BMW 328 Kamm Coupé: Zurück in die Zukunft

, 25.04.2010

Bei der Mille Miglia des Jahres 1940 konnte sich BMW siegreich in die Analen des Straßenrennens eintragen. Alle BMW-Rennsportkarosserien, die bei der Mille Miglia in jenem Jahr teilnahmen, begeistern noch heute die Autoenthusiasten. Nur einer aus der silbernen BMW-Rennsportflotte fehlte: Das BMW 328 Kamm Coupé - benannt nach dem deutschen Aerodynamik-Pionier Wunibald Kamm. Die Spur des Wagens, der damals bereits während des Rennens ausschied, verliert sich im Jahr 1953. Jetzt ließ „BMW Classic“ den Rennwagen neu aufbauen, der bei der heutigen Mille Miglia im Mai 2010 startet.


Bei BMW war man sich der Einmaligkeit der Mille Miglia-Fahrzeuge schon bald nach dem Sieg 1940 bewusst und so schaffte man die Rennwagen schnellstens aus München weg, um sie - auf dem Land versteckt - vor der Zerstörung im Krieg zu schützen. Das gelang auch; denn alle fünf Fahrzeuge überlebten nahezu unversehrt. Es waren allerdings die Wirren der frühen Nachkriegszeit, die dazu führten, dass BMW die Wagen verlor.

Einige der alliierten Soldaten waren bereits in ganz Deutschland auf der Suche nach seltenen Rennfahrzeugen. Und so kam es, dass die drei Mille Miglia Roadster nach Russland, England und in die USA verschwanden. Das siegreiche Touring-Coupé, zunächst in der Hand der Amerikaner, konnte ein leitender BMW-Mitarbeiter retten, nahm es aber bei seiner Auswanderung ebenfalls mit über den großen Teich.


Lediglich das Kamm-Coupé blieb in Deutschland. Ernst Loof, der frühere BMW-Rennleiter, hatte es für sich gesichert und nutzte es als Privatwagen. Mittlerweile war Loof selbst Autohersteller und versorgte das aufstrebende Nachkriegsdeutschland mit den schnellen Veritas-Rennsportwagen. Immer in finanziellen Nöten, musste er sich nach einigen Jahren von dem Schmuckstück trennen. Ein langes Leben unter seinem neuen Besitzer war dem Kamm-Coupé allerdings nicht beschieden, da es schon Anfang der 1950er-Jahre nach einem Unfall verschrottet wurde.

 

Die Pläne zur Wiederherstellung des BMW 328 Kamm Coupés wurden bereits Mitte der 1990er-Jahre geboren. Doch dies gestaltete sich äußerst schwierig, weil es keinerlei Konstruktionsunterlagen des Kamm-Coupés gab, auch der Bestand an historischen Fotos war gering. Unter tatkräftiger Mithilfe eines Münchner Privatsammlers gelang es jedoch, nicht nur einen größeren Bestand an Fotos zusammenzutragen, die das Fahrzeug in verschiedensten Perspektiven zeigten, auch standen nun wieder genügend Aufnahmen der eigentlichen Rohrrahmen-Konstruktion zur Verfügung.


Nun ging es an die schwierige Aufgabe, aus den vorhanden Informationen das Abbild eines Gesamtfahrzeugs zu formen. Zunächst scannten die Macher die aussagekräftigsten Fotos, um als Basis in einem 3D-Geometrieprogramm zu dienen. Dann wurden die einzigen sicheren Konstanten wie Felgendurchmesser, Einpresstiefe, Größe der Scheinwerfer, Türgriffe, Flügelmuttern, Winker und BMW-Embleme eingearbeitet, bis sie in jeder Projektion am gleichen Platz standen.

Jedes Bild ergab dann weitere Bezugspunkte für Radausschnitte, Fenster und andere Teile in Bezug auf die festgelegten Konstanten. Nach und nach verdichtete sich die Information, bis sich ein virtuelles Volumenmodell ergab, in dem jedes Detail mit jeder Ansicht des Fahrzeuges übereinstimmte. Daraus wurde für eine spezielle Maschine ein Fräsprogramm generiert, das aus einem riesigen hochverdichteten Schaumblock ein Modell in Originalgröße erstellte.


Ein Restaurator wurde damit beauftragt, ein originales BMW-Chassis um 20 Zentimeter zu verlängern und einen Stahl-Gitterrohrrahmen nach den Fotovorlagen zu bauen. Im Rahmen der Konzeption für das neue BMW-Museum kam allerdings die Idee auf, den filigranen Elektron-Gitterrohrrahmen des Kamm-Coupés als Demonstrationsobjekt für den Bereich „Leichtbau“ wieder herzustellen. Mit Hilfe eines Spezialisten gelang es, eine genaue Kopie des ursprünglichen Gitterrohrrahmens zu bauen. Als Material wählte man Aluminium anstelle des ursprünglichen Elektrons und kam damit gewichtmäßig dem Original sehr nahe.

