Pirelli: Riesiger Aufwand für Formel-1-Saison 2017

, 14.07.2016

Der Wechsel zu breiteren Rädern zur Formel-1-Saison 2017 bringt Pirelli viel Arbeit: Neue Maschinen, neue Materialien, viele Tests und Kosten in unbekannter Höhe

Mit der Einführung eines erheblich veränderten technischen Regelwerks soll die Formel 1 zur Saison 2017 erheblich schneller werden. Durch neue Aerodynamik wird rund 20 Prozent mehr Abtrieb erzeugt, die Reifen werden breiter (vorne plus 60 mm, hinten plus 80 mm) und die Entwicklung der Antriebe wird zudem nicht stillstehen. Im Durchschnitt sollen die Rundenzeiten -um fünf Sekunden kürzer sein als in der laufenden Grand-Prix-Saison 2016.

Mehr Anpressdruck, ein höheres Fahrzeuggewicht und schnellere Kurvengeschwindigkeiten sorgen für eine zusätzliche Belastung der Pirelli-Reifen. All diese Werte müssen in die Entwicklung der Pneus für 2017 einbezogen werden - viel Arbeit für die Techniker des italienischen Herstellers. "Viel von unserer Arbeit wird gar nicht sichtbar", sagt Pirelli-Projektleiter Mario Isola über die Entwicklungen seines Unternehmens im Hinblick auf die kommende Saison.

"Wir starten mit einem Modell im Computer, führen dort sogenannte Filter-Analysen durch. Dadurch erfahren wir, wie das neue Material wirkt und wie ein solcher Reifen funktionieren wird. Dann kommen Prototypen, mit denen wir Indoor-Tests absolvieren. Dabei wird die Haltbarkeit dann schon ersichtlich. Es passiert enorm viel abseits der Strecken, was niemand zu Gesicht bekommt", schildert der Italiener. "Für 2017 sind diese Arbeiten schon beendet. Müssen sie auch, wenn wir Anfang August erstmals fahren wollen."

Im August kommen die Neuen: Schwarz, breit, stark?

Am Dienstag und Mittwoch wurden die 2017er-Mischungen an einem Mercedes des Jahrgangs 2014 beim Test in Silverstone ausprobiert. Pascal Wehrlein fuhr mit dem alten W05 an zwei Tagen insgesamt 1.036 Kilometer . Die Gummimischungen waren neu, die Dimensionen der Pneus aber noch die alten. "Es gab viele wichtige Erkenntnisse, die wir nun analysieren", sagt Pirelli-Rennleiter Paul Hembery. "Als nächstes kommt der erste Test mit den neuen Reifengrößen."

Bei Probefahrten am 1. und 2. August wird die neue Generation von Pirellis an einem Ferrari in Fiorano getestet - zunächst auf nasser Strecke die Regenreifen. Bis Jahresende folgen dann weitere neun Probefahrten über insgesamt 20 Tage, die allesamt mit Autos von Ferrari, Mercedes und Red Bull absolviert werden. Die farblichen Markierungen der verschiedenen Reifentypen und Mischungen (z.b. Gelb für Soft) werden im kommenden Jahr unverändert sein.

Große Veränderungen gibt es unterdessen im Ferrari-Formel-1-Werk. Für die neue Generation Pneus mussten Maschinen modifiziert, Testumgebungen neu gestaltet und Werkszeuge angepasst werden. Man baut derzeit einen weiteren Prüfstand. "Wir haben viel investiert", sagt Mario Isola. "Wir haben bei uns im Vergleich zu vor drei oder vier Jahren nun doppelt so viele Mitarbeiter, die am Projekt Formel 1 beteiligt sind", sagt er. "Was uns das alles kostet? Keine Ahnung, ich habe es nie durchgerechnet. Es ist wird ziemlich viel sein."

Formel-1-Gewicht: Fünf Kilogramm mehr doch neue Gummis

Pirelli hat den Vertrag mit der Formel 1 bis 2019 verlängert. Unter veränderten Voraussetzungen will man Kompetenz darstellen. "Es gibt für 2017 klare Forderungen", sagt Isola. "Die Reifen sollen etwas länger halten, die Fahrer sollen über einen längeren Zeitraum Vollgas fahren können. Das bedeutet für uns einen Wechsel der Philosophie. 2011 hatte man uns den Auftrag erteilt, einen Reifen zu bringen, der heftig abbaut, sodass es drei oder vier Stopps geben muss. Jetzt müssen wir erheblich andere Reifen bauen, mit anderen Dimensionen und mit anderen Materialien."

"15 bis 20 Prozent mehr Performance wird es geben, vor allem durch mehr Grip in den Kurven. Die Topspeeds dürften ähnlich sein wie in diesem Jahr. Die Rundenzeiten-Verbesserungen ergeben sich durch höheres Tempo in den Kurven", schildert der Gummi-Fachmann. "Das Startgewicht wird höher sein. Einmal um 20 Kilogramm und dann noch zusätzlich das Mehrgewicht der neuen Räder - also nicht nur Reifen, sondern auch die 2017 etwas schwereren Felgen."

Das Gewicht der einzelnen Pneus wird an der Front um jeweils ein Kilogramm höher sein, am Heck kommen pro Stück noch einmal 1,5 Kilogramm hinzu. Um wie viel schwerer die Felgen werden, ist noch unklar. Pirelli testet mit Aluminium-Rädern, die Teams setzen auf Magnesium als Werksstoff für die Felgen. Allein durch die Tatsache, dass die Dimensionen der Pneus größer sein werden, muss 2017 für jedes Rennen ein zusätzlicher Container mit dem "schwarzen Gold" auf Reisen gehen.

Dieser Frachtraum könnte auch für den Transport von zusätzlichen Reifensätzen genutzt werden - zumindest in der Anfangsphase der Saison, wo die Teams mit ihren Nominierungen noch komplett im Dunkeln tappen werden. "Der Plan ist, die Regeln so beizubehalten. Wir sprechen aber mit den Teams, wie wir es zum Start in das Jahr handhaben wollen", sagt Isola. "Es gibt komplett neue Reifen. Da wird es schwierig, weit vor dem ersten Rennen die passenden Mischungen auszusuchen."

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