Große Chance bei Ferrari: Kommt Hülkenberg statt Räikkönen?

, 02.07.2015

Der Deutsche ist ein heißer Kandidat auf das Scuderia-Cockpit, weil andere Kandidaten nicht verfügbar sind: Ricciardo und Bottas haben gültige Verträge

Egal, wie viele Türen direkt vor seiner Nase zuknallten. Egal, wie viele Rückschläge er hinnehmen musste: Nico Hülkenberg war sich in seiner wechselvollen Formel-1-Karriere immer sicher, dass eines Tages seine Chance in einem Topteam kommen würde. Eines Tages könnte die Saison 2016 sein. Schließlich ist der 27-Jährige zum dritten Mal ein heißer Kandidat auf ein Ferrari-Cockpit, sollte sich die Scuderia von Kimi Räikkönen trennen. Doch es schwirren weitere Namen durch die Gerüchteküche.

Für Hülkenberg spricht, dass die Roten mehrmals bei ihm anklopften: Er war 2012 im Gespräch, den formschwachen Felipe Massa zu beerben. Noch konkreter waren die Verhandlungen im Jahr darauf, als der Brasilianer gehen musste, sich Ferrari trotz einer konkreten Vertragsvorlage aber für seinen jüngsten Weltmeister Räikkönen entschied. Jetzt also die dritte Gelegenheit? Hülkenberg lässt die Sache - zumindest äußerlich - kalt. Er sagt: "Ich muss Leistung bringen, dann kommt der Rest von alleine."

Ein Anfang wäre gemacht, wenn Ferrari die vertragliche Option auf den Finnen nicht zieht. Nach Solidaritätsbekundungen in Bahrain ist Maurizio Arrivabene vor dem Hintergrund ausbleibender Leistungen zurückhaltender geworden, wenn es um die Personalie geht. Er verweist auf Präsident Sergio Marchionne. Und Räikkönen tappt im Dunkeln: "Sie treffen ihre Entscheidung", erklärt er. "Ich versuche, gute Rennen zu fahren. Ich weiß auch nicht mehr, hoffentlich passiert irgendwann etwas."

Räikkönen unter Druck: Kein "Iceman"?

Nicht erst seit seinem Disput mit einem italienischen Journalisten ist Räikkönen anzumerken, dass ihn das Gerede um seine Zukunft nervt: "Seit Jahresbeginn wird spekuliert und es werden immer die gleichen Geschichten geschrieben", schüttelt er mit dem Kopf. Felipe Massa glaubt, dass solche Reaktionen kein Zufall sind: "Es ist nicht schön, in so einer Situation zu sein. Eines seiner Probleme liegt hier", so der frühere Ferrari-Pilot mit einem Fingerzeig auf seinen Kopf. Er glaubt an Stress pur bei Räikkönen.

Massa findet: "Er leidet klar mehr unter dem Druck als unter anderen Dingen. Das zeigt sich in den Ergebnissen. Auch wenn ihn jeder den 'Iceman' nennt, ist er gar nicht so." Harte Schale, weicher Kern also? Massa, der kurz vor dem Ferrari-Rauswurf regelmäßig aufdrehte und sich meist doch noch einen neuen Vertrag angelte, rät zur Coolness und zur Besinnung auf den Sport: "Er sollte sich zurücklegen und sein Bestes tun. Er ist definitiv ein großes Talent und kann sich besser schlagen als er es derzeit tut."

Massa betont, dass bei Ferrari intern immer Rückendeckung geherrscht hätte. "Aber es geht nicht nur um das Team. Ferrari ist ein großes Unternehmen, also ist man jeden Tag in den Medien, positiv oder negativ. Es gibt mehr Druck, wohl mehr als bei jedem anderen Team." Öffentlichkeitsarbeit ist bekanntermaßen keine Räikkönen-Domäne. Massa betont, er hätte in schwierigen Situationen große Last auf seinen Schultern verspürt. Und er hält es für "möglich, dass sich das Team nach anderen Fahrerm umschaut".

