Land Rover Discovery TDV6 HSE Test: Einer wie Helmut, Franz und Clint

, 26.07.2012


Wahre Originale sind über jeden Zweifel erhaben: Ob Helmut Schmidt in der Politik, Franz Beckenbauer im Sport oder Clint Eastwood in Hollywood. Über jeden Zweifel erhabene Autoritäten gibt es aber nicht nur unter den Menschen, sondern auch auf vier Rädern. Zu dieser erlesenen Gruppe von Ikonen und zeitlosen Objekten der Begierde gehört der Land Rover Discovery. Auf seine Art ist er so unverwechselbar wie unantastbar; denn nach dem Motto "What you see is what you get" gibt er nichts anderes vor, als seine herausragenden Qualitäten: Quadratisch, praktisch, gut und - wenngleich auf relativ hohem Niveau - im reinsten Wortsinne absolut "preiswert".

Wer preiswert ist, muss mindestens soviel bieten, wie er kostet. Beim 211 PS starken Basisdiesel Discovery TDV6 sind das beachtliche 46.700 Euro. Dafür bietet er bei Bedarf jederzeit sieben Sitze (Sitz sechs und sieben platzsparend und einfach versenkbar), eine Klimaautomatik, gigantische 2.476 Liter Ladevolumen, eine elektronische Luftfederung und somit neben hohem Komfort stolze 240 mm Bodenfreiheit und 700 mm Wattiefe, sowie das Offroad-Rundum-Sorglospaket namens „Terrain Response“. Dazu vermittelt der Disco seinem Besitzer serienmäßig die Überzeugung, in einem authentischen Fahrzeug unterwegs zu sein, fernab jeglicher Poser-Allüren.

Image: Britisches Understatement in Reinkultur

Zum Understatement des Land Rovers gehört seine hervorragende Geländetauglichkeit, die ganz ohne übertriebene Hochbeinigkeit, zur Schau getragene Seilwinde oder überdimensionierte Trittbretter auskommt. „Terrain Response“ übernimmt je nach Anforderung elektronisch die exakten Einstellungen für die Mittendifferenzialsperre, die Getriebeuntersetzung oder die Bergan- und die Bergabfahrhilfe - schon passieren die Passagiere im Discovery problemlos Rampen, Böschungen, tiefes Gewässer oder grobes Geröll, die sie eben noch für unüberwindbar hielten. Das neben ESP serienmäßige Anhängerstabilitätsprogramm ist angesichts der gewaltigen Anhängelasten, die der Disco offiziell ziehen darf (gebremst 3.500 kg, ungebremst 750 kg), absolut wünschenswert.

Und dennoch: Selbst mit frischer Offroad-Patina überzogen macht der unmodisch-zeitlos gestylte Discovery vor der Oper noch eine gute Figur, wo das schick gekleidete Premierenpublikum angesichts mancher aufschneiderischen Gefährte die Nase rümpfen würde. Auf dem Weg dorthin muss der Disco-Pilot außerdem keine Zugeständnisse in puncto Asphalt-Komfort machen; denn der Zweieinhalb-Tonner bewegt sich erstaunlich stabil und bequem kontrollierbar durch das enge Straßengeläuf einer Großstadt.

Dabei genießt die Besatzung ein äußerst dezentes Geräuschniveau, hervorragende Bequemlichkeit auf allen fünf Plätzen (Platz sechs und sieben taugen lediglich für kurze Menschen oder kurze Strecken) sowie die erhabene und würdevolle Übersichtlichkeit eines 1,89 m hohen Fahrzeugs mit entsprechend luftiger Sitzhöhe.

Antrieb: Viel Kraft, bescheidener Verbrauch, souveräne Achtstufenautomatik

Verblüffend geht der Basisdiesel 3.0 TDV6 ans Werk. Immerhin 155 kW/211 PS leistet er, und 520 Nm Drehmoment wuchtet er auf den Antriebsstrang. Und das schon bei 2.000 U/min, was ebenfalls den Fahrkomfort erhöht und die Geräuschkulisse begrenzt. Im harmonischen Zusammenspiel mit der neuerdings serienmäßigen Achtstufenautomatik von ZF sorgt das für eben jene fahrerische Souveränität, die der solide Discovery bereits im Stand verspricht.

An das runde Bedienungsrad der Automatik gewöhnt man sich im wahrsten Sinne im Handumdrehen; denn schon bald wählt man die einzelnen Stufen zielsicher, auch ohne hinzusehen. Die hochgebirgige Drehmomentkurve ermöglicht, dass der Disco sogar in der spritsparenden achten Overdrive-Stufe noch mit ausreichender Schubkraft dahingleitet oder sich bei doch notwendigem Zurückschalten die Stufen sanft und ohne Ruckeln verringern.

