Superheld „Iron Man“ darf etwas, was sich viele Autoenthusiasten wünschen: Im Hollywood-Blockbuster „Iron Man 3“ fährt sein Alter Ego, der Multimilliardär Tony Stark, einen Audi R8 e-tron. Doch egal, wie reich ein Mensch in der Realität ist: Dieser elektrisch angetriebene Supersportwagen ist vorerst unverkäuflich und dient Audi normalerweise als Versuchsträger, der voller Zukunftstechnologien für kommende Serienmodelle steckt. Weltweit existieren nur 10 Prototypen des Audi R8 e-tron - einem davon durfte ich jetzt richtig auf den Zahn fühlen und erleben, wie emotional Elektromobilität sein kann. Umso schöner, wenn Audi mich sogar zum Driften anstiftete.
Ich soll den Audi R8 e-tron richtig erleben und erhalte nach einer Einführung das Go, meinen dynamischen Vorlieben auf einem Handlingkurs mit schnellen Geraden, langgezogenen Kurven und engen Kehren freien Lauf zu lassen. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und drücke das Gaspedal durch. Der Audi R8 e-tron prescht nach vorne und drückt mich spürbar in den Schalensitz.
In Zahlen ausgedrückt: In nur 4,2 Sekunden spurtet der Elektro-Sportwagen aus dem Stand auf Tempo 100. Das ist zwar nicht ganz so schnell wie der 525 PS starke Audi R8 V10, der den Spurt von 0 auf Tempo 100 mit der 7-stufigen S-tronic in 3,6 Sekunden meistert, doch der Benziner braucht kein 577 Kilogramm schweres Batterie-System mitzuschleppen, das dem R8 e-tron 380 PS und ein sofort anliegendes Drehmoment von gewaltigen 820 Nm beschert, die über zwei Elektromotoren an der Hinterachse verteilt werden. Der synthetisch erzeugte Sound polarisiert und ist bis etwa 60 km/h Geschwindigkeit zu hören. Mir persönlich gefällt das nicht - ich assoziiere mit dem Ton eher ein Golfcart auf LSD.
Doch einen ganz wichtigen Punkt verstand Audi: Einen Supersportwagen zeichnet mehr aus als nur reine Beschleunigungszeiten. Der Audi R8 e-tron besitzt ein Setup extra zum Kurvenräubern, mit dem sich der Elektro-Bolide wie auf Schienen über sich windende Landstraßen fahren lässt. Es bereitet sicherlich Spaß, gelegentlich stumpf auf der Autobahn schnell geradeaus zu fahren. Aber gibt es etwas Schöneres als (weibliche) Kurven?
Wie Audi die Magie heraufbeschwört
Drei Fahrmodi stehen im Audi R8 e-tron zur Verfügung: „Efficiency“, „Auto“ und „Dynamic“. Auch der „ESP Off“-Knopf wird noch eine wichtige Rolle spielen, der sich besser als vierten „Spaß“-Modus bezeichnen lässt. „Efficiency“ klingt für einen sportlichen Fahrer erst einmal langweilig. Aber weit gefehlt: Dieser Modus ist absolut nicht zahm, bietet in Kurven viel Grip und eine nicht aufdringliche elektronische Stabilitätskontrolle (ESP), die über Bremseingriffe fleißig ihren Dienst verrichtet. Auffällig ist, dass der Sportler in engen Kurven untersteuert und insbesondere im ersten Teil der Kurve über die Vorderräder nach außen schiebt.
Doch der Audi R8 e-tron besitzt noch einen ganz großen Trumpf, wenn man die Magie heraufbeschwört: „Torque Vectoring“ lautet das Zauberwort. Um wie immer nur möglich, jedes Gramm Gewicht zu sparen, setzte Audi auf zwei Elektromotoren an der Hinterachse, statt auf einen das Gewicht hochtreibenden Allradantrieb. Den „Auto“- oder „Dynamic“-Modus gewählt, lässt sich „Torque Vectoring“ sofort spüren; denn das zuvor früh einsetzende Untersteuern ist weg, der Audi R8 e-tron fühlt sich deutlich bissiger und leichter an, da der E-Renner jetzt noch schneller Kurven durchfährt und sich aus dem hinteren Teil der Kurve regelrecht herausschieben lässt.
