Räikkönen deckt Vettels Zittersieg: "Bat nicht um Platztausch"

, 30.07.2017

Sebastian Vettel musste sich in Ungarn mit Lenkproblemen zum Sieg quälen und kann sich bei Kimi Räikkönen bedanken, der ihm den Rücken freihielt

Sebastian Vettel und Ferrari haben beim Großen Preis von Ungarn einen immens wichtigen Doppelerfolg eingefahren und sich damit optimal in die Sommerpause verabschiedet. Der Deutsche siegte auf dem Hungaroring vor seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen, der an diesem Sonntag eigentlich der schnellere Mann war, Vettel aber nicht angreifen konnte. Dieser kämpfte nämlich seit dem ersten Renndrittel mit technischen Problemen.

"Das Ergebnis ist super, aber der Weg dorthin war überraschend schwer", fasst Vettel zusammen. Denn bereits nach wenigen Runden bekam der Heppenheimer Probleme mit der Lenkung. Sein Lenkrad stand nicht gerade und zeigte immer ein wenig nach rechts. "In Rechtskurven ist es okay, aber in Linkskurven muss man sich daran gewöhnen", beschreibt er. "Es ist ein seltsames Gefühl."

Woher der Fehler kam, gilt es für die Scuderia noch zu untersuchen. Eine Berührung war beim WM-Führenden nicht auszumachen, und laut ihm bestand das Problem bereits vor dem Rennen: "Als das Auto vor dem Start heruntergelassen wurde, hatte ich schon das Gefühl, dass die Lenkung ein bisschen schief ist", meint Vettel. Am Start und in den ersten Runden hinter dem Safety-Car war davon jedoch nichts zu merken.

Vettel von Lenkproblemen gehandicapt

Vettel konnte sich früh absetzen, doch Schritt für Schritt wurde das Problem immer schlimmer. "Es war sehr schwierig, dann die richtige Balance zu finden. Ich konnte mich dann nach ein paar Runden dran gewöhnen, aber generell war es sehr, sehr schwer, damit hauszuhalten", so der Deutsche. Im ersten Stint konnte sich Vettel noch behaupten, doch im zweiten Stint auf Softreifen wurde es kritischer.

Zwar konnte er seine Führung noch behalten, weil er das Recht hatte, vor seinem Teamkollegen Räikkönen in die Box zu gehen, doch der Finne drängte von hinten. Während Vettel das Auto schonen wollte und versuchte, die Randsteine zu vermeiden, fand sich Räikkönen in einer guten Form wieder. Er hätte sehr wahrscheinlich schneller gekonnt und machte dies seinem Team am Funk auch mehrfach deutlich.

"Fährt der da vorne voll?", "Ihr setzt mich ohne Grund dem Druck von Mercedes aus", "Ich bin in keiner guten Position" oder "Ich mache mir nur die Reifen kaputt. Ist es das, was wir bis zum Ende des Rennens machen wollen?" gab er über den Funk weiter. Die Nachricht war eindeutig: Er ist schneller als Vettel, der mit seinen Problemen zu kämpfen hatte. Und hinter ihm drängte erst Valtteri Bottas und dann Lewis Hamilton auf seine Chance.

Räikkönen forderte keinen Platztausch

"Ich habe gehofft, dass Sebastian so schnell wie möglich fährt, weil von hinten die Mercedes aufgeholt haben", erklärt der "Iceman" hinterher. Gefordert, dass er vorbeigelassen werden soll, habe er aber nicht. "Ich habe gesagt, dass ich mehr Speed habe. Ich wollte nicht in eine Position kommen, in der ich den zweiten Platz aus den falschen Gründen verliere. Ich wollte einfach, dass wir auf eins und zwei kommen", meint er.

Ferrari wies Vettel zwar an, schneller zu fahren, doch das war nicht möglich. Die Scuderia hatte jedoch das Glück, dass man auf dem Hungaroring nicht sonderlich gut überholen kann, sodass die Gefahr von Lewis Hamilton im Heck von Räikkönen nicht akut wurde. Der Finne managte Rang zwei und blieb immer im Schatten von Vettel, ohne je eine Chance auf ein Überholmanöver zu haben. "Ich wollte natürlich gewinnen, aber für das Team ist es großartig", sagt er.

