Sebastian Vettel: "Gefahr muss ein Teil des Sports bleiben"

, 21.06.2016

Leidenschaft, Geschwindigkeit, Gefahr und Sound machen für Sebastian Vettel die Faszination Formel 1 aus - Die richtige Mischung macht den Reiz für die Fans aus

Der schnelle Stadtkurs in Baku stand zu Beginn des Rennwochenendes auch in der Kritik. Die Strecke in der Hauptstadt Aserbaidschans zählt zu den schnellsten im Formel-1-Kalender. Für einige Fahrer waren die Auslaufzonen in einigen Kurven zu eng bemessen. Aber nicht alle teilten diese Meinung. Viele Piloten attestierten dem Kurs ein positives Zeugnis, weil Mut belohnt wurde. Auch Sebastian Vettel zeigt sich von Baku beeindruckt. "Die Strecke hat viel Kritik bekommen, weil sie gefährlich sein soll. Ich stimme dem nicht zu", sagt der Ferrari-Pilot bei der FIA Sportkonferenz in Turin.

Vettel findet lobende Worte für den neuen Formel-1-Austragungsort: "Die Organisatoren in Baku haben einen Wahnsinnsjob gemacht, um die Rennstrecke an einen Ort zu bringen, der normalerweise nicht für Rennsport gemacht ist. Aber es ist ein fantastischer Ort. Es ist eine spektakuläre Strecke, bei der es keinen Raum für Fehler gibt. Das macht es so aufregend. So etwas hat auch die Vergangenheit aufregend gemacht und macht es auch noch heute."

Auch wenn es in der Formel 1 keine schweren Unfälle gab, zählt Baku zu den gefährlicheren Rennstrecken im Kalender, da die Geschwindigkeiten hoch sind und die Leitplanken nahe an der Strecke stehen. Großdimensionierte Auslaufzonen sind Fehlanzeige. Vettel sieht das aber nicht als Problem: "Die Autos sind viel sicherer geworden, was es uns einfacher macht. Früher hatten die Piloten nicht so viel Glück, weil die Autos nicht so sicher waren."

Richtiger Kompromiss der Zutaten

Deswegen meint Vettel, dass man den richtigen Kompromiss finden muss: "Die Zutaten für Leidenschaft, Geschwindigkeit, Gefahr und Sound sind ziemlich wichtig. Gleichzeitig müssen wir den Sport sicherer machen. Wir können unsere Augen nicht schließen, bis irgendetwas Schlimmes passiert. In den vergangenen Jahren haben wir reagiert und machen es immer noch. Der Sport muss aber in gewisser Weise gefährlich bleiben, denn das ist für die Leute anziehend."

"Wenn man diese Zutat verliert, dann fühlen die Leute nicht mehr, dass es etwas außerhalb ihrer Welt ist, und das macht es weniger aufregend", spricht Vettel die Gedanken vieler Fans aus. Nur Formel-1-Fahrer sollen die außergewöhnliche Begabung haben, diese Autos am Limit bewegen zu können. Deswegen freut sich Vettel schon auf 2017, wenn die Autos per Reglement spektakulärer und schneller werden: "Im kommenden Jahr wird ein Schritt gemacht, der uns Fahrern wieder mehr Freude bringt."

McNish und Pirro stimmen Vettel zu

Vettels Meinung teilt auch Allan McNish, der 2002 in der Formel 1 fuhr und dreimal Le Mans gewann: "Ich bin ein Fan davon, dass man die Sicherheit immer weiter entwickelt. Aber wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir vielleicht etwas zu weit gegangen sind. Es gibt viele Rennstrecken mit sehr großen Auslaufzonen. Das kreiert ein zweites Problem. Wenn man zum Beispiel die Schikane in Monaco nimmt, kann man bei einem Fehler die Auslaufzone nutzen. Ansonsten stehen die Leitplanken vor dem Hafenbecken. Ich finde, man muss diese Grenzen haben."

Ganz ähnlich bewertet Emanuele Pirro die derzeitige Situation im internationalen Motorsport. "Ich denke, der Motorsport verzeiht derzeit etwas zu viel", spricht der Italiener, der schon mehrmals als Fahrerkommissar die Rennleitung unterstützt hat, Kritik an den derzeitigen Rennstrecken offen aus. Pirro nennt ein Beispiel: "In Le Mans sind die Porsche-Kurven zum Beispiel sehr schön zu fahren. Die Barrieren stehen aber sehr nahe an der Strecke."

"Ich war in den Prozess involviert, diese Stelle sicherer zu machen und habe mit vielen Fahrern gesprochen. Die meisten haben gesagt, dass wir die Leitplanken nicht entfernen dürfen, denn wenn man diese Kurven super sicher macht, dann ist die Faszination weg", spricht Pirro den Standpunkt vieler Fahrer an. Trotzdem weiß er, dass es ein schmaler Grat zwischen Gefahr und Sicherheit ist: "Es gehört zu unserem Sport dazu, dass man bei einem Fehler das Rennen nicht beendet oder es andere Konsequenzen gibt. Momentan ist das nicht zu 100 Prozent der Fall."

Vettel: Leidenschaft ist der wichtigste Aspekt

Dass nicht nur die Autos sondern auch die Rennstrecken immer sicherer werden, hat für Pirro auch einen negativen Aspekt, denn Nachwuchsfahrer scheinen sich Gefahr und Risiko nicht mehr bewusst zu sein. Schon das GP2-Rennen in Baku war äußerst chaotisch. "Eigentlich macht es den Sport unsicherer. Man muss sich nur die Formel 3 anschauen. Sie nehmen viele Risiken, wie man bei zahlreichen Unfällen gesehen hat. Sicherheit ist fantastisch, aber zur DNA des Motorsports zählen auch Risiken", hält Pirro fest."Deswegen sollte man sich diesem Thema annehmen."

Risiko, Gefahr und Mut sind aber nicht die einzigen Aspekte, die den Motorsport so faszinierend machen. "Leidenschaft", betont Vettel. "Die Leidenschaft für die Geschwindigkeit, die Leidenschaft für den Wettbewerb - sich gegeneinander zu messen. Man versucht der Beste zu sein, und darum geht es. Motorsport hat eine großartige Geschichte, und die Formel 1 auch. Rennen fahren zu können, ist eine große Ehre, und für das größte Team der Welt fahren zu können, ist ebenfalls eine große Ehre."

"Die Geschwindigkeit und die Aufregung, wenn man diese Autos fährt, ist unvergleichlich. Und das treibt mich an." Deswegen ist Vettel auch nach 165 Grands Prix von der Formel 1 begeistert: "Das Beste ist, dass die Autos so schnell sind. Wenn man sieht, wo die Autos zehn, 20, 30, 40, 50 Jahre zuvor waren, dann hat die Technologie die Autos schneller gemacht, was es aufregender macht. Das Gefühl und die Eindrücke sind sensationell. Aber Sicherheit hat sich mit den Erfahrungen auch enorm verbessert. Die moderne Technologie erlaubt uns, das beste Paket zu fahren, das wir jemals hatten."

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