das überschattet immer noch alle Ereignisse und stellt auch das Sportliche in den Hintergrund." Um sieben Uhr Ortszeit geht für die Mercedes-Bosse und Hamilton der Flieger zurück aus Russland, pilotiert von Lauda höchstpersönlich. "Ein Fläschchen mache ich nicht auf, aber ich werde mich freuen. Auch auf dem Flug nach Hause", sagt der Kapitän.

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