Pirelli rät den Formel-1-Oberen: Macht es wie NASCAR

, 05.04.2015

Vor dem Hintergrund der aktuellen Formel-1-Krise fordert Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery einen klaren Weg und plädiert, sich am Beispiel der NASCAR zu orientieren

Aus dem Rennkalender verschwindende Traditionsrennstrecken, zurückgehende Zuschauerzahlen vor Ort und sinkende Einschaltquoten bei den Live-Übertragungen im Fernsehen, auf dem Absprung befindliche oder bereits von der Bildfläche verschwundene Sponsoren, ein sukzessive kleiner werdendes Starterfeld und Teambosse, die sich nicht auf einen gemeinsamen Weg für die Zukunft einigen können: Um die Gesamtsituation der Formel 1 war es schon deutlich besser bestellt als zu Beginn der 66. Saison der Fahrerweltmeisterschaft.

Am kommenden Wochenende geht auf dem Shanghai International Circuit in China das dritte von - nach der Absage des Deutschland-Grand-Prix nur noch - 19 Rennen im diesjährigen Rennkalender über die Bühne. Doch das sportliche Geschehen bestimmt in diesen Tagen nur selten die Schlagzeilen. Daran vermag auch der erste Ferrari-Sieg seit knapp zwei Jahren kaum etwas zu ändern.

Angesichts der brenzligen Lage wird von Seiten des exklusiven Formel-1-Reifenlieferanten für eine radikale Neuausrichtung der selbsternannten Königsklasse des Motorsports plädiert. "Wir haben es mit einem Sport zu tun, der zu einem sehr großen Teil von Technologie bestimmt wird. Ich aber würde es gern sehen, wenn man die Fahrer wieder als die Könige positioniert", macht sich Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery gegenüber 'The Guardian' nicht zum ersten Mal für ein Umdenken stark.

Hembery will Fahrer in den Mittelpunkt stellen

"Ich möchte, dass die Fahrer die Helden sind", sagt Hembery. Im Klartext: Die so weltoffene Formel 1 soll sich am Beispiel orientieren, das in den USA von der NASCAR vorgelebt wird. "In der NASCAR ist der Fahrer der König, Selbst ein Fahrer, der am Ende des Felds fährt, hat einen Multi-Millionen-Dollar-Vertrag", weiß der Pirelli-Motorsportchef nicht erst, seit er am Wochenende vor dem Formel-1-Saisonauftakt in Melbourne das NASCAR-Rennen auf dem Las Vegas Motor Speedway besucht hat.

So hat Michael Annett, der in der Punktewertung der NASCAR-Topliga Sprint-Cup aktuell am weitesten hinten liegende Fahrer derer, die alle sechs bisherigen Saisonläufe bestritten haben, bei eben diesen sechs Rennen bereits mehr als 700.000 US-Dollar verdient. Der amtierende Champion Kevin Harvick, der aktuell wieder die Gesamtwertung anführt und auch in der Geldrangliste auf Platz eins liegt, hat in der noch jungen Saison bereits mehr als 2,5 Millionen US-Dollar angehäuft.

Zwar gilt sowohl für Harvick wie auch für Annett und alle anderen NASCAR-Piloten, dass ein nicht unerheblicher Teil des Verdiensts nicht über vertraglich vereinbarte Summen, sondern über Preisgelder zustande kommt. Doch Hembery wünscht sich eine solche Wertschätzung der Piloten auch in der Formel 1 - und zwar nicht nur in Reihen der Topteams: "Ich würde es liebend gern sehen, dass unsere Fahrer in dieser Form geachtet werden."

Neuer Ablauf der Rennwochenenden?

Im Sinne einer Verbesserung der Show in der Formel 1, die unterm Strich allen Beteiligten zugute kommen würde, hat der Pirelli-Motorsportchef selbst die eine oder andere Idee auf Lager. "Ich finde, ein Qualifying am Freitagabend, bei dem man effektiv etwas gewinnen könnte, wäre eine gute Idee. Dann hätten auch die Promoter etwas zu verkaufen. Dann vielleicht noch ein Sprintrennen am Samstag, sodass auch die am Samstag auf der Tribüne sitzenden Fans ein Ergebnis und ein Podest zu sehen bekommen", regt Hembery an.

Dass dem Motorsportchef von Pirelli viel an einem besseren Standing der Formel 1 in der Öffentlichkeit liegt, ist naheliegend. Schließlich läuft der Vertrag zwischen dem italienischen Reifenlieferanten und Bernie Ecclestones Formula-One-Management (FOM) zum Ende des Jahres 2016 aus. "Wir sind bemüht zu erfahren, wie es 2017 weitergeht. Wir würden gern den Plan kennen", sagt Hembery und stellt klar: "Wir spielen im Entertainment-Business. Wenn wir die Leute nicht unterhalten, dann werden sie uns nicht zuschauen. Dann kommen keine Sponsoren und der Teufelskreis setzt sich fort."

Die Forderung des Pirelli-Motorsportchefs ist daher klar: "Jemand muss einen Stift in die Hand nehmen und sagen 'So wird es gemacht'. Wir können uns nicht ein weiteres Jahr im Kreis drehen, während wir versuchen, den großen Kompromiss zu finden." Konkrete Vorschläge für eine radikal neue Formel 1 sind zumindest für die Saison 2016 erst kürzlich abgelehnt worden - weil man sich nicht einigen konnte...

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