Mittel gegen Formel-1-Schwäche: PS, Konzerte und Helden

, 14.03.2016

Niki Lauda und Toto Wolff nennen ihre Rezepte für eine attraktivere Formel 1: Die MotoGP als Vorbild, die neuen Regeln ab 2017 als große Chance

Mit der Aussage, die Formel 1 sei im Jahr 2016 "so schlecht wie nie", hat Promoter Bernie Ecclestone für viel Kopfschütteln gesorgt. Der Vermarkter redet in aller Öffentlichkeit über die Schwächen seines eigenen Produkts? Dieser Ansatz kam bei einigen Entscheidern in der Szene überhaupt nicht gut an. Daimler-Vorstand Dieter Zetsche beispielsweise nutzte die Bühne beim Genfer Automobilsalon, um Ecclestone ebenso öffentlich für seine Aussagen zu kritisieren.

"Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich beim Genfer Automobilsalon auf die Bühne zu stellen und zu sagen, dass ich nie einen Mercedes fahren würde und den Kunden auch noch empfehle, sich keinen zu kaufen", so der Daimler-Konzernboss. Zetsche kritisiert nicht den Inhalt der Ecclestone-Aussagen, sondern den Weg der Artikulation. Denn in einem sind sich viele Verantwortliche doch einig: Die Formel 1 muss wieder attraktiver werden.

"Die Formel 1 hat ein Problem - und zwar mit nachlassenden Zuschauerzahlen vorm TV und an der Strecke", so Niki Lauda im 'ORF'. Der Aufsichtsrat des Mercedes-Formel-1-Werksteams sieht zwei Ansatzpunkte. "Ich weiß, dass Red Bull in diesem Jahr zum Grand Prix von Österreich alles versucht, um noch mehr zu bieten. Es gibt am Freitag, Samstag und Sonntag unterschiedliche Programme. Da treten Bands auf und es fahren wir 'alten Deppen' mit diesen anderen Autos herum", sagt er.

Veranstalter sind in der Pflicht: Mehr Programm

"Das Programm an den Wochenenden muss verbessert werden. Manche verstehen das, zum Beispiel Mexiko war unglaublich. Silverstone war auch gut, es gibt noch andere Beispiele, wo etwas mehr geboten wird, sodass man die Ticketpreise besser verantworten kann. Da können die Veranstalter etwas machen", erklärt Lauda. Neben den örtlichen Promotern sei aber die Szene selbst auch für neue Impulse verantwortlich.

"Wir selbst müssen auch etwas machen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Autos fünf, sechs Sekunden schneller werden. Sie sollten schwieriger zu fahren sein, nicht so progressiv. Wenn es in einer Kurve plötzlich abreißt, dann holen nur die wirklich Guten die letzten zwei, drei Zehntel heraus. Dort muss man hinkommen", meint Lauda. Die Formel-1-Gremien arbeiten noch bis Ende April an entsprechenden Regeln, die ab der Saison 2017 umgesetzt werden sollen.

"Die Rennfahrer, die dort bald in Melbourne aus den Autos steigen, die schwitzen nicht einmal richtig. Die körperliche Belastung ist wesentlich geringer als früher. Die Autos sind leichter zu bedienen, mit all den Hilfen, die sind drin haben. Dahin muss man wieder zurück", meint der dreimalige Formel-1-Champion aus Österreich. Lauda ergänzt: "Man darf aber nicht in die Vergangenheit fahren. Das ist falsch. Man muss die jetzige Formel attraktiver machen."

Digitale Welt statt TV - mit Ausnahme der MotoGP?

"Man muss etwas aufpassen", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Die Zuschauerzahlen im TV gehen zurück, aber das tun sie auch im Fußball - in allen Sportarten, weil sich alles in Richtung digitale Welt verändert. Bei uns gehen die Zahlen in den Sozialen Medien durch die Decke." Die abrutschenden Einschaltquoten seien somit nur bedingt ein Hinweis auf eine geringere Attraktivität der Formel 1. Aber es gibt Gegenbeispiele: Die MotoGP ist nicht erst seit 2015 im erheblichen Aufschwung.

"Bei der MotoGP gibt es keinen Boxenfunk, dort gibt es keine Strategie, sondern alle fahren auf sich allein gestellt gegeneinander - purer Motorsport", nennt Wolff die Eigenheiten der Zweiradszene um Valentino Rossi, Jorge Lorenzo oder Marc Marquez. "Zudem gab es eine super Kontroverse im vergangenen Jahr in der MotoGP. Die treten auf sich ein. Solche Kontroversen ziehen natürlich auch. Die Leute identifizieren sich mit dem Fahrer."

Vor allem der "Altmeister" Valentino Rossi ist es, der die Fans in Scharen an die Strecken und vor die TV-Bildschirme zieht. Die "46" überall, der Schriftzug "Doctor" hundertfach an den MotoGP-Austragungsorten. So etwas erlebte die Formel 1 in diesem Ausmaß nur zu "Schumacher-Rotkäppchen-Zeiten" zwischen 1996 und 2006. "Vielleicht sind wir zu 'corporate' geworden, denn letztendlich geht es um den Gladiator im Auto", sagt Wolff. "Das müssen wir uns anschauen, wie wir das noch besser spielen können."

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