Gierig frisst der neue Porsche Boxster S (981) die engen Kurven, während die giftige Gasannahme für einen scharfen Durchzug sorgt. Diese Fahrt spricht auf jedem einzelnen Meter die Emotionen wie selten zuvor an. Das hat seinen Grund: Noch nie in der Geschichte des Porsche Boxsters war ein Generationswechsel so umfassend und derart auf Dynamik ausgelegt. Leichter, stärker und muskulöser - kann der kleine Porsche Boxster sogar dem „heiligen“ und fast doppelt so teuren Porsche 911 Carrera Cabrio auf die Pelle rücken? Ist der Boxster deswegen nur halb so gut? Wir wollen klären, wie gut der neue Porsche Boxster S ist.
Bereits optisch zeigt sich der neue Porsche Boxster in der 3. Generation mit einem geschärften Styling, das den Charakter des Mittelmotor-Sportwagens deutlich hervorhebt. Kürzere Überhänge, eine um rund 10 Zentimeter nach vorn versetzte und noch stärker geneigte Frontscheibe, eine flacherer Silhouette und ausdrucksvolle Kanten kennzeichnen die neue Boxter-Generation, die deutlich maskuliner als der Vorgänger auftritt. Die vertikale Scheinwerferlinie zitiert dabei das Porsche-Rennerbe der 1960er- und 1970er-Jahre, während große Lufteinlässe an der Front den Asphalt aufsaugen. Die LED-Tagfahrlichter wurden nun wie beim neuen Porsche 911 integriert.
Eine brandneue Athletik zeigt ebenfalls die gestreckte Silhouette - im geschlossenen Zustand durch ein flach verlaufendes Dach zusätzlich verstärkt. Das Mittelmotor-Konzept betonen derweil die seitlichen Lufteinlässe, die visuell starke Akzente setzen. Besaß der Vorgänger noch die Tür vom Elfer, erfreut sich der Boxster endlich seiner eigenen Tür. Wie bei den rassigsten Sportwagen sitzen die Außenspiegel nun auf den Türen.
Am Heck wirken die nach hinten auslaufenden Kotflügel wie durchtrainierte Muskeln. Was wie eine Abrisskante erscheint, die in die ausdrucksvollen LED-Heckleuchten übergeht, ist jedoch ein Flügel, der bei 120 km/h automatisch ausfährt. Schmal führten die Macher die Blinker aus, welche die Form des Heckflügels weiterführen. Die Rückfahr- und die Nebelschlussleuchte integrierte Porsche effektvoll in der Mitte unterhalb des Heckflügels. Das kraftvolle Design rundet ein Diffusor ab, in dem Porsche beim Boxster S ein zweiflutiges Endrohr mittig integrierte.
Der im Vergleich zum Vorgänger um 6 Zentimeter verlängerte Radstand und die reduzierte Höhe bilden zusammen mit bis zu 20 Zoll großen Rädern die Basis für einen athletischen Auftritt. Die Fahrstabilität und die Kurvendynamik verbessern die vorne und hinten signifikant vergrößerte Spurweite. Der neue Porsche Boxster S ist 4,374 Meter lang, 1,801 Meter breit und 1,281 Meter hoch. Den Radstand gibt Porsche mit 2,475 Metern an. Die Fahrzeugüberhänge erweisen sich als noch kürzer wie beim Vorgänger, so dass der Boxster trotz der längeren Karosserie weiterhin ein kompakter Roadster bleibt, der satt auf der Straße liegt.
Zur Leichtigkeit trägt das beim neuen Porsche Boxster S, in unserem Fall mit dem Porsche-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) ausgestattet, um 30 Kilogramm reduzierte Gewicht auf nur noch 1.350 Kilogramm bei. Insofern interessant, dass der Porsche Boxster durch die gestiegenen Anforderungen an Sicherheit und Torsionssteifigkeit immerhin rund 20 Kilogramm mehr mitschleppt. Über 46 Prozent der Boxster-Rohkarosserie bestehen aus Aluminium.
