Lewis Hamilton rügt Kollegen: Nur Vettel macht den Mund auf

, 22.03.2016

Rundumschlag des Mercedes-Stars: Er kritisiert FIA-Rennleiter Charlie Whiting, duckmäuserische Piloten und die Chancen, in der modernen Formel 1 zu überholen

Mercedes-Star Lewis Hamilton hat scharfe Kritik am Regelfindungsprozess und der Attraktivität der Formel 1 geübt. Der Weltmeister ließ infolge des Qualifying-Chaos und seiner Schwierigkeiten beim Überholen im Rahmen des Australien-Grand-Prix am vergangenen Wochenende kein gutes Haar an Rennleiter Charlie Whiting und Fahrerkollegen, die im Gespräch mit Entscheidungsträgern lieber brav nickten als den Mund aufzumachen. "Wenn ich hingehe, dann ist Sebastian (Vettel; Anm. d. Red.) der einzige, der das Wort führt, was eigentlich keinen Sinn ergibt", sagt er über Meetings mit der FIA. "Ich höre nachher davon."

Hamiltons Worte überraschen, schließlich glänzte er mit Abwesenheit, als Whiting die Piloten am Rande der Testfahrten in Barcelona bezüglich der "Reise nach Jerusalem" instruierte. Offenbar legt der Brite ohnehin nicht viel Wert darauf, mit seinem Landsmann Details zu eruieren. Er fühlt sich angegriffen, ohne auf einen konkreten Vorfall Bezug zu nehmen: "Es ist schon interessant, dass Charlie sich über mich beschwert. Aus unseren Gesprächen findet kaum etwas viel Beachtung", schießt Hamilton gegen den langjährigen Rennleiter und will bei der FIA mehr Gehör finden.

Hamilton spielt auf die Schwierigkeit an, in der modernen Formel 1 zu überholen: "Es kann für Entscheidungsträger nur von Vorteil sein kann, wenn sie sich bei den Piloten erkundigen, was ihr Problem im Auto sei. Wir wurden nie gefragt, was das Problem wäre, wenn wir hinter einem Wagen herfahren." Dass er in Melbourne über weite Strecken des Rennens hinter Konkurrenten festhing, die nicht auf dem Niveau seines Mercedes waren, macht Hamilton noch zu schaffen: "Der Albert Park ist so ein toller Kurs und wir kommen einfach nicht nahe an den Vordermann heran."

Obwohl er bekennt, die "Antworten nicht zu kennen", hat der dreifache Champion die Pirelli-Reifen im Verdacht. Er erinnert sich an ein Duell mit Toro-Rosso-Youngster Max Verstappen, das keines war: "Wenn ich an meinen ersten Stint denke: Ich wollte den Kerl vor mir einfach angreifen. Aber ich konnte nicht, weil ich die Reifen schonen musste, um meine Vorgaben zu erreichen - und so ist es immer", hadert Hamilton, der auch nach dem Restart auf die Pneus achten musste, um mit der Medium-Mischung ohne einen weiteren Boxenstopp bis zum Rennende durchzukommen.

Das heißt: Abstand halten von seinem Vordermann. Denn die Luftverwirbelungen hinter den Rennern, die so genannte Dirty Air, lässt die Autos Bodenhaftung verlieren, das unvermeidliche Querfahren strapaziert die Gummis zusätzlich. "Wenn man rumschlittert, ist es ein Domino-Effekt", beschwert sich Hamilton und kratzt sich am Kopf. Er zieht es in Zweifel, ob das Feedback der Piloten wirklich der Heilsbringer der Formel-1-Welt wäre. "Ich kenne die Antworten ja auch nicht."

Im Kreise der Aktiven gibt es keinen Konsens, wie der Sache beizukommen wäre: "Bei uns Fahrern ist es so, dass die eine Hälfte das eine sagt, die andere Hälfte das andere. Wir sind unterschiedlicher Meinung. Es treffen ohnehin viele Leute Entscheidungen, die keine Ahnung haben, was im Auto passiert." Hamilton wünscht sich breitere Bereifung auf der Hinterachse, mehr mechanischen Grip und nicht den Versuch, die Formel-1-Autos 2017 mit aerodynamischen Modifikationen schneller zu machen: "Fünf Sekunden schneller mit mehr Abtrieb... und es ist immer noch das Gleiche."

Am Können der Piloten läge es jedenfalls nicht, dass die Königsklasse zu Prozession verkäme. "Wir sind doch alle in der Lage, dichter ranzufahren, wenn es denn ginge", nimmt Hamilton die Kollegen in Schutz. "Da muss sich etwas ändern, aber das erkenne ich nicht", hadert er. "Ich erinnere mich an Bilder aus Zeiten - bei einem Start in Estoril denke ich - als erst ein Williams vorne lag, dann ein McLaren in Kurve zwei...", schwärmt er von den alten Zeiten, die längst passé sind.

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