 

Der Restaurator René Große aus Wusterwitz in Brandenburg nahm das Schaummodell als Basis für einen Abdruck in GFK, in das die Rohre für den Gitterrohrrahmen eingepasst wurden. Für die Außenhaut verwendete man Teile eines zweiten Satzes Karosseriebleche aus Reinaluminium, welche die Meisterschule fertigte. Dazu kamen noch alle neuanzufertigenden Bleche im Innenbereich, wie innere Kotflügel, Spritzwand, der doppelte Karosserieboden, Armaturenbrett und Tank.


Als interessantes konstruktives Detail erwiesen sich die 40 Millimeter breiten Aluminiumstreifen, die an den Außenkanten der Blechhaut auf dem Rohrrahmen verschweißt waren. Um diese wurde die Außenhaut auf wenigen Millimetern Breite nach innen umgebörtelt, um so optisch filigrane Kanten an der Motorhaube, den Fenstern, Türen und Radkästen zu erhalten. Dieses Detail, ebenso wie die Konstruktion des Haubenscharniers und der Türscharniere, ließ sich BMW einst patentieren, so dass es dafür Zeichnungen gab, nach denen man die Teile so originalgetreu wie nur möglich nachbauen konnte.


Weitere Herausforderungen stellten die technischen Veränderungen dar, die das Kamm-Coupé von seinen Brüdern aus der Serie unterschied, wie nach hinten versetzter Kühler, Motor und Getriebe, eine modifizierte Hinterachse, sowie eine Vielzahl weiterer Veränderungen, die eine aufwändige Kleinarbeit nach sich zogen.

Jetzt kommentieren
Jetzt bewerten

Zum Bewerten musst Du registriert und eingeloggt sein.

Weitere BMW-News
BMW Concept Gran Coupé: Die Zukunft des viertürigen Coupés

BMW Concept Gran Coupé: Die Zukunft des viertürigen Coupés

Elegant und mit ausgeprägt dynamischen Proportionen beeindruckt das neue BMW Concept Gran Coupé. Der Viertürer stellt nicht nur irgendeine Studie dar, sondern gibt tiefe Einblicke in die …

Hamann BMW Z4 Roadster: Das offene Aufwiegeln purer Dynamik

Hamann BMW Z4 Roadster: Das offene Aufwiegeln purer Dynamik

Für Leidenschaft und Dynamik unter freiem Himmel sorgt der aktuelle BMW Z4 (E89). Noch mehr Emotionen ruft allerdings das neue Tuning-Program von Hamann hervor, das für den Roadster mit dem klappbaren …

BMW 5er Gran Turismo: The Dwelling Lab als neue Design-Erfahrung

BMW 5er Gran Turismo: The Dwelling Lab als neue …

Was passiert, wenn Künstler und Designer gemeinsam auf den BMW 5er Gran Turismo treffen? Die Antwort: „The Dwelling Lab“ als Sinnlichkeit des Raumes. BMW und die dänische Textilmanufaktur Kvadrat schufen …

BMW 740d xDrive: Jetzt auch Allrad für den Top-Diesel

BMW 740d xDrive: Jetzt auch Allrad für den Top-Diesel

Das Top-Modell der sportlichen Luxuslimousine von BMW besitzt ihn bereits: den Allradantrieb im BMW 750i xDrive und BMW 750Li xDrive. Ab September 2010 folgt der Allradantrieb auch im BMW 740d xDrive. Der …

BMW 5er Gran Turismo xDrive: Jetzt kommt der Allrad für alle

BMW 5er Gran Turismo xDrive: Jetzt kommt der Allrad für alle

BMW baut sein Angebot allradgetriebener Fahrzeuge konsequent aus. So stehen ab Juni 2010 alle Motorvarianten des BMW 5er Gran Turismo auch mit dem intelligenten Allradantrieb „BMW xDrive“ zur Verfügung. Der …

AUCH INTERESSANT
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China

AUTO-SPECIAL

GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China

Während sich in Deutschland die Mobilität noch im Umbruch zum Elektroauto befindet, wird in China bereits an der nächsten großen Offensive gearbeitet: der Wasserstoffantrieb für Autos - und das …


TOP ARTIKEL
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den Unterschied
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den …
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit Mega-Reichweite
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit …
News-Abo
Jeden Morgen kostenlos per E-Mail:
Aktuelle Artikel
Bridgestone Turanza 6: Sommerreifen für weniger Verbrauch
Bridgestone Turanza 6: Sommerreifen für weniger …
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China


Speed Heads - Sportwagen- und Auto-Magazin

Das Auto und Sportwagen Magazin mit täglich aktualisierten Auto News, Motorsport News, Auto Tests, Sportwagen Berichten und der streng geheimen Auto Zukunft. Speed Heads ist die Community für echte Auto-Fans und informiert im Sportwagen Magazin über Neuigkeiten aus der Welt der schnellen Autos.

  • emotiondrive Logo
  • World Car Awards Logo
  • Motorsport Total Logo