Gegner für Pirelli: Michelin bewirbt sich für die Formel 1

, 17.06.2015

Michelin hat sich offiziell beworben, die Formel 1 von 2017 bis 2019 mit Reifen zu versorgen: Der französische Hersteller möchte handeln und nicht nur reden

Wird es 2017 einen neuen Reifenhersteller in der Formel 1 geben? Die Chance dazu besteht, denn neben Pirelli hat sich nun auch Michelin offiziell bei der Ausschreibung für die Saisons 2017 bis 2019 beworben, wie Michelin-Motorsportchef Pascal Couasnon bestätigt. In der vergangenen Woche betonte der Franzose gegenüber 'Motorsport-Total.com' noch, dass die Chancen 50:50 stehen, nun hat sich der Reifenhersteller aber endgültig zum Schritt bekannt.

Es ist kein Geheimnis, dass Michelin aktuell unzufrieden mit der Reifensituation in der Formel 1 ist. Immer wieder hatte man betont, dass Reifen in der Königsklasse in einem viel zu schlechten Licht stehen und dass die Technologie nicht ausreichend repräsentiert werde. Doch weil man seit 2006 nicht mehr in der Formel 1 engagiert ist, konnten Verbesserungsvorschläge nicht sonderlich weit vorgebracht werden. Mit der offiziellen Bewerbung soll sich dies nun ändern.

"Wenn wir glaubwürdig sein wollen, dann kann man sich nicht beschweren oder Kommentare abgeben, wenn man dann keine Lösungen bringt. Jetzt kann zumindest niemand sagen: 'Jungs, ihr redet zwar, aber handelt nicht.' Denn jetzt handeln wir", so Couasnon gegenüber 'Autosport'. Denn die Formel 1 liegt den Franzosen immer noch am Herzen, doch mit der jüngsten Entwicklung der Serie ist man als Reifenhersteller alles andere als glücklich.

"Reifen werden als Objekt gesehen, das man nach wenigen Runden wegwirft", seufzt der Motorsportchef über die schlechte Reputation der schwarzen Walzen, die nicht gut für die Reifenindustrie ist. Einheitsausrüster Pirelli steht grundsätzlich in der Kritik, wenn die gewünschte Spannung nicht eintritt: Entweder der Reifen hält zu lange und fehlende Boxenstopps lassen das Rennen zu einer öden Veranstaltung werden, oder die Reifen zerfallen zu schnell, was in den vergangenen Jahren ebenfalls zu harscher Kritik geführt hat.

"Es gibt einen anderen Weg für gute Show"

Dabei versucht sich Pirelli nur an die Vorgaben zu halten, die ihnen gemacht werden. In den vergangenen Saisons standen die Pneus immer wieder im Rampenlicht und sollten den entscheidenden Faktor beim Ausgang des Rennens darstellen. Immer wieder wurde hauptsächlich über die Reifen gesprochen, deren Einfluss auf die Show immer größer wurde. Das ging sogar so weit, dass die Fahrer kaum mehr gepusht haben, aus Angst, die Reifen würden zu schnell kaputtgehen.

Und das möchte sich Michelin nicht länger ansehen: "Wir sagen, dass es einen anderen Weg gibt, eine gute Show zu versichern, wie wir am Wochenende in Le Mans gesehen haben", erklärt Couasnon. Dort hätten ausdauernde Reifen mit gutem Grip ebenfalls für eine gute Darbietung gesorgt. Zusätzlich zur Show sind dem Franzosen aber auch andere Punkte wichtig, die er reifentechnisch in der Formel 1 geändert haben will.

"Wir möchten näher an das tägliche Leben heran", erklärt er gegenüber 'motorsport.com'. "Wir möchten, dass die Technologie die hochklassigen Straßenwagen-Produkte erreicht." So besteht Michelin beispielsweise auf die 18-Zoll-Felgen, wie man sie beispielsweise auch in der Formel E einsetzt, denn die aktuellen 13-Zoller würde man auf der Straße nirgendwo sehen. Sollte die FIA aber für den Zeitraum der Ausschreibung auf 13 Zoll bestehen, dann würde man sich auch bei gewonnener Wahl zurückziehen, betont der Motorsportchef.

Ecclestone stärkt Pirelli

Doch erst einmal muss man die Wahl überhaupt gewinnen. Bis zum 17. Juli läuft die Ausschreibung noch und bisher ist nur bekannt, dass sich neben Michelin auch der aktuelle Ausrüster Pirelli beworben hat. Danach wird die FIA alle Kandidaten auf technische und sicherheitsrelevante Aspekte prüfen und eine Entscheidung treffen - für lediglich einen Bewerber. Möglicherweise könnte die Wahl aber zum Politikum werden.

Denn es ist bekannt, dass Formel-1-Boss Bernie Ecclestone kein Freund der Franzosen ist. Der Brite erklärte zuletzt in einem Interview, dass eine Rückkehr Michelins schlecht für die Formel 1 wäre: "Michelin würde einfach nur einen steinharten Reifen bauen, den man im Januar auf- und im Dezember wieder abziehen könnte. Sie wollen nämlich nicht in einer Position sein, in der man sie kritisieren kann", ätzte der Zampano. Hinzu kommt, dass Pirelli im Moment viel Geld für Bandenwerbung in die Hand nimmt, was ebenfalls einen Faktor auf die Wahl haben könnte.

Doch Couasnon gibt sich bei 'Autosport' noch betont gelassen: "Wir respektieren natürlich, was Bernie vorhat. Ich verstehe auch die Leute, die Pirelli einen guten Job bescheinigen, aber wenn ich mir die Teams und Fahrer anhöre, dann stimmt nicht jeder zu." Seiner Meinung nach könne man auch vier Boxenstopps ohne schnell abbauende Reifen provozieren, und Michelin möchte seinen Teil beitragen: "Wir lieben den Sport, aber wir glauben, dass heute noch etwas Besseres getan werden kann."

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