BMW 635d gegen BMW M 635 CSi: Beide Coupés haben 286 PS, aber sie stammen aus zwei Auto-Generationen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Mitch Mitländer vom Testkommando Mitch verrät, welcher Münchner sein Herz erobert - moderner Power-Diesel oder betagte Drehorgel?
Herbst 2007 - BMW bläst zur Revolte. Der 6er, ein Sportcoupé für 67.000 Euro und mehr. Und jetzt: Erstmals als Diesel! Vor mehr als 20 Jahren hätte man dies nicht zu träumen gewagt. ,,Diesel war damals komplett daneben", sagt Mitch Mitländer, unser Schiedsrichter beim Treffen der Generationen. ,,Das war eine komplett andere Fahrzeuggattung. Diesel, das war der alte Strich-Acht. Diesel, das war laut, stinkig, schwach und schwer."
Wir drehen die Uhr genau in diese Ära zurück. Bayern in den Achtzigern: Franz Josef Strauß regiert wie ein König und BMW beherrscht ab 1976 die deutschen Autobahnen mit dem legendären E24. 1984 setzen die Bayern noch einen drauf, die Topversion des Sechsers, der BMW M 635 CSi, steht in den Startlöchern und sagt laut damaliger Pressemeldung den so genannten ,,Pseudo-Coupes" den Kampf an. Kernstück des M 635 CSi ist ein Reihensechser mit Hochdrehzahlkonzept, direkt implementiert aus dem Bayern-Porsche M1.
Wie sich die Zeiten doch ändern: 23 Jahre später kommt im neuen 6er der erste Diesel, der 635d. Der aus dem X3 bekannte Sportdiesel schickt 286 PS an die Hinterachse. Sportwagenwerte garantiert die neue Twin-Turbo-Technik, schon bei 1.750 Umdrehungen liegt das volle Drehmoment von bärigen 580 Nm an. Das garantiert einen Mörder-Bumms und katapultiert das gut 1,7 Tonnen schwere Luxus-Coupe in 6,3 Sekunden auf Tempo 100.
Inbegriff des Luxus-Coupés
Knapp sieben Liter Verbrauch verspricht BMW, das wäre angesichts der Fahrleistungen sensationell. Vor 20 Jahren schluckte der M 635 noch elf Liter Super-Benzin bei gleicher Leistung. Ein Beschleunigungswert von 6,4 Sekunden und Topspeed von 255 machten das bayrische Express-Coupe zum schnellsten Viersitzer seiner Zeit. Preislich herrscht ebenfalls Gleichstand, wenn man die Währungsreform außer Acht lässt. Denn unser voll ausgestatteter neuer 635d knackte mal so eben die 100.000 Euro-Marke. Der M 635 CSi kostete mit Vollausstattung 1989 gut 107.000 D-Mark. Dafür bekam man vor 20 Jahren immerhin Buffalo-Leder, Klimaanlage, elektrische Sitzverstellung mit Memory-Funktion und Gimmicks wie den Borcomputer.
Damals wie heute - der 6er ist der Inbegriff des BMW-Luxus-Coupés. Auch der aktuelle Spross bildet da keine Ausnahme und ist Innovationsträger der Münchner Edelschmiede. Efficient Dynamics, Head up Display, Dynamic Drive und Aktivlenkung sind hier als Schlagworte zu nennen.
Beim Design gehen Opa und Enkel allerdings getrennte Wege, schließlich geben mutige Formen bei BMW den Ton an, seit Chris Bangle in der Designabteilung das Zepter schwingt. Vor allem das berüchtigt-wulstige Heck-Bürzel sorgt für Aufsehen in der Szene. Braver und klassischer gibt sich der Vorgänger - trotz des markanten Heckspoilers, der nur die M-Version auf den Asphalt presste. Zwei Türen, langer Radstand und steil abfallende C-Säulen - Chef-Designer Paul Bracq zeichnete mit dem alten Sechser einen Traum von klassischem Sport-Coupé. Die tief liegende Spoilerlippe und das M-Logo hatte der M 635 CSi exklusiv.
Ein Diesel im Sportcoupé - in den Achtzigern wäre das eine Freveltat, im Falle BMW Rufschädigung gewesen. Heute gewinnen Diesel-Renner die 24 Stunden von Le Mans, und BMW führt im Segment der sportlichen Luxus-Coupés den Diesel ein. Wir wagen den Vergleich, das Traumauto im Wandel, alt gegen neu, Diesel gegen Super.
Unser Testfahrer - unbestechlich und unparteiisch
Am Steuer für uns: Mitch Mitländer, Chef des Testkommando Mitch. Er ist Schiedsrichter im Generationenkonflikt. Mitch war vor 20 Jahren selbst im eigenen 6er unterwegs, spricht also aus ,,Er-Fahrung" - und ist sofort wieder begeistert: ,,Dieser Sechszylinder mit 24 Ventilen und Einzeldrosselklappen ist auch heute noch ein wirklich toller Motor", sagt unser Testfahrer. ,,Er ist fein zu fahren, kraftvoll und macht einen Riesen-Spaß. Und dann dieser Sound..." In der Pylonengasse macht sich der Altersunterschied dann aber doch bemerkbar: ,,Damals war das durchaus sportlich, aber für heutige Verhältnisse haben wir ein zu starkes Schaukeln in der Karosserie", schlägt Mitch auch kritische Töne an.
Hier hängt der 635d den Opa klar ab. Dank des strafferen Fahrwerks in Verbindung mit ,,Dynamic Drive" wankt der moderne 6er weniger beim Richtungswechsel und umrundet die Pylonen so deutlich schneller. Hinzu kommt die exzellente Lenkung: ,,Hier spürt man die 25 Jahre Unterschied", meint Mitch. ,,Der neue 6er hat eine zielgenaue Lenkung, die mit dem kleineren Lenkrad viel mehr Spaß macht als im M 635 CSi." Auch am Motor hat Mitch nichts zu beanstanden: ,,Durch die 580 Newtonmeter, die das Fahrzeug dank des Doppelturboladers schon ab 1.750 Umdrehungen bringt, hat man im unteren Drehzahlbereich einen enormen Schub. Das geht hinauf bis 4.400 Umdrehungen, wo der Motor die maximale Leistung bereitstellt." Hinzu kommt die butterweiche Sechsgang-Automatik, die hervorragend zur Charakteristik des Motors passt.
Das Fazit
Zwei Mal BMW-Coupé, zwei Mal Faszination, aber ein Vierteljahrhundert Altersunterschied - Zeit für ein Fazit: ,,Wir haben im M 635 CSi einen tollen Motor, der damals direkt aus dem M1 entnommen worden ist", sagt Mitch. ,,Doch Fahrwerk und Lenkung genügen nicht mehr ganz den heutigen Ansprüchen an ein sportliches Luxuscoupé dieser Preisklasse." Der 635d hat Mitch dagegen komplett überzeugt: "Toller Motor, tolles Konzept - da brauchen wir keinen Benziner mehr. Der 635d ist ein dynamisches Luxus-Coupé, das zum Reisen gedacht ist, aber auch zum sportlichen Fahren und Spaß haben." Doch ein Manko hat Mitch dann auch am Diesel-6er entdeckt: ,,Der einzige Punkt, den man verbessern könnte, wäre der Sound." Diese Wertung gewinnt also ganz klar der M 635 CSi.