Nach Startsituation: Rosberg verstimmt, Hamilton uneinsichtig

, 27.09.2015

Spannungen bei Mercedes? Nico Rosberg steht mit seiner Meinung, er habe in Kurve 2 eine Kollision verhindert, erneut ziemlich alleine da...

Welcher Mercedes-Fahrer den Grand Prix von Japan in Suzuka 2015 gewinnt, wurde bereits auf den ersten Metern entschieden. Polesetter Nico Rosberg und Lewis Hamilton bogen Seite an Seite in die erste Kurve ab. Zunächst sah es so aus, als würde Hamilton die Führung übernehmen, dann witterte kurz Rosberg seine Chance - aber letztendlich zog der Deutsche im Rad-an-Rad-Duell gegen seinen Mercedes-Teamkollegen den Kürzeren. Wieder einmal.

Die Meinung, dass Hamilton dabei um eine Spur zu ruchlos agierte ("Unter Teamkollegen macht man das nicht"), vertritt 'Sky'-Experte Marc Surer keineswegs exklusiv. Sogar Mercedes-Teamchef Toto Wolff wollte sich im ersten Moment - ganz diplomatisch - nicht zu einem sofortigen Urteil hinreißen lassen: "Die Frage ist, ob man zu zweit durch dieses Eck fahren kann oder nicht. Das müssen wir genau analysieren, bevor wir irgendeinen vorschnellen Schluss ziehen."

Als alle Beteiligten ausreichend Zeit hatten, sich die Situation im TV anzusehen, kam im Mercedes-Lager neuerlich ein Hauch von Spannung auf. "Ich musste ausweichen, sonst hätte es eine Kollision gegeben", sagt Rosberg und verleiht seinem stillen Unmut Ausdruck, indem er anfügt: "Es ist schwierig, das jetzt zu kommentieren." Doch genau wie in Spa-Francorchamps 2014 hofft er auch diesmal vergeblich auf Unterstützung seitens der Teamführung.

Lauda stärkt Hamilton den Rücken

Hamiltons Verhalten sei "absolut in Ordnung" gewesen, findet nämlich Silberpfeil-Aufsichtsrats-Chef Niki Lauda. Ganz im Gegenteil: Rosberg habe seine Chance "bis zu einem gewissen Grad" selbst versemmelt, "aber bei so einer Extremsituation am Start habe ich niemanden etwas vorzuwerfen. Die beiden werden darüber bestimmt kurz diskutieren. Aber für mich war es ein ganz normaler Rennverlauf. Dafür kann man niemandem die Schuld geben."

Hamilton selbst hatte sowieso "nicht das Gefühl, dass es so eng war. Innen ist innen, es war meine Kurve." Er erklärt sein Raustragen zunächst instinktiv mit Untersteuern am Ausgang der ersten Kurve. Von Ex-Formel-1-Fahrer Martin Brundle vor laufenden Kameras damit konfrontiert, dass er das in Wahrheit absichtlich gemacht habe, gibt Hamilton selbstbewusst grinsend zu: "Wenn du außen bist und lupfst, musst du damit rechnen, dass das passiert!"

"Es ist nicht das erste Mal, dass wir in so einer Situation sind. Es ist hart, klar, aber das ist keine freundliche Schachpartie, sondern hier geht's ums Ganze", hält der WM-Leader fest. "Ich habe nichts Gefährliches getan, was ihn aus dem Rennen schieben hätte können, aber ich wollte gewinnen. Mehr denn je." Und: "Ich bin superstolz auf mich, denn als Racer weiß ich: Das musste sitzen. Wenn ich es nicht hinbekommen hätte, würde ich mich jetzt in den Hintern beißen."

"Hat nichts mit weich sein zu tun"

Viele Experten ziehen daraus den Schluss: Wenn es hart auf hart kommt, ist Rosberg der, der früher zurücksteckt - und Hamilton aus eben diesem Grund zweimaliger Weltmeister. Das lässt Wolff so nicht stehen: "Das hat nichts mit weich sein zu tun. Es ist immer schwierig, gegen deinen Teamkollegen zu fahren." Dass Rosberg trotzdem ein echter Racer ist, habe er später mit einem "großartigen" Überholmanöver gegen Valtteri Bottas bewiesen.

"Ich würde nicht sagen, dass es eine Tendenz gibt, wonach Lewis immer gewinnt, wenn es Rad an Rad geht. Das ist definitiv nicht der Fall", relativiert der Österreicher. "Nico hat die WM noch nicht aufgegeben. Das entspricht nicht seinem Charakter. Wir versuchen, eine gute Atmosphäre im Team aufrechtzuerhalten, ohne Animositäten. Manchmal, wenn ein Fahrer nett rüberkommt, wird ihm das als Schwäche ausgelegt. Aber das ist nicht so."

Technisches Problem oder Fahrerfehler?

Zumal heute möglicherweise auch ein technischer Grund bei Rosbergs Start mitgespielt hat. Schon nach wenigen Sekunden erreichte die Temperatur der Antriebseinheit einen kritischen Bereich, was Leistung kostete. Phasenweise auch später im Rennen, wie man dem Boxenfunk entnehmen konnte, aber "besonders für den Kampf in den ersten zwei Kurven", wie Wolff erklärt: "Ich habe noch keine Erklärung dafür. Aber es gab definitiv einen leichten Leistungsverlust."

Nachsatz: "Von dem wir noch nicht wissen, ob der Fahrer selbst daran schuld war." Denn dass Antriebseinheit und Kupplung im richtigen Temperaturfenster sind, ist seit Einführung der neuen Startregeln in Spa-Francorchamps noch entscheidender geworden - und das hat der Fahrer während der Aufwärmrunde zumindest zum Teil selbst in der Hand. Wolff: "Das managt der Fahrer in der Installation-Lap. Dafür gibt es unterschiedliche Prozeduren."

Befürchtungen, wonach der "Krieg der Sterne" wie vor einem Jahr im WM-Finish eskalieren könnte, gibt es diesmal nicht. Erstens, weil Rosberg fünf Rennen vor Schluss (fast aussichtslos) 48 Punkte Rückstand hat - und zweitens, weil die teaminternen Spannungen aus Mercedes-Sicht von den Medien schon immer dramatisiert dargestellt wurden: "Wir hatten einen Zwischenfall in Spa, vor einem Jahr. Seither nichts mehr", betont Lauda.

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