Enttäuschung: Nur 52.000 Fans in Hockenheim

, 20.07.2014

Die Befürchtungen nach dem schleppenden Vorverkauf haben sich bestätigt: Formel-1-Wochenende in Hockenheim zieht weniger Zuschauer an als je zuvor

Der Grand Prix von Deutschland hat einen Heimsieg für Mercedes und Nico Rosberg gebracht, es gab herrliche Duelle und spektakuläre Szenen - kurz: guten Rennsport und angenehme Unterhaltung. Doch aus der "schwarzen Null mit Ach und Krach" (Hockenheim-Geschäftsführer Georg Seiler) ist nichts geworden. Am Renntag wurden in Hockenheim nur 52.000 Besucher registriert, somit erheblich weniger als in den Jahren 2010 (63.000) und 2012 (59.000). Die Szene rätselt über das mangelnde Interesse.

"Nach Silverstone und Österreich war es für mich schon eine Überraschung, dass es heute nicht voll war. Vielleicht war die Promotion vor dem Rennen nicht gut genug, schätze ich. Deutschland ist Mercedes, Nico, Vettel - mehr geht nicht, um die Zuschauer anzuziehen. Aber ich schätze, Hockenheim hat nicht genügend Werbung für das Rennen gemacht. So einfach ist das", kritisiert Niki Lauda. "Warum sind die anderen voll? Es sind dieselben Autos und dieselben Leute."

Ein Beobachter setzte die enttäuschende Kulisse mit folgenden Worten in Relation: "52.000 Fans am Renntag. Das sind weniger als in Silverstone allein am Donnerstag vor Ort waren!" Ein Phänomen negativer Art, dass sich bislang kaum erklären lässt. Eine Übersättigung an sportlichen Erfolgen, nachdem Deutschland Weltmeister im Fußball geworden ist? Nein, das lässt Formel-1-Promoter Bernie Ecllestone nicht gelten.

"Ich finde nicht, dass die Deutschen derzeit im Sport zu dominant sind. Im Leben bekommt man immer das, was man verdient. Die Fußballer haben den Titel verdient, weil sie die Besten sind. Und Nico ist derzeit auch sehr gut unterwegs", so der Brite bei 'RTL', deren TV-Team an diesem Wochenende zum 400. Mal ein Formel-1-Rennen auf die Bildschirme brachte. Auch die Einschaltquoten entwickeln sich nicht gerade positiv. Es liegt also nicht daran, Motorsportfans zur Strecke zu locken, sondern es müssen generell neue Fangruppen begeistert werden.

Die Show auf der Strecke stimmt

"Die jüngsten Rennen waren toll zum Anschauen, es wurde viel überholt, es gab reichlich Action. Der Sport ist in guter Form. Was wir sehen, ist prima", meint Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Die Formel 1 betreibt also mit den Rennen jederzeit Werbung in eigener Sache? Vielleicht. Allerdings sind die typischen - teils politisch motivierten - Diskussionen abseits der Rennstrecke womöglich zu schädlich. Es wird mehr über Regeln, doppelte Punkte, strittige Strafen und fehlenden Sound gesprochen als auf der Strecke gefahren.

"Das hilft nicht, in der Tat", so Wolff. "Wir haben das am Anfang heruntergespielt. Wir alle - viele von uns - sind verantwortlich dafür. Wir müssen aber die Fans verstehen, die manche Aspekte des Sports kritisieren. Doppelte Punkte, Motorensound - es gibt viele Dinge, um die man sich kümmern sollte. Wir brauchen aber keine Revolution, sondern eine Evolution. Wir müssen offen sein für Meinungen und am Ende alles in eine gute Richtung lenken."

"Die Show stimmt. Unsere Show ist nicht schlechter als die Show in anderen Sportarten", meint Ferrari-Superstar Fernando Alonso. "Wir hatten zuletzt wirklich schöne Zweikämpfe. In den ersten zwei oder drei Rennen dieses Jahres war es vielleicht nicht ganz so gut, aber seit einigen Rennen ist es viel besser. Wir vermissen immer noch etwas Tempo in den Autos. Wir sind immer noch zu nahe an der GP2. Außerdem ist der Sound noch nicht so gut."

Am gleichen Wochenende: Nürburgring viel voller!

"Aus sportlicher Sicht machen wir alle alles richtig", ist Wolff überzeugt. Er selbst sehe für den Sport auch keinen nachhaltigen Schaden, auch nicht für die Businessbühne Formel 1. "Wir versuchen, die Marke gut in Szene zu setzen, unseren Produkten einen gewissen Schliff zu verleihen. Das leistet die Formel 1 noch immer", ist der Österreicher überzeugt. Wolff möchte in Fragen der Vermarktung und der Darstellung an den jeweiligen Schauplätzen die Verantwortung bei Bernie Eccelstone und den örtlichen Promotern belassen.

"Es ist schwierig das zu verstehen", sagt Red-Bull-Teamchef Christian Horner, der die Eindrücke von seinem Heimrennen in Silverstone noch präsent hat. Aus Sicht des Briten ist der örtliche Veranstalter gefragt, die Promotion zu verbessern und die Ticketpreise womöglich an die hiesigen Verhältnisse anzupassen. "Gibt es einen generellen Trend, wonach die Leute einfach viel mehr Optionen bei ihrer Freizeit-Beschäftigung haben? Welche Rolle spielt die digitale Welt? Ich weiß es nicht", so Toto Wolff.

"Wir müssen das große Gesamtbild kennenlernen, um eine Antwort zu bekommen. Das ist wichtig", sagt der Mercedes-Rennleiter, der in den kommenden Wochen eine tiefere Analyse erwartet. "Es ist anders als noch vor 15, 20 Jahren. Damals konntest du nicht eben mal ins Internet gehen und alles blitzschnell vor dir haben. Da hat sich alles grundlegend verändert", sagt Wolff. Was man dabei womöglich schnell vergisst: Auch die Besucher des Truck-Grand-Prix an diesem Wochenende am Nürburgring werden vernetzt sein und ähnliche Bedürfnisse haben - dort waren aber seltsamerweise mehr als doppelt so viele Fans wie in Hockenheim.

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