Seinem Team macht er jedoch keinen Vorwurf, dass es mit dem ersten Saisonsieg nicht geklappt hat. "Ich muss da in den Spiegel schauen", so Räikkönen, der sich über seinen Fehler im Qualifying ärgert, der ihm die mögliche Pole und eine bessere Ausgangsposition gekostet habe. Zwar bestand am Start noch einmal eine Chance, doch weil er gegen seinen Teamkollegen nicht auf Gedeih und Verderb reinhalten wollte, sortierte er sich in der ersten Kurve und im weiteren Rennverlauf hinter Vettel ein.

Ferrari-Präsident: Sieg war überfällig

Für den war die zweite Rennhälfte kein Kinderspiel. "Der zweite Stint kam mir dann ewig vor", pustet er durch. "Ich habe auf ein paar Erholungsrunden gehofft, aber die kamen nicht. Es war echt hart." Zwar hielt ihm Räikkönen den Rücken frei und ihm somit die Mercedes vom Leib, doch der Heppenheimer hatte genug mit seiner eigenen Situation zu tun. Nicht einmal den Tausch zwischen Bottas und Hamilton hatte er mitbekommen. "Ich war mit Fahren beschäftigt", sagt er.

Er bekam lediglich mit, dass Räikkönen ab und zu näher kam. Für seinen Teamkollegen tut es ihm heute etwas leid: "Ich habe Kimi keinen Gefallen getan. Er hätte schneller fahren können, ich hatte aber nicht die Pace", so Vettel. Darum machte er es dem Finnen etwas schwerer, doch am Ende ging die Taktik auf. "Am Ende zählt das Ergebnis", strahlt er. "Ich bin natürlich sehr, sehr glücklich, dass es so geklappt hat. Für das Team ist es perfekt heute."

Für den viermaligen Weltmeister war es der vierte Saisonsieg - und der erste seit Monaco. "Überfällig", meint Ferrari-Präsident Sergio Marchionne, der in Ungarn wieder einmal vor Ort war. Der Italiener ist mit dem Ausgang natürlich zufrieden, und einige stellen sich schon die Frage, ob Räikkönen teamdienlich zurückgesteckt hat, weil der Oberboss beim Rennen persönlich anwesend war.

Vettel mit 14 Punkten Vorsprung in den Heimaturlaub

Doch der Finne winkt ab: "Nein, das macht keinen Unterschied. Wir wissen, was wir für das Team zu tun haben. Seb war gestern vorne und ist auch heute nach dem Start vorne gewesen. Es hätte keinen Unterschied gemacht, wenn der Präsident nicht hier gewesen wäre", betont er. Er war zufrieden mit dem Auto und dem Ausgang des Rennens, wie er sagt, auch wenn er natürlich lieber den Sieg geholt hätte.

Wie gut das Auto heute war, habe sich unter anderem daran gezeigt, dass Mercedes heute keinen Chance auf einen Angriff hatte. "Ich war nicht zu besorgt", sagt er auf die Silberpfeile im Rückspiegel angesprochen. "Mein Auto hatte ein gutes Handling. Es gab keine Reifenprobleme. Ich konnte Seb gut folgen." Und auch seinen Boxenstopp hätte er eigentlich noch hinauszögern können, doch weil die Konkurrenz auf frischen Reifen unterwegs war, wäre die Taktik nicht aufgegangen.

Am Ende hat für die Roten aber alles funktioniert, wie es funktionieren soll. Statt mit einem Punkt Vorsprung reist Vettel mit 14 Zählern Vorsprung in die Sommerpause. "Das war gut für uns und gibt uns nochmal extra Anschub für die nächsten Wochen. Dann geht es mit Volldampf in die zweite Hälfte", lacht der Heppenheimer. Bis zum nächsten Rennen heißt es aber erst einmal Füße hochlegen und die Zeit zuhause genießen.

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