VW Touareg Hybrid Test: Der Alibi-Spritsparer

, 18.03.2014


Den VW Touareg als Volks-SUV zu bezeichnen, wäre etwas zu vermessen, hält man sich einmal den Kaufpreis und die schier endlose Liste an Zusatzausstattung vor Augen, mit der sich die Konfiguration bereichern lässt. Insbesondere seit dem Facelift mit LED-Scheinwerfern und -Rückleuchten wurde der Touareg sehr ansehnlich und passt mehr denn je in ein modernes und schickes Großstadtbild als in unwegsames Waldgebiet. Dennoch bietet der VW Touareg in beiden Terrains erstaunlich gute Fahreigenschaften, denen wir uns in diesem Test genauer widmen möchten.

Als Motorisierung unsere Testwagens gelangt der V6 Hybrid mit 380 PS zum Einsatz, der durch die Koppelung eines elektrischen Motors für eine bessere Energiebilanz und für Einsparungen beim Spritverbrauch sorgen soll. Ob der VW Touareg Hybrid auch diesem Effizienz-Anspruch gerecht wird, das prüften wir genauer.

Bevor wir uns der Effizienz zuwenden, bleiben wir bei den Fakten. Downsizing ist in aller Munde und so traf es auch den kraftvollen 350 PS starken 4,2-Liter-V8-Vorgänger des Toauregs, den Volkswagen kurzerhand gegen einen V6-Kompressor mit zusätzlichem Elektromotor ersetzte. Der VW Touareg Hybrid bringt es damit auf eine Systemleistung von 380 PS. Der Dreiliter-V6-Kompressor, der im Audi S4 debütierte und bei Volkswagen den Zusatz TSI bekam, trägt dazu mit 333 PS bei, die von einem 46 PS starken Elektromotor unterstützt werden. Das Gespann nennt sich dann Parallel-Hybrid und soll neben der Kraftstoffeinsparung für einen Extra-Boost sorgen.

Im Gegensatz zum Hybrid-Veteran Toyota setzt Volkswagen nicht auf ein Planetengetriebe, welches das tadellose Zusammenspiel aus Elektro- und Benzinmotor ermöglicht, sondern auf den bereits erwähnten Parallel-Hybrid. Hier sitzen Verbrennungsmotor, E-Antrieb und die neue Achtgang- Wandlerautomatik auf nur einer Antriebswelle, wobei sich der Benzinmotor über eine Kupplung im Bedarfsfall komplett trennen lässt.

So ausgestattet, sprintet der VW Touareg Hybrid in nur 7,0 Sekunden auf Tempo 100 und beendet seinen Vortrieb erst bei 240 km/h. Dabei soll sich das 2,4 Tonnen schwere Dickschiff nach EU-Norm lediglich 8,2 Liter pro 100 Kilometer genehmigen.

Spriteinsparung: Papier vs. Realität

In der Theorie schaltet die Elektronik den Benzinmotor aus, wann immer er nicht gebraucht wird und sorgt durch den Betrieb des E-Motors für eine Spriteinsparung. Das beginnt beim Ampelstopp und geht im Schiebebetrieb bis zu 160 km/h. Zusätzlich sorgt der Elektromotor beim Bremsen durch die Rückgewinnung der Bremsenergie für ein Aufladen der Batterie.

In der Praxis sieht das allerdings so aus, dass das System sehr nervös reagiert und der Akku nicht sehr lange ausreichend Energie für ein Fahren aus rein elektrischer Energie ermöglicht. Der E-Boost beim Überholen, der für zusätzlichen Schub sorgt, funktioniert hingegen tadellos. Leider konnten wir bei unserem Test nur einen geringen Spritsparvorteil erzielen und verbrauchten in unserem zweiwöchigen Test im Durchschnitt eher 13 bis 14 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometern als die angegebenen 8,2 Liter.

