Worauf habe ich mich da nur eingelassen? Normalerweise liebe ich die dynamische Fahrweise und beschäftigte mich noch nie zuvor intensiv mit möglichst spritsparenden Fahrmethoden. Wie weit ich damit ohne große Vorbereitung kam und welchen Versuchungen ich widerstehen musste, sollte der Audi Efficiency Road Trip von Ingolstadt in Deutschland bis nach Neuchâtel in der Schweiz zeigen. Das Arbeitsgerät: ein Audi A3 2.0 TDI mit 150 PS in Kombination mit einer 6-Gang-Handschaltung. Werksangabe beim kombinierten Verbrauch: 4,1 Liter Diesel pro 100 Kilometer.
© Foto: Regina Brand, Audi
Das ist eher eine Meditation als ein Road Trip
Beim Start mit versiegeltem Tank bin ich verhalten, streichele das Gaspedal nur sanft, schalte früh hoch und vermeide jegliches Bremsen, um nicht anschließend erneut Gas geben zu müssen. Die Route führt anfangs über Landstraßen und durch bergige Landschaften. Kreisverkehre auf der Strecke sehe ich als Killer an, so dass ich dort heranrolle, um möglichst genau eine passende Lücke abzupassen. Ich gurke regelrecht über die Landstraße mit ca. 80 km/h.
Große LKWs sind schneller unterwegs oder werden als Windschatten genutzt. Ich möchte nicht wissen, was andere Verkehrsteilnehmer zu jenem Zeitpunkt über mich als Schleicher denken. Freunde von mir würden es vermutlich nicht glauben, dass ausgerechnet ich spritsparend und langsam über die Straße gleite. Ich hätte vermutlich fluchend im Auto gesessen, wenn jemand so gemächlich vor mir über die Landstraße kröche. Ein Team wird sogar von einem LKW-Fahrer angehupt, nicht dermaßen den Verkehr aufzuhalten.
Während mich im Alltag das Leben sprichwörtlich überrollt und Hektik vorherrscht, gehe ich in mich und genieße für einen Augenblick diese fast unbekannte Entspannung. Für die genervten Gesichter der anderen Autofahrer, die uns überholen, habe ich nur ein Lächeln übrig; denn ich weiß genau, wie sich diese schnelleren Fahrer fühlen, die mir wahrscheinlich teilweise am liebsten den Kopf umdrehen würden. Aber heute stehe ich auf der anderen Seite. Vorerst bringt mich nichts aus der Ruhe. Mein Team-Partner, der Audi-Blogger Enno Reddies, meint bereits zu mir: „Das ist eher eine Meditation als ein Road Trip.“
Der durchschnittliche Spritverbrauch liegt bei unter vier Litern. Aber kann es das wirklich gewesen sein? Wenn ich mit diesem Tempo weiterfahre, werden wir erst nach einer gefühlten Ewigkeit unser Ziel erreichen, das auf unserer vorgegebenen Route von Ingolstadt 526 Kilometer weit entfernt liegt. Effizienz bedeutet, Sprit sparen und dennoch „schnell“ zu sein. Daher spielt bei der Wertung auch der Zeitfaktor eine wichtige Rolle.
Die Versuchung ist so groß
Nach rund 30 Kilometern Schleichfahrt verwerfen wir unsere „Spritsparstrategien“ und entscheiden uns, mit einer normalen Geschwindigkeit realistisch zu fahren. Sonst drücke ich gerne das Gaspedal durch, um den Vortrieb zu genießen und dem emotionalen Sound eines V8-Triebwerkes zu lauschen und beschleunige aus Kurven heraus etc. Alles, was Spaß macht, erhöht den Spritverbrauch und ist nun nicht mehr „erlaubt“. Das Bediensystem MMI (Multi Media Interface) mit dem ausgefahrenen Bildschirm und andere Verbraucher lassen wir dennoch munter laufen, wie es die meisten Fahrer im Alltag machen würden.
