Mark Webbers Erinnerungen: "Schumis" Rascasse-Geständnis

, 13.10.2016

Mark Webber beschreibt in seinem Buch, wie ihm Michael Schumacher einst gestanden hat, dass "Rascasse-gate" eine mit voller Absicht geplante Aktion war

Mark Webber, dieses Jahr noch als Porsche-Werksfahrer in der Langstrecken-WM (WEC) engagiert und dort amtierender Weltmeister, hat heute seinen Rücktritt vom aktiven Motorsport per Saisonende 2016 bekannt gegeben. Er bleibt Porsche als Markenbotschafter verbunden. Grund genug, durch seine Autobiografie "Aussie Grit: My Formula One Journey" zu stöbern, in der der 40-jährige Australier seine Laufbahn Revue passieren lässt.

Einer der interessantesten Abschnitte des Buchs dreht sich um den Grand Prix von Monaco 2006. Das Rennen wurde vom späteren Weltmeister Fernando Alonso auf Renault gewonnen, ging aber aus einem ganz anderen Grund in die Formel-1-Geschichte ein. "Rascasse-gate" ist ein Begriff, den wir unseren Lesern wohl nicht groß erklären müssen. Es geht um Michael Schumachers mutmaßlich absichtlich herbeigeführten "Unfall" im Qualifying, der dazu führte, dass gelbe Flaggen geschwenkt wurden und kein Gegner mehr seine Pole-Position-Zeit angreifen konnte.

"Das war die Situation, in der mich Michael am meisten enttäuscht hat", schreibt Webber in seinem Buch, erschienen 2015 im Londoner Macmillan-Verlag. "Im Wissen, wie Michael tickt, dachte ich mir: 'Ich konfrontiere ihn irgendwann damit, nur wir zwei, und dann sage ich ihm, was ich denke.' Also tat ich das. Ich ging beim nächsten Rennen in Silverstone zu seiner PR-Managerin, Sabine Kehm, und fragte, ob Michael Zeit für mich hat."

In Silverstone persönliches Gespräch gesucht

Webber beschreibt das Gespräch wie folgt: "'Michael, ich möchte mit dir über Monaco sprechen. Und bitte lass mich erst ausreden.' Er war sehr gut darin, jemanden zu unterbrechen! 'Lass mich zu Ende sagen, was ich zu sagen habe. Du hast eine Entscheidung getroffen, als dir klar wurde, dass das Qualifying nicht nach Plan läuft. Du dachtest: 'Was kann ich jetzt tun, um den Rest des Feldes zu kontrollieren?''"

"'Zuerst einmal muss ich dir sagen, dass ich es im ersten Moment erstaunlich fand, dass du die Geistesgegenwart hattest, das Auto nicht zu crashen, weil du an deine Mechaniker gedacht hast. Du hattest zwei widersprüchliche Gedankengänge. Du wolltest das Auto crashen, gleichzeitig aber deinen Jungs den Stress ersparen. Genau darum war es letztendlich nicht besonders gut ausgeführt.'"

Schumacher hatte Webber in die GPDA gebracht

"'Ich war enttäuscht, dass du das getan hast, wirklich enttäuscht. Ich erwarte nicht, dass du mir jetzt sagst, ob es wirklich so war oder nicht, aber ich wollte persönlich zu dir kommen und dir meine Meinung sagen, nicht vor allen anderen beim GPDA-Meeting, denn da wird das sicher ein Thema werden'", so Webber. Dazu muss man wissen: Der damalige Williams-Fahrer wurde von Schumacher persönlich dazu überredet, sich in der Fahrergewerkschaft zu engagieren.

Schumachers Antwort war laut Webber klar und deutlich: "Mark, manchmal schlägst du einen bestimmten Weg ein, und dann kannst du nicht mehr umdrehen." Eine Darstellung, die es so davor noch nicht gegeben hat, denn offiziell hat der siebenmalige Weltmeister sein absichtliches Handeln bei "Rascasse-gate" nie zugegeben. Webber weiter: "Das war genau, was ich von ihm hören wollte. Er sagte es mir geradeaus ins Gesicht und es zeigte mir, was er bereit war zu tun, um zu gewinnen."

"Es hat mich gefreut, dass er mir den Respekt entgegenbrachte, mir die Wahrheit zu sagen. Michael war ein absolutes Phänomen, aber wie weit er ging, um erfolgreich zu bleiben... So war er gestrickt, er war ein grimmiger Gegner, immer am Limit. Wenn Sie sich in den Spiegel schauen und sagen: 'Das habe ich getan, um so erfolgreich zu sein.' Würden Sie sich in Ihrer Haut wohlfühlen?", schließt der nunmehr zurückgetretene Beinahe-Weltmeister von 2010 "Rascasse-gate" ab.

Alonso wollte sich vor Schumachers Ferrari legen

Webber offenbart in dem Buch übrigens auch einen nie bekannt gewordenen Plan von Alonso, den Schumacher mit mutmaßlich unfairen Mitteln geschlagen hatte. "Wenn er keine Strafe bekommt, steige ich nach der Aufwärmrunde aus und lege mich vor sein Auto", soll der Spanier am Samstagabend gesagt haben. Dazu kam es nicht. Schumacher wurde von den FIA-Rennkommissaren auf den letzten Startplatz versetzt und beendete den Grand Prix als Fünfter.

Übrigens: Dass sich Webber nach Monaco 2006 in Silverstone mit Schumacher getroffen hat, war kein Geheimnis. Das hatte der Australier schon damals verraten. "Ich habe Michael meinen Teil gesagt", so Webber 2006. "Ich bevorzuge es aber, nicht öffentlich darüber zu reden." Nachsatz: "Ich bin happy mit dem, was besprochen wurde."

Zehn Jahre später ist die Katze also aus dem Sack...

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