Nürburgring ist pleite - der ganz große Crash

, 18.07.2012


Traurig, aber wahr: der Nürburgring ist offiziell pleite. Das Prestigeprojekt der rot-grünen Landesregierung von Rheinland-Pfalz rund um Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) ist der politischen Gigantomanie zum Opfer gefallen. Heute beschloss das Kabinett, dass die landeseigene Nürburgring GmbH von sich aus ein Insolvenzverfahren wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einleitet. Dem Ausbau zum Vergnügungspark folgte ein Millionengrab.


Kurt Beck teilte mit, dass die EU-Kommission die beantragten Finanzspritzen in Höhe von 13 Millionen nicht kurzfristig genehmigen will, sondern weiterer Prüfbedarf bestehe. Zeit, die der Nürburgring nicht hat, denn der Nürburgring GmbH steht das Wasser bis zum Hals und sie muss die Zinsen für einen 330-Millionen-Kredit zahlen. Das Verfahren soll bereits am kommenden Montag oder Dienstag beginnen. Die Nürburgring GmbH liegt zu 90 Prozent in der Hand des Landes Rheinland-Pfalz, während 10 Prozent der Anteile der Kreis Ahrweiler hält.

Nicht die EU ist schuld an dem Disaster. Die Ursache liegt bei der rot-grünen Landesregierung von Rheinland-Pfalz, die den Umbau der Traditionsrennstrecke zur „Erlebniswelt“ initiierte. Das am 10. Juli 2009 offiziell eröffnete Mammutprojekt kostete rund 330 Millionen Euro. Im Niemandsland der Eifel entstanden neue Hotels, ein Feriendorf, Discos, ein Indoor-Themenpark, mit dem „Ring Racer“ entlang der Start-Ziel-Gerade eine aufgrund von Sicherheitsproblemen niemals in Betrieb genommene Achterbahn, ein Einkaufszentrum etc.

Die strukturschwache Eifel sollte eine massive Aufwertung erhalten und neue Arbeitsplätze generieren. Doch der ganzjährig erwartete Besucheransturm blieb bis heute aus. Die privaten Betreiber zahlten die Pacht nicht mehr, so dass das Land Rheinland-Pfalz als Mehrheitseigner des Nürburgringes die Verträge im Februar 2012 kündigte.

Die für ihre Touristenfahrten beliebte Nordschleife gehört ebenfalls zum Nürburgring und zieht die weltweiten Besucher in ihren Bann. Die Nordschleife, heute 20,832 Kilometer lang und von 1951 bis 1976 Austragungsort der Formel 1, windet sich wie eine Achterbahn durch die Eifel. Rennfahrerlegende Jackie Stewart gab der schwierigen Rennstrecke den Namen „Grüne Hölle“. Doch in den letzten Jahren schossen die Preise für eine Runde in die Höhe, im Jahr 2012 waren es bereits 26 Euro - wohlgemerkt für eine einzige Runde. Etliche Autoenthusiasten konnten sich damit nur noch wenige Fahrten leisten.


2001 kostete eine Runde nur 11 Euro, 2005 lediglich 15 Euro. 2007 begann der Umbau des Nürburgringes zum Vergnügungspark und der Preis stieg von 2006 (16 Euro/Runde) auf 2007 um 3 Euro pro Runde auf 19 Euro an. Ebenso interessant erweist sich ein Blick auf die Preise für Jahreskarten: 2005 lag diese noch bei 524 Euro, 2007 bei 895 Euro und 2009 bei 1.095 Euro. Während von 2009 bis 2010 die Preisstruktur gleich blieb, folgte 2011 eine Preiserhöhung der Jahreskarte um satte 26 Prozent auf 1.350 Euro und erreichte 2012 einen Preis von 1.445 Euro.

Wie geht es nun weiter? Durch das angekündigte Insolvenzverfahren entscheidet ein Insolvenzverwalter über den Nürburgring. Im Ergebnis müsste der Nürburgring teilweise oder ganz verkauft werden. Und das vermutlich zum Spottpreis. Die „Wirtschaftswoche“ berichtete unlängst darüber, dass Wirtschaftsprüfer von Ernst &Young für Rheinland-Pfalz den aktuellen Wert des Nürburgringes, inklusive Grand-Prix-Strecke, Nordschleife und den vielen Neubauten des Freizeitkomplexes, ermittelten. Das Ergebnis: 126 Millionen Euro.

