Andreas Pfister: Die deutsche ETCC-Hoffnung im Interview

, 07.02.2016

Andreas Pfister erklärt im Interview, warum die ETCC für ihn die richtige Serie ist und warum er nicht um jeden Preis in die WTCC aufsteigen will

Andreas Pfister ist der deutsche Hoffnungsträger im europäischen Tourenwagencup (ETCC). Der 28-Jährige Franke war in den vergangenen Jahren regelmäßig im Spitzenfeld der Markenpokalwertung zu finden und feierte in der hart umkämpften Klasse bereits acht Rennsiege. 2016 geht er erneut mit einem SEAT Leon in der "zweiten Liga" der Tourenwagen-WM an den Start und hat ein klares Ziel: Den Titel.

Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt Pfister, weshalb er und das von seinem Vater geführte Team sich in der ETCC so wohl fühlen und weshalb die WTCC zwar ein Ziel ist, aber keines, das er um jeden Preis erreichen möchte. Außerdem berichtet er über den Stand der Saisonvorbereitungen, verrät, wie er sich auf die Rennen auf der Nordschleife vorbereitet und beklagt die fehlende Unterstützung durch SEAT Deutschland.

Frage: "Andreas, seit wann bist du in der ETCC aktiv?"

Andreas Pfister: "2012 wurde die ETCC in der jetzigen Form wieder ins Leben gerufen, und ich bin stolz darauf, dass wird von Anfang an mit dabei sind."

Frage: "2016 ist also bereits deine fünfte Saison in der ETCC. Warum ist das für dich genau die richtige Serie?"

Pfister: "Einerseits sind es die tollen Rennstrecken. 2016 ist Imola wieder dabei, was 2012 auch schon im Kalender war. Dann ist der Solvakiaring dabei, der für mich etwas ganz Besonderes ist, weil ich dort drei Jahre hintereinander gewonnen habe. Le Castellet ist auch wieder dabei, Südfrankreich, sehr cool, dort konnte ich vergangenes Jahr auch gewinnen."

"Dann ist natürlich die Nordschleife herausragend, gerade für mich als Deutscher in der Europameisterschaft. In Magny-Cours war ich noch nie, das ist etwas Neues. Auch der Stadtkurs in Portugal ist für mich Neuland. Die Hauptargument der Europameisterschaft sind die tollen Rennstrecken und das tolle Rahmenprogramm bei der Weltmeisterschaft, wodurch man vor Ort viele Zuschauer hat."

"Und ich finde auch die fannahe Atmosphäre auch sehr cool. Ich bin lange im Rahmen der DTM gefahren, und da finde ich es in der ETCC deutlich fannäher. Das ist mehr echter Motorsport. Auch die Organisation seitens Eurosport finde ich sehr gut. Man merkt als Fahrer und Team: Du wirst wahrgenommen. Die Jungs sind einfach froh, dass du da bist, fährst und eine gute Show machst."

Keine Unterstützung durch SEAT Deutschland

Frage: "Du fährst den SEAT Leon Cup Racer, der bisher in der Markenpokalwertung eingestuft war, in diesem Jahr aber zur neuen TCN2-Klasse zählt..."

Pfister: "Ich glaube, das ist aktuell noch nicht ganz klar, wobei das Auto wohl in der TCN2 eingestuft wird. Mein letzter Stand ist, dass wir mit dem Auto in der TCN2-Klasse fahren, also gegen die anderen TCR-Fahrzeuge wie den Honda Civic von JAS, eventuell den Opel Astra, wenn welche kommen und die anderen Hersteller wie der Golf dann auch."

Frage: "Es wird deine neunte Saison im SEAT sein? Hast du die Sorge, dass du irgendwann als SEAT-Fahrer abgestempelt wirst, was andere Chancen verbauen kann?"

Pfister: "Es hat alles Vor- und Nachteile, das muss man ganz klar so sehen. Die Vorteile für unser Team sind, dass unsere Jungs, die Mechaniker und Ingenieure auf technischer Seite einen sehr großen Erfahrungsschatz mit dem Auto haben, den wir ausspielen können. Das ist auch der Grund, warum wir schon so lange auf die Marke vertrauen."

"Wir haben auch zu SEAT Sport in Spanien einen guten Draht, den wir nutzen. Schade ist allerdings, dass von SEAT Deutschland derzeit gar keine Unterstützung kommt. Da würden wir uns freuen, wenn SEAT Deutschland das zumindest ein Stück weit mehr wahrnimmt. Das war bisher nicht so. Ansonsten sind wir mit der Marke aber nicht verheiratet. Es ist für uns durchaus denkbar, 2017 auch mit anderen deutschen Herstellern zusammenzuarbeiten."

Frage: "Du hast schon erwähnt, dass der Slovakiaring für dich eine ganz besondere Rennstrecke ist. Sechsmal hast du dort schon die Klasse gewonnen. Was ist dort dein Geheimrezept, weshalb bist du dort so gut?"

Pfister: "Es gibt einfach Rennstrecken, die liegen einem einen Tick besser, und es gibt andere, wo man sich vielleicht ein kleines bisschen schwerer tut."

