Mercedes' Achterbahnfahrt: Zittersieg und Pfennigdefekt

, 11.10.2015

Wie aufregend der Russland-Grand-Prix für Lewis Hamilton wirklich war: Turbulenter Start mit gebremstem Schaum, Beinahe-Teamcrash und ein wackeliger Heckflügel

Auf den WM-Titel in der Fahrerwertung und die Konstrukteurs-Krone mit Mercedes muss Lewis Hamilton noch warten, dennoch ist ihm beim Russland-Grand-Prix in Sotschi am Wochenende Historisches gelungen. Der Brite feierte seinen 42. Grand-Prix-Erfolg in der Formel 1 und überholte damit sein Jugendidol Ayrton Senna. Dazu zog er in der ewigen Bestenliste zur kompletten Statistik mit Sebastian Vettel gleich. "Es war ein ganz besonderer Moment", erklärt ein sichtlich bewegter Hamilton.

Der 30-Jährige denkt dabei vorwiegend an Senna: "Weil ich an Ayrton vorbeigezogen bin", erklärt er seine emotionale Reaktion. "Als ich auf den letzten Runden war, schoss mir in den Kopf, was für ein Traum das alles ist." Um den dritten Titelgewinn seiner Laufbahn in der Königsklasse perfekt zu machen, benötigt Hamilton beim in zwei Wochen anstehenden US-Grand-Prix neun Punkte mehr als Vettel und zwei Zähler mehr als Teamkollege Nico Rosberg, dem in Sotschi ein Pfennigteil zum Verhängnis wurde.

Am Auto des Wiesbadeners ging nach wenigen Runden ein Dichtungsring in der Mechanik kaputt. Infolge des Defekts reagierte das Gaspedal nicht mehr, weshalb Rosberg seinen Boliden in Führung liegend abstellen musste. "Schlecht für die Konstrukteurs-WM und schlecht für Nico persönlich", bedauert Niki Lauda, hat aber im Blick, dass Mercedes von einer Strafe gegen Kimi Räikkönen profitieren und in Russland noch feiern könnte. "Auf diese Art und Weise zu gewinnen ist nicht mein Ding", sagt Lauda.

Wolff bedauert Rosberg-Ausfall: "Sport kann brutal sein!"

Obwohl größter Profiteur ist auch Hamilton enttäuscht wegen des Rosberg-Ausfalls: "Ich war so gespannt, weil ich dachte, wir würden uns ein Duell liefern. Es ist schade", blickt er auf einen intensiven Zweikampf in den ersten Runden zurück, bei dem er drauf und dran war, sich den ersten Platz auf der Strecke zu schnappen. Als sich das Problem mit Glück erledigte, war es ein einsames Rennen an der Spitze, in das Vettel offenbar wider der Erwartung Hamiltons nicht mehr eingriff: "Als Sebastian hinter mir war, dachte ich, dass wir miteinander kämpfen würden", bedauert der Sieger.

Sportchef Toto Wolff dürfte in der Box aufgeatmet haben, als es am Start zwischen seinen beiden Schützlingen gesittet zuging: "Lewis war im Hinblick auf die Meisterschaft defensiver, als wir ihn normalerweise kennen. Aber Nico hat auch gut dagegengehalten", sagt er am 'RTL'-Mikrofon und fügt an: "In Suzuka hat es noch ganz anders ausgesehen." Den Defekt beim sich gut verteidigenden Rosberg bedauert er: "Es ist Pech, es ist ein mechanischer Sport. Mir tut es unheimlich leid für Nico. Manchmal ist der Sport einfach so brutal. Er hatte so eine tolles Wochenende und eine klasse Startrunde."

Hamilton spricht von "bester Zeit" seiner Formel-1-Karriere

Dass es nicht mit Hamilton krachte, als er kurz nach der grünen Ampel in Kurve 4 verdächtig dicht auf das Heck des Schwesterautos auffuhr, begründet der Champion mit dem Virtuellen Safety-Car (VSC), dass nach dem Unfall mit Mittelfeld hätte aktiviert werden können: "Dann muss man so langsam wie möglich fahren, um sicher zu sein, dass man bei der nächsten Messstelle nicht zu schnell war. Aber das Safety-Car kam und es war nicht nötig. Wir waren in Action, er bremste - und ich wollte uns nicht beide aus dem Rennen schießen."

