Das WM-Duell im Blick: Kann Rosberg den Titel noch verlieren?

, 10.10.2016

33 Zähler Vorsprung hat Nico Rosberg auf Lewis Hamilton und den Titel damit in der eigenen Hand: Die Vorteile liegen auf seiner Seite, sicher ist aber noch nichts

Mit seinem Sieg von Suzuka hat Nico Rosberg einen ganz wichtigen Schritt auf dem Weg zu seinem ersten WM-Titel in der Formel 1 gemacht. 33 Punkte Vorsprung bedeuten für den Wiesbadener, dass er den Titel nun in der eigenen Hand hat. Selbst wenn Teamkollege Lewis Hamilton alle verbleibenden Rennen gewinnen sollte, reichen Rosberg vier zweite Plätze, um sich zum Weltmeister zu krönen. Besser könnte die Ausgangslage für den Deutschen kaum sein, der das Blatt seit der Sommerpause zu seinen Gunsten wenden konnte.

Vier der fünf vergangenen Rennen konnte Rosberg gewinnen, und selbst bei der einzigen Niederlage in Malaysia machte er entscheidenden Boden auf Hamilton gut - das Momentum liegt eindeutig auf seiner Seite. "Nico macht im Moment alles perfekt und richtig. Wenn die normale Weiterfahrt von Nico so weitergeht, wird Lewis ihn nicht mehr erwischen. Das ist für mich sonnenklar", sieht Mercedes' Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda die Trümpfe in Rosbergs Hand.

Doch bei Mercedes weiß man, wie schnell das Pendel in die andere Richtung ausschlagen kann. Rosberg gewann auch die ersten vier Saisonrennen, bevor Hamilton mit sechs Siegen in sieben Rennen zurückschlagen konnte - nun ist wieder Rosberg auf der Höhe. Sicher wähnt sich der Deutsche daher keinesfalls: "Lewis ist mein Teamkollege, von daher wird er kämpfen und immer schwer zu schlagen sein. Es liegen noch viele Rennen vor uns", will er von einer Vorentscheidung nichts wissen.

Mercedes will Faktor Zuverlässigkeit ausschließen

Schließlich kann Rosberg auch einmal ein Ausfall treffen, wie es Hamilton in Sepang ergangen ist. Durch sein Aus verlor der Brite 25 Zähler und schenkte Rosberg noch weitere drei durch dessen Positionsgewinn - statt 33 Zählern Rückstand wären es nur noch fünf. "Er braucht nur eine Initialzündung. Ein Ausfall von Nico bei gleichzeitigem Sieg von Lewis und er ist wieder im Spiel", meint Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Es kann sich schnell ändern."

Geht es nach Mercedes, dann holt Nico Rosberg 2016 seinen ersten Formel-1-Titel. Allerdings geht es dabei nicht um irgendwelche Vorlieben des Teams, sondern um den weiteren Saisonverlauf. Lauda und Motorsportchef Toto Wolff werden morgen in die Fabrik nach Brackley und die Motorenabteilung in Brixworth fliegen, um das Team auf den Saisonendspurt einzustellen. "Wir wollen allen klarmachen: Diese Autos müssen bis zum letzten Rennen ohne einen Defekt ins Ziel kommen", betont Lauda. "Daran muss man hart arbeiten, das kommt nicht von alleine."

Doch der Österreicher weiß auch: "Wenn das passiert, dann hat Lewis mit 33 Punkten Rückstand wenig Chancen." Denn von der reinen Performance her ist der F1 W07 der Konkurrenz überlegen, wie 15 Saisonsiege bei 17 Rennen beweisen. Das Credo von Mercedes ist daher, nicht in den WM-Kampf zwischen den beiden Fahrern einzugreifen, zumal ohnehin schon feststeht, dass beide Titel zu den Silberpfeilen wandern werden.

Offener Kampf bis zum Ende?

Auch Ansagen an die Fahrer werden nicht gemacht: "Wir lassen sie fahren, und das haben wir bislang auch gemacht", erwartet Wolff keinen anderen Ansatz. "Wenn wir jetzt irgendwelche Details ändern würden, würden wir in ein Wespennest stechen. Wir haben drei Jahre an den Prinzipien gearbeitet, und es funktioniert gut. Wir haben nie von einer Teamorder Gebrauch gemacht, was wir auch nicht wollen. Von daher gibt es keine Veränderungen."

Geht alles nach Plan, dann spricht im Moment sehr wenig für Hamilton, was dem Briten spätestens nach der gestrigen Niederlage bewusst ist: "33 Punkte sind eine Menge Holz. Wird nicht leicht. Nico hat einfach einen guten Job gemacht. Es läuft gerade sehr gut für ihn", sagt der Brite und schickt eine leise Kampfansage: "Aber ich werde alles versuchen, ihn noch abzufangen." Allerdings sah es in Japan beinahe so aus, als hätte sich Hamilton mit dem verlorenen Titel bereits abgefunden - zumindest nach der Körpersprache.

Doch das möchte man bei Mercedes nicht zu hoch hängen: "Wir wissen, dass die Welt 24 Stunden nach einem Rennen anders aussieht als eine Stunde danach", winkt Toto Wolff ab und will seinen Piloten bis zum kommenden Rennen wieder aufbauen. "Er wird in Austin stark zurückkommen", ist der Motorsportchef überzeugt und weiß von den Qualitäten des Briten: "Lewis funktioniert unter Druck am besten. Ich habe keinen Zweifel, dass es bis zum Ende ein intensiver Kampf werden wird. Er ist alles andere als vorbei."

Letzte Rennen liegen Rosberg

Wie lange das Duell noch offen ist, wird sich zeigen. Frühestens nach dem Rennen in Mexiko kann Rosberg rechnerisch Weltmeister werden, bis dahin beschäftigt er sich auch nicht groß mit dem Thema Titel: Der Mercedes-Pilot will nicht konservativ fahren, sondern jedes Rennwochenende als einzelnen Event sehen. "Ich will einfach weiter Rennen gewinnen und nicht mit dem Rechnen anfangen oder einen zweiten Platz sicher nach Hause fahren. So wird das nicht funktionieren", sagt er.

Bislang hat diese Taktik für ihn hervorragend funktioniert. "Warum sollte ich also etwas ändern?", fragt er. Trotzdem dürfte es ihm ein gutes Gefühl geben, dass er im Zweifel auch einmal ein wenig Risiko herausnehmen kann. "Das bringt ihn in eine sehr komfortable Situation", urteilt sein Landsmann Timo Glock bei 'RTL'. "Er muss einfach seinen Stiefel weiter machen, wie er es das ganze Jahr bis jetzt gemacht hat. So macht er Schritt für Schritt Richtung WM-Titel."

Austin, Mexiko-Stadt, Sao Paulo und Abu Dhabi heißen Rosbergs letzte Stationen vor der Erfüllung seines Traumes. Drei Rennen davon konnte er im Vorjahr bereits gewinnen, was ihm noch mehr Auftrieb geben dürfte. Doch Vorsicht, schon viele Piloten haben eine sichergeglaubte WM noch verloren. "Man hat das vor gut zehn Jahren gesehen, als Kimi (Räikkönen) Fernando (Alonso; Anm. d. Red.) und Lewis die WM vor der Nase weggeschnappt hat", warnt Horner. "Es sind immer noch 100 Punkte zu vergeben. Es wäre töricht, Lewis jetzt schon abzuschreiben."

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