"Es ist wirklich seltsam, weil ich am Slovakiaring auch relativ wenig Erfahrung hatte. Ich bin mit sehr wenigen Testkilometern rein, aber die Rennstrecke hat mir von Anfang an gut gelegen. Der Streckenverlauf mit dem relativ anspruchsvollen Infield liegt mir einfach. Es macht auch sehr viel Spaß, dort zu fahren."

Frage: "Es sind noch gut zwei Monate bis die Saison beginnt. Wie ist bei euch der Stand der Saisonvorbereitungen?"

Pfister: "Wir testen aktuell noch in Südspanien, in Ascari. Allerdings noch mit dem alten SEAT. Das nutze ich für mich, um als Fahrer im Training zu bleiben. Das Auto ist ähnlich, wie der neue SEAT, daher ist das für mich eine gute Möglichkeit, um über den Winter auf der Strecke zu bleiben."

"Das neue Auto ist jetzt in der Revision, wird aber bis Mitte Februar fertiggestellt sein. Wir planen dann Ende Februar das Rollout am Hockenheimring. Ein großes Thema ist für mich die Nordschleife. Da sammle ich im Moment im Simulator Erfahrungen. Wir arbeiten dort mit einem professionellen Simulatoranbieter zusammen. Der ist zwar in Österreich, aber das rentiert sich."

Intensive Vorbereitung auf die Nordschleife

Frage: "Sind Gaststarts in der VLN oder RCN auch ein Thema, um dich auf diese einzigartige Strecke vorzubereiten?"

Pfister: "Die sind auf jeden Fall ein Thema. Es gibt einen RCN-Lauf, der für uns recht günstig liegt. Da sondieren wir gerade, ob wir das terminlich hinbekommen. Falls ja, würde ich dort auf jeden Fall gerne ein Rennen fahren."

Frage: "Welche Ziele hast du dir für diese Saison gesetzt?"

Pfister: "Ich war zweimal Vize-Europameister, war im vergangenen Jahr Dritter und möchte natürlich den Titel gewinnen. Das ist das Ziel. Wir haben im vergangenen Jahr mit dem brandneuen Auto relativ wenige Testkilometer sammeln können. Wir hatten nur einen Testtag, bevor es los ging, und das hat uns zu Saisonbeginn sicherlich den ein oder anderen Punkt gekostet. Das wird in diesem Jahr anders sein. Wir haben einen guten Dateningenieur, und das möchte ich nutzen."

Frage: "Wenn es mit dem Titel klappen würde, wie sollte es dann für dich weitergehen?"

Pfister: "Es gibt ja von Eurosport für den Gewinner die Möglichkeit, ein Rennen in der Weltmeisterschaft zu fahren. Das ist natürlich ein Traum, einfach mal WTCC zu fahren, unabhängig davon, wie es dann läuft."

"Generell ist die Weltmeisterschaft ein Ziel, es ist aber auch kein Geheimnis, dass die WTCC momentan für Privatteams sehr, sehr teuer ist. Da können sich vielleicht noch Cracks wie Tom Coronel halten, der das auch schon sehr lange macht und da auch einen riesigen Erfahrungsvorsprung hat. Wir müssen schauen. Die ETCC liegt mir schon sehr am Herzen. Die wird vielleicht auch noch längerfristig unsere Heimat bleiben."

WTCC nicht um jeden Preis

Frage: "Du siehst also die ETCC nicht zwangsläufig nur als Zwischenstation?"

Pfister: "Die Weltmeisterschaft ist ein Thema, aber für uns ist wichtig: Wenn ich Weltmeisterschaft mache, muss es schon Hand und Fuß haben. Ich würde es ungern wie andere Fahrer machen, eine halbe Saison WTCC fahren und mich dann fragen: Wo sind die Perspektiven?"

"Wenn wir Weltmeisterschaft machen, dann sollte es auch wirklich so sein, eine Saison lang erfolgreich zu fahren. Dazu wäre eine Kooperation mit einem Hersteller wichtig, die man finden muss. Vielleicht ergeben sich mit Volvo neue Möglichkeiten, da muss man einfach schauen, was Sinn macht."

Frage: "Die ETCC ist in den Medien bisher recht unterrepräsentiert. Wie schwierig ist diese relativ geringe Medienpräsenz für euch bei der Suche nach Sponsoren?"

Pfister: "Da hast du recht, die Europameisterschaft ist in Deutschland momentan definitiv unterrepräsentiert. Ich glaube aber, dass seit einem Jahr von Seiten von Eurosport viel getan wird, um dieses Thema nach vorne zu bringen. Da sind wir auch relativ nahe eingebunden. Ich glaube, dass es in Zukunft besser wird, gerade auch mit dem Rennen in Deutschland, mit der Nordschleife und mit der Europameisterschaft zum ersten Mal zusammen mit der Weltmeisterschaft in einem Feld. Ich glaube, das wird uns nach vorne bringen."

"Sponsoren zu gewinnen ist immer schwierig, egal in welchem Umfeld man sich bewegt. Wir haben in Deutschland ein bisschen den Sonderfall, dass es viele verschiedene Serien gibt. Es gibt die VLN, die relativ stark ist, es gibt das GT-Masters und jetzt die TCR Deutschland. Es gibt die DTM, die natürlich viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. In Deutschland ist es generell nicht einfach, sich zu etablieren, aber wir haben mit der Europameisterschaft gute Möglichkeiten und Alleinstellungsmerkmale, die wir nutzen."

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