Um die „Magie“ aufzudecken: Audi löste den Verzicht auf den Allradantrieb auf clevere Weise. „Torque Vectoring“ kann nicht nur das kurveninnere Hinterrad abbremsen, sondern gleichzeitig das äußere Hinterrad mit hohem Drehmoment stärker beschleunigen und auf diese Weise die Momente bei schneller Kurvenfahrt bedarfsgerecht verteilen. Das funktioniert erstaunlich gut und das Auto fühlt sich dabei sicher und leicht beherrschbar an. Eindrucksvoll zeigt der Audi R8 e-tron wie schnell die Elektromotoren beim „Torque Vectoring“ auf unterschiedliche Situationen reagieren. In diesem Fall: Schachmatt für ein herkömmliches ESP-System.
Der Audi R8 e-tron ist beim Kurvenwildern richtig schnell und ermöglicht das Fahren einer sauberen Linie sowie das Mitnehmen von viel Speed. Insbesondere der „Dynamic“-Modus zeigt sich von einer noch agileren Seite, die unter anderem in einer schärferen Gaspedalkennlinie mündet und beim „Torque Vectoring“ noch mehr Kraft auf die Hinterräder abgibt - im Optimum sind es brutale 820 Nm, die jedem sportlichen Fahrer ein Lächeln ins Gesicht zaubern dürften.
Lässt sich der emotionale Fahrspaß noch weiter steigern?
Auf der Mittelkonsole befindet sich der „ESP Off“-Knopf, den Audi gerne „Sport“-Modus“ nennt. Für mich ist es der „Spaß“-Modus; denn jetzt greift das elektronische Stabilitätssystem nicht mehr und das „Torque Vectoring“ gelangt in aller Herrlichkeit alleine zum Einsatz, sobald der Fahrer das Lenkrad bei schneller Speed stärker einschlägt. Jetzt ist es sogar möglich, das Heck „sprechen“ zu lassen und etwas zu driften. Die Rundenzeiten auf einem Handlingkurs fallen dadurch deutlich länger aus, aber der Fun-Faktor steigt merklich und ich kann einfach nicht genug davon bekommen.
„ESP off“ im Modus „Auto“ oder „Dynamic“, das kann der Fahrer ganz nach Gusto und persönlichen Vorlieben entscheiden. Fakt ist, der „Dynamic“-Modus verzeiht ohne ESP-Eingriff weniger Fehler, die sich auf die Speed auswirken, bleibt aber dennoch sicher beherrschbar.
Wer schnell unterwegs ist, muss sich bei Bedarf auf ein zuverlässiges Bremssystem verlassen können. Erneut spielt der Zauber von „Torque Vectoring“ eine Rolle, das auch radspezifisch Abbremsen kann. Bis zu einem hohen Wert von etwa 0,3 g übernehmen die Elektromotoren alleine die Verzögerung. Elektrisch betätigt und gesteuert, drücken die Beläge blitzschnell an die Scheiben. Danach kommt die mechanisch arbeitende Vorderachs-Bremsanlage mit Scheiben aus Carbon-Keramik schrittweise ins Spiel, während die Elektromotoren noch bis 0,45 g rekuperieren bzw. Bremsenergie zurückgewinnen können.
Ich liebe diesen „Zauber“ und halte mich zum Testen beim Bremsen nicht zurück. Während der Audi R8 e-tron bei nicht ganz hohem Tempo rein elektrisch bremst, macht sich das Zusammenspiel aus mechanischen und elektrischen Bremsen bei hoher Speed positiv bemerkbar. Der Audi R8 e-tron zeigt sogar beim Bremsen mit hoher Geschwindigkeit eine imposante Stabilität, zu der insbesondere die Bremskraftverteilung der Elektromotoren an der Hinterachse beiträgt und ein Plus an Kurvenstabilität bietet. Zweifellos richteten die Macher den Audi R8 e-tron clever auf die Kurven von Landstraßen und Rennstrecken ab, bei denen jeder sportliche Fahrer ins Schwärmen gerät.