VLN-Ausraster auf dem Nürburgring: Das sagt der BMW-Pilot

, 30.03.2017

"Wer nur für das 24-Stunden-Rennen trainiert, soll die VLN in Ruhe lassen" - Der verärgerte Privatier Thomas Leyherr erklärt seinen Ausraster auf der Nordschleife

Sie nennen ihn nur noch "Angry Tom": Thomas Leyherr ist über Nacht zur Nordschleifen-Berühmtheit geworden, weil er nach einem Unfall beim VLN-Saisonauftakt 2017 dem Mercedes-Werkspiloten Dominik Baumann einmal richtig die Meinung geigte. Ein Fan hielt die Szenen in einem Video fest. Nach einem Bericht des Motorsportportals 'Motorsport-Total.com' bekommen er und sein Team LifeCarRacing nun Zuschriften aus ganz Europa - überwiegend positiver Natur.

"Der Zuspruch ist wirklich überwältigend", sagt Leyherr im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Ich muss demjenigen, der es gefilmt hat, wirklich dankbar sein. Denn im ersten Moment haben alle gesagt, dass ich Mist gebaut hätte. Das war natürlich nochmal eine Zusatzbelastung." Zusätzlich zu einem Schaden von 25.000 Euro, den sein BMW M235i Racing genommen hat.

Doch es war zunächst nicht der finanzielle Schaden, der Thomas Leyherr völlig die Fassung verlieren ließ. Es war ein aus seiner Sicht völlig aussichtsloser Versuch des Mercedes, an einer Stelle zu überholen, wo es schlicht und einfach nicht geht. Er erklärt die Regel zu den in der VLN laufend vorkommenden Überrundungen: "Es gibt in der VLN vor jedem Rennen die Ansage: 'Wenn einer links blinkt, fährt er nach links. Wenn einer rechts blinkt, fährt er nach rechts. Und wenn er nicht blinkt, bleibt er auf der Ideallinie.' Das wird vor jedem Rennen vorgebetet. Und es war klipp und klar: Ich war auf der Ideallilnie und habe weder nach links noch nach rechts geblinkt."

Verdammt, wo kam der denn her?

Der Streckenabschnitt Flugplatz - ausgerechnet der Ort des tödlichen VLN-Unfalls von 2015 - ist eine schnelle Doppelrechts, die mit GT3-Fahrzeugen mit weit über 200 km/h genommen werden kann. Die kleineren BMW M235i, die in einer ganz anderen Fahrzeugklasse starten, sind wegen des geringeren Abtriebs dort etwa 160 bis 170 km/h schnell. Dominik Baumann dachte wohl, dass er schnell innen zwischen den beiden Rechtsknicken durchstechen kann. Das ging nicht auf, weil Leyherr wieder für die zweite Rechtskurve nach rechts ziehen musste. Alles andere hätte an dieser kniffligen Stelle einen Abflug bedeutet.

"Mein erster Gedanke war: 'Verdammt, wo kam der denn her???'", erinnert sich der BMW-Pilot an den Vorfall. "Und wie ich dann von dem BMW geschoben worden bin, habe ich realisiert, was passiert ist: Da wollte mich jemand überholen. Dann war ich so wütend: Das kann doch nicht sein, dass jemand an dieser Stelle versucht, zu überholen. In der Kurve geht das geht einfach nicht!" Zunächst dachte er, dass ihn Timo Scheider im werksunterstützten Schnitzer-BMW M6 GT3 abgeschossen hätte. Doch als er sich beim zweimaligen DTM-Meister beschweren wollte, leitete ihn dieser an den HTP-Mercedes von Baumann weiter. Scheider konnte dem Unfall lediglich nicht mehr ausweichen.

"Ich bin normalerweise ein ruhiger Mensch und es ist das erste Mal, dass mir so die Pferde durchgegangen sind", sagt er weiter. "Ich bin also zu Baumann gelaufen und dachte, er würde aussteigen. Als er das nicht tat, wurde mir erst klar, dass die Sache ganz anders hätte ausgehen können. Ich rede da von Überschlag oder Krankenhaus. Und deshalb bin ich richtig wütend geworden. Und da ist es dann passiert." Zunächst trat er gegen den Mercedes AMG GT3, riss anschließend die Tür auf, warf einige wütende Worte ins Cockpit und knallte sie wieder zu.

GT3 nur noch für VLN-Stammstarter?

Anschließend hätte er beinahe noch seinen Helm als Waffe eingesetzt, aber in letzter Sekunde noch zurückgezogen. "Ich wollte ihn eigentlich auf die Motorhaube knallen. Aber dann hat mich der Gedanke zurückgehalten, dass die Motorhaube wahrscheinlich mehr kostet als mein ganzes Auto", grinst Leyherr. "Da dachte ich mir: 'Bevor du das auch noch bezahlen musst, lass es mal lieber sein.' Lachen kann ich über das Video zwar nicht, aber ich stehe zu dem, was ich getan habe."

Er hat eine klare Meinung, was das Verhalten von Fahrern der superschnellen GT3-Fahrzeuge auf der Nordschleife angeht: "Es gibt diejenigen, die die ganze Saison fahren. Die wissen, was sie tun. Und dann gibt es diejenigen, die für das 24-Stunden-Rennen trainieren. Da muss ich ganz klar sagen: Wer das tun möchte, der soll das Qualifikationsrennen nutzen. Von mir aus können sie zwei dieser Rennen veranstalten. Aber sie sollen die VLN in Ruhe lassen." Das 24h-Qualifikationsrennen über sechs Stunden wird unabhängig von der VLN-Langstreckenmeisterschaft vom ADAC veranstaltet.

Was auch immer die Konsequenzen des Ganzen sein mögen, Thomas Leyherr werden sie nicht mehr viel helfen. Zu seinem Glück hat er eine Versicherung abgeschlossen, doch 13.000 Euro Selbstbeteiligung sind weg. Zwar planen Privatfahrer im Budget in der Regel einen größeren Unfall ein, doch nachdem dieses Polster nun schon im ersten Rennen aufgebraucht ist, bedeutet es bei den weiteren Rennen Fahren mit angezogener Handbremse. Zumindest beim zweiten VLN-Lauf am 8. April muss er das nicht - bis dahin wird der BMW M235i Racing nämlich nicht mehr fertig. Dominik Baumann hat sich übrigens bei ihm noch nicht gemeldet.

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