Lewis Hamilton: Halo ist schlimmste Erfindung der Formel 1

, 04.03.2016

2017 soll die Formel 1 mit der Einführung des Halo-Systems noch sicherer werden, doch schon jetzt laufen Fahrer wie Lewis Hamilton dagegen Sturm

Am Kopfschutz Halo (deutsch: Heiligenschein) scheiden sich derzeit die Formel-1-Geister. Für mehr Sicherheit vor allem in der Kopfregion gedacht, sorgt der Cockpit-Aufsatz vor allem für eines: Kopfschütteln. Der Ärger der Fans ist groß, auch zahlreiche Fahrer sprechen sich gegen die Einführung des Halo-Systems im nächsten Jahr aus. Hielt sich Weltmeister Lewis Hamilton am Donnerstag vor der Presse mit eindeutigen Lippenbekenntnissen noch zurück und schlug lediglich die Hände vor dem Kopf zusammen, wurde er kurz darauf auf Instagram deutlicher.

"Bitte nicht!" schreibt er dort und bezeichnet den Halo-Cockpitschutz als die "hässlichste Modeerscheinung in der Formel-1-Geschichte". Klare Worte des Briten, der das Ringen um mehr Sicherheit versteht, aber keine Notwendigkeit sieht, die Boliden derart zu verändern: "So wie es ist, ist es vollkommen in Ordnung."

Ganz anderer Meinung ist da Hamiltons Teamkollege Nico Rosberg: "Ich denke, dass es ein großer Schritt im Bereich Sicherheit ist, da wir in den vergangenen Jahren viele tödliche Unfälle hatten. Das hätte die Leute geschützt, also ist es ein großer Schritt, der dringend benötigt wird", sagt er.

Rosberg weiß, dass sich viele vor allem am Aussehen des aufgesetzten Bogens um das Cockpit stören. Doch er glaubt, "mit ein bisschen Überarbeitung könnte es ganz cool aussehen. Also bin ich dafür."

Halo-System von Ferrari in Barcelona getestet

Bisher kamen allein die Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel in den Genuss, einen Prototyp des Halo-Systems in Barcelona zu testen. Der Finne gilt als einer der größten Kritiker, doch sein Urteil nach nur einer Installationsrunde fiel erstaunlich positiv aus: Er sei überrascht gewesen, wie wenig die Sicht beeinträchtig werde. Am Freitag soll Sebastian Vettel den Halo-Schutz testen, um sich eine Meinung zu bilden.

Andere Fahrer haben die auch ohne Testfahrt mit Cockpit-Aufsatz. So war Nico Hülkenberg einer der ersten, der Widerstand zeigte: "Mich persönlich spricht das nicht an. Sicher, es geht um Sicherheit, aber wir sollten den Sport so attraktiv wie möglich belassen", sagt der Force-India-Pilot.

Die Sicherheit in der Formel 1 sei schon sehr hoch, man dürfe sie nicht zu sehr verweichlichen: "Die Formel 1 braucht gewisse Gefahren. Das macht den Sport auch sexy - und das braucht die Formel 1. Ich selbst fühle mich im Auto recht sicher, daher brauchen wir das aus meiner Sicht nicht", findet Hülkenberg.

"Es sieht nicht gut aus": Felipe Massa kritisiert Optik

Andere Fahrer sehen es weniger rigoros wie Hülkenberg und Hamilton, auch wenn die Optik des Schutzes zu wünschen übrig lasse: "Es sieht nicht so gut aus. Die Sicherheit ist das Wichtigste, und ich bin mit Halo absolut einverstanden, oder auch mit einem geschlossenen Cockpit. Ich bin gespannt, wie es wird", sagt Felipe Massa. Ihm war im Jahr 2009 in Budapest eine Stahlfeder gegen den Helm geknallt und hatte ihn schwer verletzt. Ein Unfall, der mit einem Cockpitschutz vielleicht hätte verhindert werden können.

Formel-1-Rookie Jolyon Palmer ist da allerdings skeptisch: "Es wird die Sicherheit definitiv verbessern, aber ich glaube nicht, dass es eine Feder abhalten kann." Wie viele Fahrer mag er die offenen Cockpits. Sie seien auch für die Fans attraktiver. Ähnlich sieht es Felipe Nasr: "Es müssen viele Dinge berücksichtigt werden: Sicht, Sicherheit, Statik und wie es für die Show und den Zuschauer aussieht."

Doch möglicherweise ist das Halo-System nur der Anfang. Das zumindest glaubt Bob Bell:"Ich bin mir sicher, dass wir Entwicklungen sehen werden, die darüber hinausgehen - möglicherweise komplett geschlossene Cockpits", sagt der Renault-Technikchef. Bevor es soweit ist, muss sich erst einmal das Halo-System bewähren.

Behindert das Halo-System die Sicht der Fahrer?

Größte Sorge dabei ist derzeit noch die Sicht. Red-Bull-Teamchef Christian Horner zweifelt deshalb daran: "Sicherheit und der Schutz des Kopfes sind sehr wichtig, aber ich bin kein Fan dieses Systems. Ich denke, die Formel 1 kann das besser machen. Wir könnten uns etwas Eleganteres ausdenken." Red Bull testet daher demnächst ein Halo-System, das zusätzlich durchsichtig verkleidet ist.

Ex-Rennfahrer und Formel-1-Experte Marc Surer ist jedoch überzeugt, dass die Sicht nicht in Mitleidenschaft gezogen wird: "Ich habe mal einen Flügel gefahren, der vorne auf dem Cockpit montiert war. Da habe ich auch gesagt, als ich eingestiegen bin, ich kann damit nicht fahren, das ist mir im Blickfeld", gibt er zu. "Doch sobald ich rausgefahren bin, habe ich von dem Flügel, dem Stab da vorne nichts mehr gesehen. Man schaut dran vorbei und nimmt es überhaupt nicht mehr wahr."

Surer ist fest davon überzeugt, dass der Halo-Kopfschutz bei herumfliegenden Bauteilen, Reifen oder Unfällen wie dem zwischen Kimi Räikkönen und Fernando Alonso in Österreich 2015 Schlimmeres verhindern kann.

Ob er Jules Bianchi hätte schützen können, als er beim Großen Preis von Japan 2014 gegen einen Kran prallte, wird angezweifelt. Für seinen Vater Philippe Bianchi ist das Halo-System nur ein erster Schritt, um die Sicherheitslücken des offenen Cockpits zu schließen: "Es überzeugt mich noch nicht und muss unbedingt weiterentwickelt werden", so Bianchi.

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