Nach Anschlägen in Paris: Kondolenz und Kontroverse

, 14.11.2015

FIA-Präsident Jean Todt sorgt mit einem pikanten Vergleich für geteiltes Echo - Schweigeminute für Verkehrstote war ohnehin geplant - Keine "besondere Reaktion"

Die Formel 1 demonstriert am Rande des Brasilien-Grand-Prix ihre Solidarität mit den Opfern der Terroranschläge von Paris und wird vor dem Rennen am Sonntag eine Schweigeminute abhalten. Während zahlreiche Teams und Fahrer ihre Betroffenheit und ihr Mitgefühl bekundeten, stieß Jean Todt mit seinen Äußerungen zu den Vorfällen auf massive Kritik. "Auf unseren Straßen sterben jeden Tag 3.500 Menschen. Das sind mehr als 30-mal so viele wie bei den Morden in Paris", so der FIA-Präsident.

Insbesondere in der britischen Boulevardpresse erntete Todt für die Aussage postwendend negative Schlagzeilen. Hintergrund der Sache ist, dass in Sao Paulo ohnehin eine Schweigeminute geplant war, nämlich für die Verkehrstoten rund um die Welt. "Wir hatten uns bereits dazu entschieden, aber natürlich können wir nicht die Augen davor verschließen, was in Paris passiert ist", erklärt Todt, der sich im Rahmen seiner Präsidentschaft stark für die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr einsetzt.

Eine besondere Aktion, weil die FIA ihren Sitz in der französischen Hauptstadt hat, hält er nicht für angebracht: "Natürlich löst der Horror der Angriffe Bestürzung aus, aber es hätte auf der ganzen Welt passieren können. Wir sind nur machtlose Beobachter. Paris ist eine der großen Hauptstädte auf dem Globus und es nicht angemessen, die FIA mit diesem tragischen Fall in Verbindung zu bringen", so Todt. Er selbst könne nur "leiden", wenn er ein solches Drama mit ansehen müsste. "Die ganze Welt kann nur schockiert sein. Aber es ist nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass das passiert."

Button will, dass "jeder seinen Arm um seinen Nachbarn legt"

Auch Bernie Ecclestone bekundet, auf die Tragödie nicht in besonderem Maße reagieren zu wollen. "Können wir nicht", meint der Formel-1-Boss. Deutlich betroffener zeigte sich Romain Grosjean, der als derzeit einziger französischer Fahrer in der Königsklasse antritt. "Meine Gedanken sind bei allen, die von den Ereignissen in Paris betroffen sind. Ich habe viele Jahre in der Stadt gelebt und habe so viele Freunde dort", erklärt der Lotus-Pilot. "Ich war schockiert und betrübt von dem, was passiert ist."

Grosjean wird genau wie Teamkollege Pastor Maldonado mit der Aufschrift "Pray for Paris" auf dem Auto in den Brasilien-Grand-Prix gehen. Mit McLaren-Rennleiter Eric Boullier trauert ein weiterer Franzose aus dem Paddock. "Die Formel-1-Gemeinde unterstützt uns aber großartig", sagt er. Entsprechend äußert sich sein Pilot Jenson Button, wenn er bestürzt zu Protokoll gibt: "Das ist grauenhaft für die gesamte Welt, eine schreckliche Tragödie. Es betrifft jeden, der in dieser Welt Frieden möchte."

Hamiltons Verkehrsunfall rückt in den Hintergrund

"Die einzige Weise, das Problem zu lösen, ist, dass jeder auf der Welt den Arm um seinen Nachbarn legt, wir zusammenstehen und einen Ausweg suchen", so Button weiter. Teamkollege Fernando Alonso pflichtet bei: "Wir leben in einer Welt, in der sich keiner mehr sicher fühlen kann. Auch meine Angehörigen kann es treffen. Das ist eine Sorge." Dennoch will der Spanier sich nicht von seinem Job abbringen lassen: "Hoffentlich können wir morgen eine gute Show liefern, denn Sport ist etwas, das die Welt vereint."

Auch Ferrari-Star Sebastian Vettel zeigt sich betroffen und erinnert sich daran, wie er auf dem Weg zum Hotel von den Anschlägen erfuhr: "Das war für alle ein Schock und ein seltsames Gefühl, so einzuschlafen. Das Schlimme ist, dass man nicht wirklich etwas tun kann. Man ist so hilflos in dem Moment." Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff ereilte die Meldung beim Abendessen. Er findet: "Das war fast surreal. Es zeigt mal wieder, wie unwichtig der Sport ist, wenn sich solche Ereignisse abspielen."