Das von Volkswagen entwickelte Hybrid-System funktioniert dem Prinzip nach sehr gut und die optische Darstellung auf dem Bildschirm bietet einen guten Überblick über die gerade aktiven Aggregate. Leider bietet das System jedoch in der Praxis aufgrund des hohen Fahrzeuggewichtes und der häufig nicht kalkulierbaren Fahrwege (so dass diese für eine Effizienzsteigerung sorgen würden) keine enormen Spritsparmöglichkeiten. In unserem Test fuhren wir ferner viel Kurzstrecke - hier konnte das System seine Vorteile leider nur bedingt ausspielen.

Individualisierungsoptionen und elektronische Helferlein in Hülle und Fülle

Tadellos zeigen sich die Ausstattungsmöglichkeiten des VW Toauregs, der bereits durch eine üppige Standardausstattung wie den Xenon-Scheinwerfern mit Kurvenfahrlicht und LED-Tagfahrlicht, der Lederausstattung und der automatischen Klimaanlage „Climatronic“ glänzt. Serienmäßig befindet sich ferner ein Radio-CD- und Info-System an Bord, das sich intuitiv über einen 6,5 Zoll großen Touchscreen steuern lässt. Das Radio-Navigationssystem „RNS 850“ hingegen ist aufpreispflichtig.

Die umfangreiche Sonderausstattungsliste, die unter anderem das größte Panorama-Schiebedach aller SUV, die Rückleuchten in LED-Technik oder sicherheitsrelevante Systeme wie den Spurwechselassistenten „Side Assist“ und den Spurhalteassistenten „Lane Assist“ bereithält, erleichtern einem das Leben im Touareg gehörig. Dazu tragen die Fahrerassistenzsysteme zu einem sicheren, entspannten und komfortablen Fahrgefühl bei. Die innovative Umgebungsansicht „Area View“, inklusive Rückfahrkamera und Parkdistanzkontrolle, erkennt mittels vier Kameras das Umfeld des Touaregs und schafft zusätzliche Sicherheit.

Auch der optische und haptische Anspruch kommt dabei nicht zu kurz. So lässt sich der VW Touareg durch Leder-, Carbon- und Alcantara-Aplikationen individualisieren. Neben klimatisierten Vordersitzen und feinsten Materialien gibt es für den Touareg auch Ausstattungselemente unter dem Label „Exclusive" von Volkswagen Individual. Zu den optional bestellbaren Features zählen unter anderem 19-Zoll-Leichtmetallfelgen des Typs „Girona“, Dekoreinlagen aus Edelholz und eine Nappa-Lederausstattung in den Zweifarbenkombinationen „Dark Burgundy / Titanschwarz"“oder „Pepperbeige / Titanschwarz".

Verblüffende Passanten gehören zum Alltag

Der Innenraum lässt sich nach dem persönlichen Geschmack individualisieren und Geschmack liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Verblüffend hingegen sind die erstaunten und teilweise kurzzeitig erschrockenen Passanten; denn diese hören den 2,4 Tonnen schweren „Dickmann“ in der Regel gar nicht ankommen. Fährt man im rein elektrischen Betrieb, sind nur die Abrollgeräusche zu hören, ansonsten herrscht Stille. Die Kraft des 46 PS starken Elektromotors reicht dabei allerdings nur für wenige Kilometer und eine Geschwindigkeit von 50 km/h. Bei Kurzstrecken ist häufig nach wenigen hundert Metern bereits Schluss, da die Batterien noch über eine zu geringe Ladung verfügen.

Ebenfalls im Hinblick auf die Verbrauchswerte modifizierten die Macher den serienmäßigen Allradantrieb. In der Grundversion verfügen alle Touareg der neuen Generation über einen Allradantrieb mit selbstsperrendem Torsenverteilergetriebe (4MOTION; Steigfähigkeit 31 Grad). Ähnlich wie der Tiguan Track & Field besitzt der Touareg zudem ein „Offroad-Fahrprogramm", das via Knopfdruck das Antiblockiersystem ABS, die elektronische Differentialsperre EDS und die Antriebsschlupfregelung ASR auf den Geländeeinsatz abstimmt, den Bergabfahrassistenten aktiviert und die Automatikschaltpunkte anpasst.