Was bei seinen einsamen Runden vor dem Feld kaum auffiel: In der Folge hatte auch Hamilton, der sich mühelos von Verfolger Valtteri Bottas absetzte, ein technisches Problem, das Wolff noch nicht näher benennen kann. Der Österreicher zitterte: "Deswegen mussten wir vorsichtig sein. Es hat dazu geführt, dass der Heckflügel instabil wurde. Das bereitete uns doch ein paar Sorgen. Ich hatte zum Jahresende hin zumindest auf ein ganz normales Rennen gehofft."

Der Brite selbst jedoch relativiert die Schwierigkeiten an seinem Auto und zeigt sich unbesorgt: "Eigentlich war es gar nicht so großes Problem. Ich habe es dann einfach locker angehen lassen", so Hamilton weiter. Er beschreibt jedoch, dass ihm auch mögliche Bremsplatte infolge kleiner Fahrfehler noch Sorge bereitet hätten, schließlich hätte sein Vorsprung nicht für einen möglichen Notstopp gereicht.

Die Perspektive, in Austin die WM zu gewinnen macht Hamilton sprachlos: "Das wusste ich gar nicht. Ich muss jetzt einfach Abstand gewinnen und genießen. Ich sehe keine einzelnen Rennen, sondern den Rest der Saison als Ganzes. Das ist die beste Zeit meiner Karriere." Wolff hat Rosberg trotz des großen Rückstandes noch nicht abgeschrieben: "Nico ist jetzt in seiner Situation, in der er ruhig bleiben muss. Er ist ein irrsinniger Kämpfer", weiß der Sportchef.

Jetzt kommentieren
Jetzt bewerten

Zum Bewerten musst Du registriert und eingeloggt sein.

Weitere Formel 1-News

Lewis Hamilton bejubelte den Konstrukteurs-Titel ohne davon zu wissen

Titel am Grünen Tisch: Mercedes ist …

Die FIA hat es mit einer Strafe gegen Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen am Grünen Tisch entschieden: Mercedes hat sich beim Russland-Grand-Prix in Sotschi am Sonntag zum zweiten Mal in Serie die …

Nico Rosberg fuhr am Freitag in Sotschi die zweitbeste Zeit des Tages

Mercedes: Fehler von Singapur soll sich nicht wiederholen

Das Mercedes-Team belegte im Freien Freitagstraining zum Grand Prix von Russland in Sotschi die Positionen zwei (Nico Rosberg) und sieben (Lewis Hamilton), die Bedeutung dieser Rundenzeiten geht jedoch gegen …

Will Stevens hofft auf ein zweites Jahr bei Manor-Marussia

Stevens: Trotz Mercedes-Deal keine Angst vor Pascal Wehrlein

Seitdem in der vergangenen Woche offiziell verkündet wurde, dass Manor-Marussia im nächsten Jahr in der Formel 1 mit Antrieben von Mercedes fahren wird, rückt die Fahrerfrage beim britischen …

Manor-Marussia erhält ab 2016 den besten Antrieb der Formel-1-Szene

Aus für Lotus & Red Bull: Manor-Marussia 2016 mit Mercedes

Hinterbänkler Manor-Marussia wird in der kommenden Formel-1-Saison seine Antriebsstränge bei Mercedes und weitere Technikkomponenten bei Konkurrent Williams beziehen. Das bestätigen die …

Ecclestone bestreitet, Mercedes im TV absichtlich ignoriert zu haben

Bernie Ecclestone dementiert TV-Bann gegen Mercedes

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone hat Verschwörungstheorien rund um die TV-Übertragung des Grand Prix von Japan in Suzuka eine Absage erteilt. Dass die Fahrzeuge von Mercedes während des Rennens …

AUCH INTERESSANT
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China

AUTO-SPECIAL

GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China

Während sich in Deutschland die Mobilität noch im Umbruch zum Elektroauto befindet, wird in China bereits an der nächsten großen Offensive gearbeitet: der Wasserstoffantrieb für Autos - und das …


Formel1.de

TOP ARTIKEL
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den Unterschied
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den …
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit Mega-Reichweite
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit …
News-Abo
Jeden Morgen kostenlos per E-Mail:
Aktuelle Artikel
Bridgestone Turanza 6: Sommerreifen für weniger Verbrauch
Bridgestone Turanza 6: Sommerreifen für weniger …
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China


Speed Heads - Sportwagen- und Auto-Magazin

Das Auto und Sportwagen Magazin mit täglich aktualisierten Auto News, Motorsport News, Auto Tests, Sportwagen Berichten und der streng geheimen Auto Zukunft. Speed Heads ist die Community für echte Auto-Fans und informiert im Sportwagen Magazin über Neuigkeiten aus der Welt der schnellen Autos.

  • emotiondrive Logo
  • World Car Awards Logo
  • Motorsport Total Logo