In den Hintergrund rückte durch die Tragödie eine weitere Kontroverse bezüglich der geplanten Schweigeminute für die Verkehrstoten. Gemeint ist der Widerspruch zwischen Lewis Hamiltons Rolle als FIA-Botschafter für Sicherheit im Straßenverkehr und seinem Verkehrsunfall zu Beginn der Woche in Monaco. Am Samstagvormittag gab es eine Aussprach: "Manchmal beschäftigt man sich mit Kontroversen, die bedeutungslos sind", sagt Todt. "Wenn ich höre, dass Lewis einen kleinen Unfall hatte, dann sollten wir uns darum nicht kümmern. Sondern um wichtige Dinge."

Jetzt kommentieren
Jetzt bewerten

Zum Bewerten musst Du registriert und eingeloggt sein.

Weitere Formel 1-News

Die FIA will die Toten von Paris nur im Rahmen der Fahrerparade ehren

FIA stellt klar: Keine Schweigeminute für Pariser …

Die FIA wird entgegen erster Ankündigungen vor dem Rennen zum Brasilien-Grand-Prix in Sao Paulo am Sonntag doch keine Schweigeminute für die Opfer der Pariser Terroranschläge abhalten. Das gab …

Nico Rosberg sicherte sich in Interlagos die fünfte Pole-Position in Folge

Formel 1 Brasilien 2015: Nico Rosberg auf Pole-Position

Die Qualifikation zum Großen Preis von Brasilien in Sao Paulo war eine heiße Angelegenheit angesichts der Temperaturen von nur knapp unter der 30-Grad-Celsius-Marke. Im Autodromo Jose Carlos Pace …

Für Fernando Alonso gab es nach dem Qualifying nichts zu beschönigen

Podiums-Slapstick: McLaren zwischen Komödie und Tragödie

Fernando Alonso und Jenson Button jubelnd auf dem Podium - so in etwa dürften sich McLaren und Honda das Saisonende 2015 vorgestellt haben. Die Bilder bekommen sie beim Qualifying zum Großen Preis …

Lewis Hamilton löste am Vormittag Nico Rosberg an der Spitze in Interlagos ab

Formel 1 Brasilien 2015: Lewis Hamilton schlägt zurück

Im Mercedes-Teamduell steht es nach dem Abschlusstraining zum Brasilien-Grand-Prix in Sao Paulo 2:1 für Lewis Hamilton : Der Weltmeister setzte in 1:12.070 Minuten die schnellste Zeit am …

Des einen Freud, des andere Leid: Lewis Hamilton und Nico Rosberg in Mexiko

Rosberg: Mexiko-Sieg war kein Gefallen des Mercedes-Teams

Verkehrte Welt bei Mercedes: Zwar gewann Lewis Hamilton beim Grand Prix der USA in Austin vorzeitig seinen dritten Weltmeistertitel, jedoch war es zuletzt Nico Rosberg, der auftrumpfen konnte. Beim Grand …

AUCH INTERESSANT
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China

AUTO-SPECIAL

GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China

Während sich in Deutschland die Mobilität noch im Umbruch zum Elektroauto befindet, wird in China bereits an der nächsten großen Offensive gearbeitet: der Wasserstoffantrieb für Autos - und das …


Formel1.de

TOP ARTIKEL
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den Unterschied
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den …
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit Mega-Reichweite
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit …
News-Abo
Jeden Morgen kostenlos per E-Mail:
Aktuelle Artikel
Bridgestone Turanza 6: Sommerreifen für weniger Verbrauch
Bridgestone Turanza 6: Sommerreifen für weniger …
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China
GWM: Bezahlbare Wasserstoffautos aus China


Speed Heads - Sportwagen- und Auto-Magazin

Das Auto und Sportwagen Magazin mit täglich aktualisierten Auto News, Motorsport News, Auto Tests, Sportwagen Berichten und der streng geheimen Auto Zukunft. Speed Heads ist die Community für echte Auto-Fans und informiert im Sportwagen Magazin über Neuigkeiten aus der Welt der schnellen Autos.

  • emotiondrive Logo
  • World Car Awards Logo
  • Motorsport Total Logo