Zehn Plätze gutgemacht: Sogar Sieg war für Vettel drin

, 26.10.2015

Trotz Motorenstrafe kämpfte Sebastian Vettel in Texas gegen beide Mercedes um den Sieg - Kreative Ferrari-Strategie wird von Safety-Car-Phasen durchkreuzt

Fast hätte er noch die Meisterschaftsfeier von Lewis Hamilton vertagen können, doch am Ende musste sich Sebastian Vettel mit Rang drei beim Großen Preis der USA 2015 auf dem Circuit of the Americas in Austin abfinden . Nachdem der Ferrari-Star im Qualifying noch die Leitplanke touchiert und zehn Strafplätze für den Einbau des fünften Motors kassiert hatte, kämpfte er sich von Startplatz 13 schnell nach vorn und war über weite Strecken des Rennens ein Kandidat für den Sieg.

"Es ist nicht unbedingt schön, auch die letzte theoretische Chance in der Weltmeisterschaft zu verlieren", trauert der viermalige Weltmeister, obschon seine Chancen auf den Titel nur theoretischer Natur gewesen waren. Doch seine Stimmung ist nach dem Rennen nicht allzu gedrückt. "Es war ein fantastisches Rennen, ich weiß schon gar nicht mehr, wie viele Safety-Cars und virtuelle Safety-Cars wir hatten. Ich denke, unser Rennen ist gut gelaufen", gibt sich Vettel beglückt. Dem kann sich auch Teamchef Maurizio Arrivabene anschließen, der auch die Taktik des Teams lobt.

Zunächst kämpfte sich Vettel in der turbulenten Anfangsphase auf Intermediates durchs Mittelfeld. "Ich hatte eine sehr gute erste Runde", frohlockt der 28-Jährige, der mit einer starken Anfangsphase den Grundstein zum Podiumsplatz legte. Nach einer Runde war er Siebter, nach vier Runden Sechster. Dann blieb er zunächst an Sergio Perez hängen, während sich die beiden Mercedes und Red Bulls an der Spitze absetzten.

Bei Rennhälfte auf Siegkurs

Einen ersten wichtigen Schritt in Richtung der Podiumsplätze unternahm er nach seinem Wechsel auf Trockenreifen in Runde 18. Nicht nur kam er mit dem Undercut an Perez vorbei, sondern erlebte mit den weichen Slicks einen wahren Höhenflug: "Das Auto war bei diesen Mischbedingungen großartig! Wir hatten in dieser Phase zwei bis drei Runden, in denen wir wahrhaft geflogen sind. Ich habe das sehr genossen." Bis zur Safety-Car-Phase in Runde 27 hatte Vettel bereits Anschluss an den Zweikampf zwischen Lewis Hamilton und Daniil Kwjat hergestellt.

In jener Safety-Car-Phase folgte der große Strategie-Kniff von Ferrari: Vettel holte sich mittelharte Trockenreifen ab, mit denen er das Rennen hätte beenden können. "Die ursprüngliche Idee war, mit diesen Reifen bis zum Ende zu fahren", erklärt Arrivabene die Strategie, die zum Sieg hätte führen können. Vettel gibt zu, sich anfangs nicht ganz sicher gewesen zu sein, ob es die richtige Entscheidung sei, zumal er durch den Stopp wieder hinter Verstappen und Kwjat zurückfiel.

"Der Medium war in den ersten Runden etwas langsamer als die weichen Reifen und es war nicht ganz einfach, Temperatur in die Reifen zu bringen", so der WM-Zweite. Bei den noch immer leicht feuchten Verhältnissen habe man das Auto außerdem schnell verlieren können, fügt er hinzu. Schon bald sollte Vettel jedoch feststellen, dass es die goldrichtige Entscheidung war, auf die härtere Mischung zu setzen: "Der Reifen hat wirklich gut gehalten, speziell vorne links. Mit der weichen Mischung hatten dort alle sehr viel Graining, das konnte man gut sehen."

Weitere Neutralisationen durchkreuzen Masterplan

Vettel wurde auf dem Medium-Reifen schneller und schneller. "Wir haben in den ersten Runden verloren, aber haben gerade den Crossover-Punkt erreicht und fuhren dieselben Rundenzeiten wie die Mercedes", legt der Ferrari-Pilot dar und gibt zu, an den Sieg gedacht zu haben: "In dem Moment hat es den Anschein gemacht, als könnten wir das Rennen gewinnen." Doch weitere virtuelle und reale Safety-Car-Phasen ermöglichten Mercedes den noch fälligen Reifenwechsel fast zum Nulltarif.

Sebastian Vettel tauschte entnervt die mittelharten Slicks bei der letzten Neutralisation gegen frische weiche Reifen ein. Arrivabene erklärt, warum Ferrari ihn nicht draußen behalten hat: "Als Mercedes gewechselt hat, haben wir gesagt: Wir brauchen jetzt auch einen schnellen Reifen, um mit ihnen kämpfen zu können." Da nur noch 13 Runden zu fahren waren, überwog der kurzfristige Performance-Vorteil des weichen Reifens die Nachteile des Grainings.

Finale Furioso gegen Rosberg

Im letzten Stint lag Vettel auf dem dritten Rang hinter den beiden Mercedes-Piloten. Als Nico Rosberg einen Fehler machte, keimte noch einmal Hoffnung auf, den Titelgewinn von Lewis Hamilton doch noch verhindern zu können. "Wir haben versucht, ihm die Party zu vermiesen", grinst Vettel, übt aber auch leichte Selbstkritik: "Am Ende hätte ich vielleicht etwas mehr Risiko im Kampf mit Nico gehen müssen." Für sein Team hat er angesichts des fast geglückten strategischen Geniestreichs nur Lob übrig: "Ich glaube, es spricht schon von Stärke, wenn man einen kühlen Kopf bewahrt und die richtigen Entscheidungen trifft."

Obwohl alle Weltmeisterschaften entschieden sind, möchte der 42-fache Grand-Prix-Sieger, der in dieser Statistik nun hinter Lewis Hamilton zurückgefallen ist, die Zügel nicht schleifen lassen. Mit Nico Rosberg befindet er sich in einem heftigen Kampf um den zweiten Platz in der Weltmeisterschaft , außerdem wartet mit der neuen Strecke in Mexiko noch eine große Herausforderung in großer Höhe. "Wir müssen die Saison stilvoll abschließen, dabei so viel wie möglich lernen und die Erfahrungen aus dieser Saison in die nächste mitnehmen" schließt er ab.

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