Der Dauertest unseres 120d ist fast zu Ende. Zum Abschied waren wir nochmals gemeinsam unterwegs - zur Tourenwagen-WM in Oschersleben.
Abschiede sind meist schmerzhaft. Das gilt besonders dann, wenn einem der Verlassene richtig ans Herz gewachsen ist. Die Redaktion von http://www.motorvision.de muss in diesen Tagen einen solchen Abschied verkraften - unser Dauertester 120d verlässt uns. Auf seiner letzten großen Tour hat sich der kleine Münchner noch einmal nachhaltig in mein Gedächtnis gefahren.
Gemeinsam haben wir das einzige Deutschland-Gastspiel der Tourenwagen-WM in der Motorsportarena Oschersleben besucht und dabei einen Zwischenstopp im Erzgebirge eingelegt. Das bedeutet: Knapp 1.400 Kilometer in zweieinhalb Tagen, ständig zwischen nervenaufreibenden Staus, deren Umfahrung auf der Landstraße und Highspeed-Autobahn-Etappen pendelnd: Der 120d musste also kurz vor Dauertestende noch einmal sein ganzes Können aufbieten.
Los geht´s am Freitagnachmittag gegen 15 Uhr. Der 1er muss sich also durch den dicksten Pendler-Rückreiseverkehr in Richtung Nordosten quälen. Das gibt mir die Gelegenheit, das Navigationssystem auf Herz und Nieren zu testen. Wie steht es um die Bediensicherheit? Wie funktioniert die dynamische Routenführung? Hat man sich auf das iDrive eingeschossen, scrollt man sich erstaunlich flink durch die logisch aufgebauten Menüs. Auch die Stauumfahrung funktioniert gut: Bis auf eine Ausnahme, als mich der Bayer um einen Stau geleitet hat, den es nicht gab, hat alle Ärgernisse erkannt und mich über Land daran vorbeigeführt. Angenehmer Nebeneffekt: Auf den kurvigen Straßen der Oberpfalz, des Vogtlandes und des Erzgebirges kann das Sportfahrwerk unseres Dauertesters (Bestandteil des M-Paketes) zeigen, was es kann. Fast ohne Karosserieneigung pfeift der 1er um die Ecken, stets präzise kommandiert von der exzellenten und ultradirekten Lenkung. Anzeichen von Über- oder Untersteuern? Gibt es nur, wenn es der Pilot massiv übertreibt. Und werden dann vom DSC feinfühlig pariert, ohne dass die Insassen davon viel mitbekommen.
[strong]Frühaufsteher unterwegs[/strong]
Am nächsten Morgen geht es für uns beide schon sehr früh los, der Start in Sachsen erfolgt um sieben Uhr. Damit der 1er auch wach ist, gibt es zuerst eine kalte Dusche in Form eines Waschstraßenbesuchs. Entsprechend munter geht der Münchner die Sache an: Die Autobahn ist frei und verzichtet meist auf Tempolimits. Gute Voraussetzungen, um Strecke zu machen - und der Münchner weiß sie zu nutzen. Mit dem Topspeed von 225 km/h (laut Tacho sogar etwas mehr) geht es die A4 und A14 Richtung Magdeburg. Auf den inzwischen gut ausgebauten Autobahnen macht die Highspeed-Jagd massig Spaß. Zumal auch der Komfort stimmt: Der Motor hält sich selbst bei hohem Tempo angenehm im Hintergrund, dezent säuseln die Windgeräusche im Hintergrund. Nur bei Querrillen und Spurrinnen ist Vorsicht geboten: Dank des harten, aber herzlichen Fahrwerks dringen erstere spürbar in den Innenraum durch und läuft der 1er letzteren nur allzu gerne nach. Entsprechend konzentriert muss der Fahrer zu Werke gehen, um das Auto in jeder Situation exakt auf Kurs zu halten.
In Oschersleben angekommen, hat der 1er aber erst einmal Pause. Jetzt bestimmen die tollkühnen Helden der Rennstrecke mit ihren knatternden Kisten die Szenerie: In den Rennen der Formel BMW und International Formula Master liefert sich der internationale Rennfahrer-Nachwuchs heiße Rad-an-Rad-Duelle. Die Boliden der International GT Open (unter anderem zahlreiche Ferrari F430 GT2, Dodge Viper GT3 und ein besonders brutal klingender Marcos Mantis) sorgen für ein Soundspektakel der besonderen Art. Von wegen langweiliger Markenpokal: Wenn die Rennsemmeln der Mini Challenge mit ihren sägenden Kompressormotoren durch die Magdeburger Börde pfeifen, sind beinharte Zwei- (meist sogar Mehr)kämpfe an der Tagesordnung. Das Hauptevent sind aber die beiden Läufe zur Tourenwagen-WM (WTCC), an der BMW mit der Rennversion des 320si teilnimmt. Nicht nur das: Bisher haben die Münchner alle Titel des Championats abgeräumt: 1987 mit Roberto Ravaglia im legendären M3 E30, in den letzten beiden Jahren mit Andy Priaulx. Der Brite gilt auch in diesem Jahr wieder als einer der Favoriten und liegt vor dem Lauf in Oschersleben auf dem dritten Gesamtrang. Nur der Brasilianer Augusto Farfus sowie Jörg Müller, der als Gesamtführender zum Heimrennen reist, liegen vor Priaulx.
[strong]Kampf der Konzepte[/strong]
Die Chancen stehen gut, dass der weißblaue BMW-Propeller in Oschersleben auch diesmal wieder besonders hell glänzt. Immerhin haben die Bayern neun der letzten zehn im Bördeland ausgetragenen Rennen gewinnen können. Doch die Konkurrenz schläft nicht und hat mit anderen Fahrzeugkonzepten aufholen können. Das gilt besonders für Chevrolet: Bei fünf von 14 Saison-Läufen konnten die Amerikaner mit koreanischen Genen Siege feiern - darunter ein Doppelsieg und zwei Dreifach-Triumphe. Alfa-Pilot James Thompson gelang als einzigem Fahrer in dieser Saison beim Spanien-Gastspiel in Valencia das Kunststück, beide Rennen des Wochenendes zu gewinnen. Das Bemerkenswerte daran: Der für Rennwagen-Verhältnisse uralte Alfa Romeo 156 wird seit mehreren Jahren nicht mehr weiterentwickelt. Dagegen kann Seat als Enttäuschung der Saison bezeichnet werden. Als Mitfavorit in die Saison gestartet, konnten die Spanier bis Oschersleben nur ein Rennen gewinnen (Gabriele Tarquini beim zweiten Lauf in Zandvoort). Um den Spieß umzudrehen, haben sich die Iberer etwas Besonderes einfallen lassen: Sie schicken die beiden Piloten Ivan Muller und Jordi Gené seit dem letzten Rennwochenende in Anderstorp mit Turbodieselmotoren an den Start.
Ein Kampf der Fahrzeugkonzepte also, der in Oschersleben mit zwei spannenden Rennen seinen Höhepunkt erreicht. Wie diese ausgehen und wie das Fazit zu unserem Dauertester 120d lautet, lesen Sie im zweiten Teil des Abschlussberichtes.