Daraus würde ein riesiger Schuldenberg resultieren; denn den 126 Millionen Euro sollen der 330-Millionen-Euro-Kredit und außerdem etwa 83 Millionen Verbindlichkeiten aus Gesellschafterdarlehen gegenüberstehen. Unter der Annahme, dass der Nürburgring für 126 Millionen Euro zum Verkauf käme, blieben für das Land noch immer 287 Millionen Euro Schulden übrig.

Die Ungewissheit birgt eine weitere Gefahr: die Planungssicherheit bei Motorsportveranstaltungen. Die Frist für die Anmeldung internationaler Motorsportveranstaltungen bei der internationalen Motorsportbehörde FIA in Paris endet am 31. Juli 2012, die nationale Frist beim Deutschen Motorsport Bund (DMSB) in Frankfurt läuft am 13. August 2012 ab.


Nach den aktuellen Kontroversen steht jetzt die Frage nach dem zukünftigen Vertragspartner offen. 2013 könnte demzufolge ein Jahr mit nur wenigen Motorsportveranstaltungen auf dem Nürburgring werden. Was ist mit dem weltberühmten 24-Stunden-Rennen? Der zukünftige Vertragspartner ist unbekannt. Rennserien wie die DTM oder die ADAC GT Masters, die ebenfalls zum besonderen Flair des Nürburgringes beitrugen, könnten auf andere Strecken ausweichen. Auf der anderen Seite gibt es Rennserien, die nur auf der Nürburgring-Nordschleife stattfanden, wie zum Beispiel die VLN-Langstreckenmeisterschaft.

Nächstes Jahr wäre der Nürburgring im Wechsel mit dem Hockenheimring wieder als Ausrichter der Formel 1 an der Reihe. Der Hockenheimring stünde sicherlich bereit, um sich den Formel-1-Zirkus nicht entgehen zu lassen.

Die Kreise ziehen sich weiter: Seit 1985 findet das ebenso bekannte Musikfestival „Rock am Ring“ auf dem Nürburgring statt und zog zuletzt 86.500 Zuschauer im Jahr 2012 an. Ausverkauft! Dazu fast zwei Millionen Zuschauer am Fernsehen. „Rock am Ring“ galt ebenfalls als Publikumsmagnet für Rheinland-Pfalz und die Region. Das sind Traditionsfestivals, während in der neugebauten Veranstaltungshalle auf dem Komplex einer Rennstrecke auch Konzerte mit Volksmusik die Zuschauer anziehen sollten.

Es kam noch dicker: 2010 fanden Konzerte wie „Der Ring ruft“ mit Hansi Hinterseer und anderen Stars der Volksmusik statt, doch die Zuschauer mit einem Altersdurchschnitt jenseits von 60 Jahren fühlten sich unsicher, da Handläufe und Geländer an den Zugängen zu den Rängen fehlten. Die Veranstalter planten vorerst nicht mehr weiter am Nürburgring; denn die Nürburgring GmbH sah zu jener Zeit keinen Handlungsbedarf zum Umbau.

Fast ließe sich sagen, dass die Eifel mehr und mehr zum Friedhof von Rheinland-Pfalz wird. Durch einen Wegfall des 24-Stunden-Rennens, der Formel 1, der DTM und den vielen anderen Rennserien, die bei den Motorsportbehörden für 2013 angemeldet werden müssen, würde die bereits strukturschwache Region weitere Arbeitsplätze verlieren.

3 Kommentare > Kommentar schreiben

18.07.2012

Absolute Frechheit ... tagtäglich wird für irgendeinen Mist Geld locker gemacht um etwas am Leben zu halten. Aber echte Traditionen und Zuschauermagnete fallen da wahrscheinlich nicht mit rein. Unverständlich wenn man schon daran denkt, was der Nürburgring auch für einen Umsatz für alle kleinen Geschäfte oder Hotels in der Nähe mit sich bringt ...

21.07.2012

Ich mache mir erstmal keine Sorgen. Vieles am Ring sorgt ja für mächtig Umsatz und Rendite (insbesondere die Tourifahrten), sodass hier die Insolvenz keine riesigen Auswirkungen haben wird - außer, dass die Preise mal wieder steigen. Und wenn der ganze Mist mit Vergnügungspark und Co. wieder verschwindet, habe ich auch kein Problem damit...