Hülkenberg auch eine kostengünstige Lösung

Hülkenberg? Möglich. Mit seinem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans hat der Emmericher für einen Paukenschlag gesorgt und seinen Marktwert in die Höhe getrieben. Wichtiger noch: Das Paddock spricht wieder über den ehemaligen GP2-Champion. "Da ist ja der Le-Mans-Sieger" ist nach eigener Aussage eine Begrüßung, die Hülkenberg oft zu hören bekommt, wenn er mit einer etwas breiteren Brust als sonst durch das Fahrerlager marschiert: "Wieder ein Rennen gewonnen zu haben ist gut für das Ego, gibt einen Schub an Zuversicht und zeigt, dass man noch schnell ist", sagt er.

Trotz Hülkenbergs neuem Preisschild spricht für ihn, dass er Ferrari weitaus günstiger zu stehen kommen würde als Räikkönen, der für die Saison 2016 angeblich 15 Millionen Euro erhalten würde. Kein Schnäppchen, aber ebenfalls erschwinglicher, wären die Dienste Daniel Ricciardos. Bei Red Bull dank Renault-Power nicht mehr auf dem Niveau, das ihm gebührt, hätte der Australier aus sportlicher Sicht allen Grund, das Lager zu wechseln. Aber nicht die Möglichkeit, wenn die Österreich sich quer stellen.

Wie Motorsport-Berater Helmut Marko 'Motorsport-Total.com' bereits im Mai erklärte, bindet Ricciardo ein langfristiger und nicht-kündbarer Vertrag an Red Bull. Informationen von 'F1-Insider.com' zufolge soll Ferrari trotzdem an den dreimaligen Grand-Prix-Sieger herangetreten sein, um das Stallduell mit Sebastian Vettel neu aufzulegen. Weiteres Argument gegen eine Ricciardo-Verpflichtung: Wäre sie dem Heppenheimer, der 2014 im direkten Vergleich schlecht aussah, genehm?

Alternativen sind rar: Teures Vergnügen oder Crashkid

Ricciardo winkt ohnehin ab, wenn es um die Gerüchte geht: "Ich weiß gar nicht, wo sie ihren Anfang genommen haben. Dann sind sie einfach explodiert. Es ist schon zum Lachen", grinst er die Spekulationen gewohnt höflich und humorvoll weg, ohne ein striktes Dementi zu lancieren. "Ich bin schon in einem Topteam, aber das Interesse von anderen zu spüren ist schön. Ferrari ist die einzige Spitzenmannschaft, bei der ein Sitz frei werden könnte, deshalb wurde mein Name wohl neben anderen genannt."

Die Rede ist außerdem von Williams-Pilot Valtteri Bottas und dem hauseigenen Junior Antonio Fuoco. Aber auch der Finne ist 2016 an seinen derzeitigen Arbeitgeber gebunden und wäre ohne großen finanziellen Aufwand nicht zu bekommen, außerdem ist er eines Tages ein logischer Kandidat für Mercedes. Beteiligt an seinem Management ist neben Mika Häkkinen und Didier Cotton auch Motorsport-Chef Toto Wolff. Fuoco ist mit 19 Jahren zu unerfahren und bekleckerte sich beim Testeinsatz in Spielberg nicht mit Ruhm, als er den SF15-T prompt demolierte. Eher ist Sauber-Tester Raffaele Marciello eine Option.

Spricht also alles für Hülkenberg? Der Force-India-Pilot, der für 2016 vertraglich nicht an Vijay Mallya gebunden ist, nimmt Massas Rat an Räikkönen an und besinnt sich auf seine Arbeit am Volant. "Ich fühle mich wohl. Ich muss Leistung bringen und jedes Wochenende das Maximum zeigen. Der Rest liegt sowieso nicht in meinen Händen." Erfahrung mit einer sich anbahnenden Ferrari-Liaison hat Hülkenberg bereits: "Es geht mir nicht nahe. Ich war zuvor in dieser Situation." Und deshalb kann er ganz beruhigt weiter mit der Scuderia flirten: "Man checkt den Markt, was möglich ist und was möglich werden könnte." Offenbar die Chance, die ihm bisher immer verwehrt blieb.