© Foto: Regina Brand, Audi
Die Landstraßen so schön kurvig, ab und zu eine Autobahn, deren fast freie Spur sich bis zum nächsten Hügel durchzieht. Sollte ich vielleicht doch einmal das Gaspedal beherzt durchdrücken? Nur diese eine Kurvenpassage, die nach so viel Spaß aussieht? Hoffnungen auf den Sieg machen wir uns nicht. Aber ich möchte es mir selbst beweisen und ziehe es konsequent durch, um den inneren Schweinehund zu besiegen. Was einem überzeugt effizienten Fahrer im Blut liegt, stellt für mich eine echte Herausforderung dar; denn ich fahre ganz gegen meine sonstigen Gewohnheiten, da eine spritsparende Fahrweise zu einem signifikanten Teil vom Fahrer selbst abhängig ist.
Ohne das Schleichen kommen wir wenigstens verhältnismäßig gut voran. Auf den Landstraßen mit 100 km/h und auf der Autobahn in Deutschland mit bis zu Tempo 130. Mit jedem gefahrenen Kilometer erreiche ich eine größere Tiefenentspannung und lerne auf dem Audi Efficiency Road Trip ein für mich neues Gefühl: Ich fahre völlig befreit mein Tempo und bereite mir erst gar keinen Stress. Unter anderen Umständen würde der 150 PS starke Audi A3 2.0TDI bis zu 216 km/h unterwegs sein.
Die Gewinner setzten auf den Sägezahn
Nach 526 Kilometern über viele Landstraßen, durch Städte und über die Autobahn erreichen wir Neuchâtel nach 6 Stunden und 50 Minuten mit einer realistischen Fahrweise. Unser finaler Durchschnittsverbrauch: 4,33 Liter pro 100 Kilometer ohne große Spritsparkenntnisse. Der Audi A3 2.0 TDI mit 150 PS und einer umfangreichen, gewichtsbeeinflussenden Ausstattung zeigt, was alles für einen ganz normalen Autofahrer möglich ist, wenn er diszipliniert fährt und ständig die Verkehrsgegebenheiten beobachtet, um vorausschauend fahren zu können.
Zwischen uns und dem Team von Lisa Schwarz und Fabian Meßner entwickelt sich ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Platz. Bei den Konkurrenten steht am Ende nach so vielen Kilometern ein fast identischer kombinierter Verbrauch von 4,35 Litern pro 100 Kilometern an, jedoch in einer Zeit von 6 Stunden und 43 Minuten. Im Zeichen der Effizienz und dem Vorsprung von 7 Minuten geht der zweite Platz an Lisa Schwarz und Fabian Meßner.
Das Gewinnerteam, bestehend aus Sebastian Bauer und Kai Bösel, erzielte auf der identischen Strecke nach 6 Stunden und 51 Minuten einen Durchschnittsverbrauch von nur 3,99 Litern auf 100 Kilometern. Die Beiden bereiteten sich scheinbar akribisch vor, beachteten die Topographie und fuhren bergauf mit 80 km/h und hinunter so, dass maximal vier Liter verbraucht wurden.
Kann der Audi A3 2.0 TDI mit Handschaltung eigentlich nicht selbst „Segeln“ (Verbrennungsmotor wird vom Antriebsstrang abgekoppelt und abgeschaltet) emulierten Kai Bösel und Sebastian Bauer die Funktion, um möglichst lange mit abgekoppeltem Motor zu rollen. Sebastian Bauer zur Taktik: „Wir fuhren schon an einigen Stellen ‚Sägezahn‘. Das war genau unser Vorsprung, den wir rausfuhren. Ganz oft koppelten wir aus und ließen uns für ein bis zwei Kilometer rollen, während die anderen der Schubabschaltung des Motors vertrauten.“
© Foto: Regina Brand, Audi
Bei der Sägezahn-Taktik wird, in einfachen Worten gesagt, vorausschauend Gas gegeben, um anschließend möglichst lange im Leerlauf zu rollen - sicherlich stellt das nicht die Fahrweise eines normalen Autofahrers dar, der Sprit sparen möchte, aber bei dieser Challenge ist es erlaubt.
Wer es auf die Spitze treiben möchte, beschleunigt kurz relativ stark bei niedriger Drehzahl, schaltet schnell hoch und lässt sich dann rollen und vermeidet dabei jegliches Bremsen. Für den dahinter fahrenden Verkehrsteilnehmer ohne Überholmöglichkeit stellt das vermutlich eine echte Nervenprobe und einzige Tortur dar.