Antrieb: Hemmungslose Performance
Jeder Muskel des offenen Zweisitzers ist austrainiert und wartet nur darauf, sich in Bewegung zu setzen. Ein lässiger Knopfdruck auf die Fernbedienung genügt, um das serienmäßig vollelektrische Stoffverdeck in nur ca. 9 Sekunden zu öffnen bzw. zu schließen - während der Fahrt bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h. In das Akustikverdeck integriert ist eine beheizbare, kratzfeste und 12 Zentimeter breitere Heckscheibe aus Glas.
Der 3,4 Liter große Sechszylinder-Boxermotor leistet nun 315 PS bei 6.700 U/min (5 PS mehr als der Vorgänger) und ein maximales Drehmoment von 360 Nm, das über ein breites Drehzahlband hinweg zwischen 4.500 und 5.800 U/min anliegt. Untermotorisiert? Keineswegs: Hier treffen 315 PS auf lediglich 1.350 Kilogramm Fahrzeuggewicht. In Verbindung mit dem Mittelmotor-Konzept und einer agil ausgelegten Gewichtsverteilung von 46 Prozent vorne und 54 Prozent hinten sowie einem dynamisch ausgelegten Fahrwerk sind das beste Voraussetzungen für ein absolutes Vergnügen.
So ausgerüstet, beschleunigt der neue Boxster S mit dem 7-Gang-PDK in nur 5,0 Sekunden von 0 auf Tempo 100 und weiter bis zu einer Spitze von 277 km/h. Als noch spurtstärker erweist sich der Boxster S mit dem aufpreispflichtigen „Sport Chrono Paket“, das den klassischen Sprint in nur 4,8 Sekunden meistert. Der kleine Porsche zeigt mit diesen Werten, wo der Haken hängt.
Jeder Tritt auf das Gaspedal wird im Sport-Modus von einem wunderbar röhrenden, fast süchtig machenden Sound aus der Sportabgasanlage kräftig untermalt. Der Boxster hängt leicht am Gas. Manchmal kommt das Gefühl auf, der Boxster denkt mit: Bei kurzen, starken Gaspedaltritten für spontane Beschleunigungsvorgänge setzt das bestens abgestimmte PDK sofort auf möglichst niedrige Gänge, um die Performance genau in diesem Augenblick zu erhöhen.
Da bei uns ausschließlich der unbändige Fahrspaß in den Bergen im Vordergrund stand, waren wir außerstande, einen repräsentativen kombinierten Durchschnittsverbrauch zu erzielen. In Kombination mit dem Doppelkupplungsgetriebe gibt Porsche durch effizienzsteigernde Maßnahmen den Durchschnittsverbrauch mit nur 8,0 Litern auf 100 Kilometern an, was einem CO2-Ausstoß von 188 g/km entspricht. Doch dieser Motor ist bekannt dafür, dass er sich durchaus spritsparend fahren lässt - wenn man möchte.
Zur Effizienz trägt neben der Möglichkeit des „Segelns“ (antriebsloses Rollen) und der Start-Stopp-Funktion, die sich selbstverständlich deaktivieren lässt, ein neues Thermo-Management bei. Durch eine gezielte Steuerung und durch die bedarfsgerechte, stufenweise Zuschaltung der verschiedenen Kühlkreisläufe heizen sich Motor und Getriebe schneller auf. Dies reduziert die Reibung - und damit den Spritverbrauch. Zudem bewirkt das Thermo-Management bei sportlicher Fahrweise eine Absenkung des Temperaturniveaus, um eine hohe Performance zu ermöglichen.
Fahrwerk: Die pure Sucht nach Kurven
Der neue Porsche Boxster giert nach Kurven und spielt seine Stärken dort im wahrsten Sinne des Wortes richtig aus. Durch das Mittelmotor-Konzept, die kompakten Maße, die breitere Spur, das leichte Gewicht und die Power beginnt der Fahrspaß in den Bergen erst richtig: Bissig erobert der Boxster eine Kurve nach der anderen und beweist dabei eine hohe Stabilität und Traktion. Das neue Fahrwerk stellt in der Tat den Beginn einer neuen Ära dar: Porsche umrundete die Nürburgring-Nordschleife mit dem neuen Boxster S in nur 7:58 Minuten - das sind 12 Sekunden schneller als mit dem vergleichbar ausgestatteten Vorgängermodell.