Jetzt kommentieren
Jetzt bewerten

Zum Bewerten musst Du registriert und eingeloggt sein.

Weitere Formel 1-News

Sieht zusätzliche Zahlungen an Ferrari als gerechtfertigt an: Maurizio Arrivabene

Wie die Bayern: Ferrari und die "Mia san Mia"-Haltung

Am heutigen Mittwoch tagt die Strategiegruppe der Formel 1. In dem Gremium, das seit einigen Wochen wegen vermeintlich mangelnder Entscheidungsfähigkeit in der Kritik steht, geht es um die …

Ricciardo: Teamwechsel unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen

Ricciardo zu Ferrari? "Ich würde nie etwas völlig …

Kommt es zu einer Wiedervereinigung des Fahrerduos Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo? Wenn man Spekulationen glauben will, wäre das durchaus möglich, denn der Australier wird als ein …

Sebastian Vettel will Ferrari wieder dauerhaft zu Erfolgen führen

Sebastian Vettel: "Ich will mit Ferrari viele Titel …

Der Grand Prix von Großbritannien in Silverstone markiert als neuntes von 19 Saisonrennen die Halbzeit in der Formel 1 2015 und bietet somit die Gelegenheit für eine Zwischenbilanz des Rennjahres. …

Kimi Räikkönen bekommt derzeit wenig Schmeichelhaftes auf die Ohren

Räikkönen bei Ferrari vor dem Aus? "Es gibt eine Deadline"

Durchwachsene Leistungen im Qualifying, über weite Strecken des Saisonverlaufs chancenlos gegen den neuen Teamkollegen Sebastian Vettel, dazu mit einer Menge Pech an den Socken: Es scheint 2015 bei …

Reizthema Vertrag: Kimi Räikkönen geht mit einem Journalisten hart ins Gericht

Eklat bei Ferrari: Kimi Räikkönen legt sich mit …

Kimi Räikkönens Formel-1-Zukunft ist ungewiss: Der Finne, der 2007 den bislang letzten Ferrari-Fahrer-Titel eingefahren hat, hätte dieses Jahr beinahe den Grand Prix von Bahrain gewonnen, …

AUCH INTERESSANT
Traumstraßen im Münsterland: Flamingos und die coolsten Orte

AUTO-SPECIAL

Traumstraßen im Münsterland: Flamingos und die coolsten Orte

Die wunderschönen Straßen ein echter Geheimtipp und eingebettet mitten in eine faszinierende Parklandschaft befindet sich Ahaus, die wohl digitalste Stadt Deutschlands . Dort im Münsterland …


Formel1.de

TOP ARTIKEL
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den Unterschied
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den …
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit Mega-Reichweite
GWM WEY 03 Test: Plug-in-Hybrid mit …
News-Abo
Jeden Morgen kostenlos per E-Mail:
Aktuelle Artikel
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW ID.7 GTX Tourer: Alle Infos - der erste Check
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
VW Golf R 2024: Power-Spritze zum 50sten
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
World Car of the Year 2024: Die Top 3 ist enthüllt
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den Unterschied
BYD Seal U Test: Kampfpreis - das macht den …
Urlaub und Auto: 5 hilfreiche Tipps
Urlaub und Auto: 5 hilfreiche Tipps


Speed Heads - Sportwagen- und Auto-Magazin

Das Auto und Sportwagen Magazin mit täglich aktualisierten Auto News, Motorsport News, Auto Tests, Sportwagen Berichten und der streng geheimen Auto Zukunft. Speed Heads ist die Community für echte Auto-Fans und informiert im Sportwagen Magazin über Neuigkeiten aus der Welt der schnellen Autos.

  • emotiondrive Logo
  • World Car Awards Logo
  • Motorsport Total Logo