21.07.2012

Viele Veranstalter haben sich über Jahre die Taschen vollgestopft dadurch, dass der Nürburgring überhaupt existierte und die Möglichkeit batf Veranstaltungen in solch einem Rahmen überhaupt durchführen zu können. Rock am Ring hat mit Motorsport überhaupt nichts zu tun und Marek Lieberberg verdiente Millionen damit. Bernie Ecclestone bekommt alleine 20 Miollionen dass er überhaupt kommt. Die Rennpiloten verdienen Millionengehälter wenn sie auf dem Ring im Kreis fahren. Nun scheitert es an 13 Mio. Euro, die ein Land wie Rheinland Pfalz nicht aufbringen kann? Mir wird echt schlecht. Nun wird es Zeit, dass all diese Nutznieser das zurück geben was der Nürburgring Diesen all die Jahre gegeben hat. Dass der viel zu teuer gestaltete Umbau so sinnlos war wie ein Kropf, sich in der neuen großen Halle sich niemand wohl fühlt, weil der Bezug zum hautnahen Rennsport dadruch völlig abhanden gekommen war und eine Achterbahn verbaut wurde welche bis heute keine Betriebserlaubnis bekommen hat,... sollten sich Planer und Befürworter auf die Fahne schreiben und dafür die Konsequenzen übernehmen. Eine professionelle Standort und Marktanalyse hätte Aufklärung gebracht und im Vorfeld das entstehen einen solchen Desasters gar nicht erst zugelassen. Aber es stand auch hier nur wieder im Vordergrund sich die eigenen Taschen voll zu stopfen und im Gestehen kräftig zu verdienen. Nun wird ein Insolvenzverwalter die Geschäfte übernehmen. Aber dieser wird es auch nicht umsonst machen. Es ist davon auszugehen, dass dieser bei der Abwicklung mit seinem Team rund 10 Mio Euro an dem Schicksal des Nürburgrings verdienen wird, ber die Schulden bleiben größtenteils und diese auf dem Steuerzahler. Herr Beck wird seinen Hut nehmen und im Anschluss in die freie Wirtschaft vielleicht als Berater gehen und wieder zu einem vernünftigen Einkommen entgegen sehen. Mehr Konsequenzen erwarten ihn nicht. Aber die vielen vielen Arbeitsplätze die dahinter stehen von all den tüchtigen Menschen die dort arbeiteten und für dieses Mißmanagements nichts können und die Familien dieser Menschen stehen bald vor dem nichts und bekommen existenzielle Probleme, während sich die Verantwortlichen die Schuldzuweisungen untereinander Vergeben und doch keine eigenen finanzielle Probleme bekommen. Marek Lieberberg zieht einfach um an einen anderen Ort und die Rennveranstaltungen werden eben dann auf anderen Rennstrecken ausgetragen. Mir hängt dieses Verhalten langsam zu Hals heraus. Die Gier nach noch mehr Vermögen auf Kosten Anderer, es ist einfach geschmacklos. Ich bin der Meinung, dass die fehlenden 13 Mio. nur Portokasse ist, für all die Großverdiener welche dem Nürburgring viel zu verdanken hatten. Dazu mein Apell an Marek Lieberberg und all die Millionenschweren Rennfahrer, was haltet ihr davon einfach mal eine Million pro Kopf dem Ring zurück geben würdet, damit es weiter gehen kann und der Ring die Chance bekommt das nächste Jahr zu überstehen um sich aus eigener Kraft, natürlich mit einem kaufmännisch klugen Management, wieder in eine Ertragslage bringt. Denkt mal darüber nach. Und noch eins, an all die Kritiker des Nürburgrings... Nun steht er da und wird sicher nicht mehr abgerissen, also jetzt darüber zu diskutieren über Sinn oder Unsinn des Rings bringt auch niemanden mehr nach vorne. Verwendet lieber Eure Kraft damit mit anzupacken dass dieses Vorhaben und der Betrieb des Rings wieder an Fahrt aufnimmt, oder stellt Ihr einen dann arbeitslos gewordenen Ring Angestellten in Euren Betrieb ein um seine existentielle Zukunft zu sichern, vermutlich nicht. Also lasst die dummen Stammtischparolen, die wirklich deplaziert sind. Mit altklugen Sprüchen ist hier niemandem geholfen. Liebe Grüße der Scharfrichter


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