Fahrspaß oder geldsparende Effizienz?
Zugegeben, ich kehrte nach dem Road Trip bei meiner Fahrweise schnell zum Fahrspaß zurück. Doch jeder Fahrer kann, wenn er nur möchte, effizient fahren, ohne zu schleichen. Mit einer realistischen Fahrweise auf der vielseitigen Route durch Städte sowie über Landstraßen und Autobahnen verfehlten wir mit 4,33 l/100 km nur knapp die Werksangabe des kombinierten Spritverbrauches von 4,1 l/100 km.
Für überzeugt effiziente Fahrer, die intuitiv ihre Fahrweise dem Spritsparen unterordnen, stellt diese Aussage sicherlich keine neue Erkenntnis dar. Doch für uns stellte es eine Erfahrung dar, zu erleben, wie sich ein sonst dynamischer Fahrer ohne Vorbereitungen beim effizienten Fahren anstellen wird.
Die heutigen Autos liefern mit sparsamen Motoren, einer Schaltpunktempfehlung und Start-Stopp-Funktionen die Grundlage, alles andere ist Einstellungssache des Fahrers: vorausschauend fahren und sich diszipliniert mit dem Gasfuß beherrschen. Spaß bringt das nicht, aber es spart bei regelmäßiger Anwendung auf das Jahr hochgerechnet viel Geld.
© Foto: Regina Brand, Audi
Im Rückblick hätte ich vielleicht sogar bewusst die Rolle des dynamischen Fahrers einnehmen sollen. Sicherlich wäre es im Vergleich mit den anderen Teams interessant gewesen, wie sich beim Audi A3 2.0 TDI die Zeit (Geschwindigkeit) in Relation zu den Kosten (Verbrauch) auf einer identischen Strecke entwickelt, wenn ich, ebenfalls vorausschauend und ohne starken Gasfuß, mit einer etwas höheren Geschwindigkeit als die anderen Teams gefahren wäre.
Spritspar-Tipps für Fortgeschrittene
Neben dem Sägezahn-Prinzip gibt es weitere Möglichkeiten, Sprit zu sparen, wie zum Beispiel mit ausgekoppeltem und abgestelltem Motor an die Ampel zu rollen, wenn der Fahrer nicht stärker bremsen muss als bei eingelegtem Gang durch die Motorbremse. Allerdings sollten dies Autofahrer erst üben, um ein Gefühl für das Bremsen ohne Bremskraftunterstützung zu erhalten, statt dem stehenden Vordermann draufzufahren.
Statt beim Ausrollen die Schubabschaltung des Motors zu nutzen, ist es oftmals lohnender, nach Möglichkeit vorausschauend im Leerlauf auf einen langen Rollweg zu setzen. Etliche Spritsparer fahren darüber hinaus so langsam wie möglich im höchsten Gang und bremsen in Kurven nicht ab, um mit der Ausgangsgeschwindigkeit hindurchzufahren.
Frühzeitiges Schalten in einen höheren Gang spart ebenfalls Sprit, um die Motordrehzahl niedrig zu halten. Wer im höheren Gang stärker Gas gibt, spart in der Regel mehr als jemand im niedrigen Gang mit weniger Gas. Überhaupt sollte ein Spritsparer abruptes Gas geben vermeiden, flüssig sowie vorausschauend fahren und in der Stadt am besten im Verkehr „mitschwimmen“, um Bremsen und stärkere Beschleunigungsvorgänge zu vermeiden.
Unterm Strich kommen beim effizienten Fahren, diverse situationsabhängige Spritsparmaßnahmen zusammen, die in der Kombination den Verbrauch auf einer Fahrt senken. Wer Spritsparwettbewerbe gewinnen möchte, sollte viel rollen, den Gang rausnehmen und den Motor ausschalten und dann, sobald erforderlich, den Gang einlegen und das Triebwerk erneut starten. Dazu gehört etwas Übung, damit es dem Fahrer automatisch und intuitiv gelingt. Bei diesen Maßnahmen sollte der Fahrer unbedingt vorher ein Gefühl für das Bremsen und Lenken bei ausgeschaltetem Motor im Rollen besitzen.
Fotos:
Christian Brinkmann, Fabian Meßner, Regina Brand