Die Kombination aus TDV6 und 8-Gang-Automatik bringt es auf einen Normverbrauch von 8,5 l/100 km. Im Test hat sich diese Angabe als weniger praxisfremd herausgestellt, als das sonst meist der Fall ist. Exakt jene 8,5 Liter verlangte der Disco für die gemütliche und verbrauchsgünstige Fahrt über Schweizer Autobahnen und Landstraßen, allerdings inklusive der Überquerung des San Bernardino-Passes.

8,2 Liter genügten dem Disco für konstante 120 km/h bei voller Beladung auf 100 Kilometern. Selbst im permanenten Vollgastempo von Lindau nach München kam der Verbrauch nie über durchschnittliche 14,2 Liter hinaus. Von der deutsch-österreichischen Grenze bei Bregenz bis zur Haustüre in Schwabing sank der Durst dann sogar auf insgesamt 12,7 l/100 km. Alles in allem kann man den Land Rover Discovery TDV6 erstaunlich sparsam bewegen. Bei bewusst nachhaltiger Fahrweise sind sogar Durchschnittsverbräuche unter 7,0 Liter pro 100 Kilometer möglich.

Absolut empfehlenswert, geradezu unverzichtbar sind angesichts der einparkfeindlichen Sichtverhältnisse und Dimensionen des Landys die Parksensoren vorn und hinten oder am besten eine Rückfahrkamera für 420 Euro. Das große Display bildet den Blick nach hinten erstaunlich brillant ab und macht den gefürchteten Blindflug zur leichten Einparkübung.

Samt optischen und akustischen Hilfen ist dann auch die Länge des Fahrzeugs eine Erleichterung; denn für das gebotenen Stauvolumen sind 4,84 Metern Außenlänge im Vergleich zu manchem Fünf-Meter-Konkurrenten sogar noch relativ city-tauglich. Zum Vergleich: Sogar ein Mercedes GL schluckt nur bis zu 2.300 Liter Gepäck (Discovery 2.476 Liter) und benötigt andererseits eine Parklücke, in die sich seine 5,09 Meter Länge hineinzirkeln lassen. Der Mercedes GL liegt dabei allerdings in einer anderen Preisregion.

Selbst die Mercedes M-Klasse mit einem ähnlich starken 250 Bluetec 4MATIC und 150 kW/204 PS kostet 54.978 Euro und schluckt nur bis zu 2.010 Liter Gepäck, ist dabei aber immerhin 4,80 Meter lang. Die Werte für den VW Touareg 3.0 TDI 4Motion: 150 kW/204 PS, 49.600 Euro, 1.642 Liter, 4,80 Meter Länge. Solche Vergleiche führen zur Überzeugung, dass man mit dem Discovery erstaunlich viel Land Rover für sein Geld bekommt, inklusive der markentypischen Gediegenheit und astreinem Image.

Fazit:

Zugegeben, die horizontal geteilte Heckklappe ist nur für bestimmte Zwecke sehr praktisch, im Alltag jedoch eher hinderlich beim Einladen. Das Bremsen hat der Disco nicht gerade erfunden - kein Wunder bei 3,24 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht und gebremster Anhängelast von bis zu 3,5 Tonnen. Aber: Helmut Schmidt macht niemandem seine Zigarette streitig, Franz Beckenbauer darf beim Spieltipp ruhig mal verkehrt liegen und Clint Eastwood kann ohnehin nichts verkehrt machen. So nimmt man die kleinen Schwächen des Discoverys ebenfalls nicht wahr oder überhört sie aus dem Munde des unwissenden Skeptikers, denn einer wie Helmut, Franz und Clint ist und bleibt unantastbar.


Technische Daten Land Rover Discovery 3.0 TDV6:

Antriebsart: Allradsystem Terrain Response | Hubraum: 2.993 cm³ | Leistung: 155 kW/211 PS | Drehmoment: 520 Nm bei 2.000 U/min | Vmax: 180 km/h | Beschleunigung 0-100 km/h: 10,7 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: 8,5 l/100 km | CO2-Emission: 224 g/km | Basispreis EUR 46.700

1 Kommentar > Kommentar schreiben

18.09.2013

Manch traditioneller Fan wird zukünftig den seidenweichen V8 vermissen...dieser wird ersetzt durch den recht starken SCV6. Der SDV6 (Diesel) gibts zum Glück nach wie vor


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