Anders als viele denken, fühlt sich der VW Touareg im Gelände richtig wohl und meistert Steigungen, Gefälle und schwierige Hindernisse, ohne dabei ins Schwitzen zu geraten. Selten muss man dabei als Fahrer aktiv in die Elektronik eingreifen; denn diese erledigt anfallende Einstellungen souverän im Hintergrund. Selbstverständlich klappt das auch in der Hybrid-Version erstklassig. Der Spagat zwischen Großstadtdschungel und Offroad-Einsatz ist gelungen.

Der Innenraum vereint Komfort und luxuriösen Anspruch

Volkswagen machte den Touareg nicht nur leichter, sparsamer und somit agiler gegenüber dem Vorgänger, sondern zu einem noch besseren Allrounder. Der Innenraum zeigt sich funktionell, die Sitze sind komfortabel und die Beinfreiheit im Fond erweist sich als sehr gut. Die Rücksitzbank lässt sich sogar um 16 Zentimeter in der Länge und die Lehne zudem in der Neigung verstellen. Auf Wunsch per elektrischem Tastendruck entriegelt, ist die Lehne in Sekunden umgeklappt und gibt 1.642 Liter Kofferraumvolumen frei.

Die Parkbremse wird auf Knopfdruck aktiviert und der Motor stellt sich automatisch an Ampeln ab und startet erneut, sobald der Fahrer die Fußbremse löst (das Start-Stopp-System ist deaktivierbar). Optional öffnet und schließt die Heckklappe per im Schlüssel integrierter Funkfernbedienung.

Die automatische Distanzregelung ACC mit dem integrierten „Front Assist“ bremst zur Not bis zum Stillstand und strafft vorsichtshalber die Gurte. Bi-Xenonscheinwerfer mit „Dynamic Light Assist“ sehen den Gegenverkehr und regeln das Fernlicht ohne zu blenden, während der adaptive Wankausgleich dafür sorgt, dass der Touareg souverän auf der Straße liegt.

Alles in allem stellt der VW Touareg auch als Hybrid einen Oberklasse-Geländewagen dar, der hohen Komfort, sportliche Fahreigenschaften und Premium-Qualität vereint. Der Touareg schafft dabei den Spagat, das Beste aus der Pkw- und Offroad-Welt in einem Konzept zu vereinen. Mit einem Basispreis ab 77.350 Euro ist der Touareg Hybrid allerdings nicht gerade ein Schnäppchen. Um mit der Hybrid-Variante den Aufpreis von mehr als 20.000 Euro gegenüber dem Modell mit V6-Dieselmotor über die Kraftstoffkosten zu amortisieren, reicht die Spriteinsparung nicht aus.

Fazit: Alibi-Spritsparer mit Extra-Boost

Der VW Toaureg Hybrid bleibt leider nur ein „Alibi-Spritsparer“, überzeugt aber dennoch durch seine sehr guten Fahreigenschaften und schafft den Spagat zwischen prestigeträchtigem Großstadt-SUV und geländegängigem Offroader perfekt. Wer auf der Suche nach einem geräumigen SUV ist, der sowohl das nötige Prestige vor dem Golfclub bietet als auch den Weg durch unbefestigtes Terrain sicher findet, der ist mit dem VW Toaureg bestens beraten.

Wer zudem die Laufruhe eines 6-Zylinders und den Motorsound eines Benziners zu schätzen weiß, der sollte sich trotz einer nicht wirklich nennenswerten Spriteinsparung den V6-Hybrid einmal genauer anschauen; denn der zusätzliche Schub durch den E-Motor bietet einen besonderen Reiz, der gerade bei Überholmanövern einen Hauch von Formel 1 versprüht (KERS).

Technische Daten VW Touareg Hybrid:

Antriebsart: Allradantrieb | Hubraum: 2.995 cm³ | Leistung: 279 kW/380 PS (Gesamtleistung) | Drehmoment: 580 Nm bei 3.000-5.250/min | Vmax: 240 km/h | Beschleunigung 0-100 km/h: 6,5 Sekunden | Durchschnittsverbrauch: 8,2 l/100 km | CO2-Emission g/km: 193 | Preis: ab 77.350 EUR

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