Als der VW Golf im Juni 1974 auf den Markt kam, ahnte kaum jemand, welch gewaltiger Erfolg er werden würde. Seine Qualitäten stellte er bereits im Sommer des gleichen Jahres im Rahmen eines spektakulären Härtetests über 30.514 Kilometer von Alaska nach Feuerland unter Beweis. Die beiden damals eingesetzten Fahrzeuge mit serienmäßigen 70-PS-Motoren sind heute vermutlich die wohl einzigen noch existierenden Golf I des Modelljahres 1974.
© Foto: Volkswagen
Vom Band liefen die in Brilliantgelb lackierten Zweitürer mit einer Innenausstattung in Tannengrün und mit Breitcord bezogenen Vordersitzen im Juli 1974. Für die Testfahrt von Alaska nach Feuerland blieben die VW Golf nahezu unverändert - abgesehen von einem Unterfahrschutz für Motor, Ölwanne und Getriebe sowie Nebelleuchten und Halogen-Zusatzscheinwerfern.
Zur Sonderausstattung gehörten außerdem das Radio „Emden“, ein Drehzahlmesser und ein VDO-Öldruckmesser. Zudem nahm Volkswagen die Rückbänke heraus - an ihre Stelle gelangt ein Laderaum mit grüner Abdeckplane. Die Autos liefen auf 155 SR 13-Sommerreifen Cinturato P3 von Sponsor Pirelli auf Alu-Sportscheibenrädern 5 x 13 Zoll.
Fritz B. Busch, der damals bekannteste Motorjournalist Deutschlands, war genau der richtige „Testfahrer“ für das Amerika-Abenteuer. Binnen 94 Tagen absolvierten Busch und seine vier Begleiter die strapazenreiche Tour. Von Fairbanks in Alaska starteten sie im Oktober 1974 über den amerikanischen Doppelkontinent in Richtung Süden - durch den Yellowstone-Nationalpark, über den Großen Salzsee, durch das Tal des Todes. Fast alle Staaten Mittelamerikas durchquerte das Team, bis man in Südamerika die Anden und am Abra Anticona mit 4.843 m ü.NN die höchste Stelle erreichte. Endstation war im Januar 1975 das chilenische Ushuaia auf Feuerland.
© Foto: Volkswagen
Busch, damals Journalist beim „Stern“, flog mit den abgefahrenen, aber noch intakten Stahlgürtel-Reifen im Handgepäck zurück und heuerte nach dem „Großen Test“ - so der Titel seines anschließend erschienenen Bestsellers - bei der „Quick“ an. Später schrieb Busch vor allem für „auto motor und sport“. Das Thema Volkswagen ließ ihn indes nie mehr los. So fuhr der Motorjournalist Weltrekorde mit einem aerodynamisch verpackten Diesel-Fahrzeug auf der legendären Teststrecke Ehra-Lessien.
Die zwei Test-Golfs kamen weitgehend unbeschadet im Frühjahr 1975 nach Deutschland zurück. Aufgerissene Tanks, einige Beulen, abgerissene Zierleisten und zerstörte Scheinwerfer stellten bleibende Zeugnisse der Tour dar. Der auf den Schotterpisten der Anden aufgerissene Tank des Busch-Fahrzeuges wurde repariert.
Beide Golfs blieben erhalten. Der eine - einst als WOB-V 587 für Reifensponsor Pirelli unterwegs - steht im privaten „Automuseum Fritz B. Busch" in 88364 Wolfegg im Allgäu. Das andere Auto mit der Fahrgestellnummer 175 3 022 653 (WOB V 645) gehört zur Sammlung der Stiftung AutoMuseum Volkswagen in Wolfsburg und stellt ein wichtiges Zeitzeugnis für das 40. Jubiläum von Golf und Scirocco im Jahr 2014 dar.
Das AutoMuseum in der Wolfsburger Dieselstraße öffnet seine Pforten für Besucher von Dienstag bis Sonntag von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr und repräsentiert als technisch-historische Sammlung die Produktgeschichte der Marke Volkswagen - von ihren Anfängen bis heute.