Lopez: "Habe jetzt die Glücksmomente, die mir gefehlt haben"

, 26.12.2015

WTCC-Champion Jose-Maria Lopez im Interview: Wie schwierig der Weg in die Tourenwagen-WM war und was ihm die Unterstützung der Argentinier bedeutet

Vor zweieinhalb Jahren war der Name Jose-Maria Lopez in der Motorsportwelt fast in Vergessenheit geraten. Doch dann brachte ihn ein Gaststart in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) in Argentinien, der mit einem umjubelten Sieg endete, ins Rampenlicht zurück. Und heute ist der Mann, den alle nur "Pechito" nennen, zweimaliger Weltmeister und dominiert die WTCC.

Im Interview spricht Lopez darüber, wie viel ihm diese Titel bedeuten, mit denen er in die Fußstapfen des legendären Juan Manuel Fangio getreten ist. Außerdem erklärt Lopez, wie wichtig ihm die Unterstützung in seinem Heimatland ist, warum er auf den Titelgewinn 2015 so emotional reagiert und wie schwierig nach dem Ende seiner Formelkarriere der Weg zurück nach Argentinien war.

Frage: "Pechito, du hast zum zweiten Mal in Folge die Weltmeisterschaft gewonnen. Was ging dir durch den Kopf, als du wusstest, dass du in diesem Jahr wieder Weltmeister sein wirst?"

Jose-Maria Lopez: "Eine Menge, es lief noch einmal alles vor meinem inneren Auge ab. Es war ein sehr emotionaler Meisterschaftsgewinn. Manche Leute denken, der zweite sei nicht mehr so wie der erste, weil man ja schon einen hat, aber der Wettbewerb auf der Strecke war so intensiv. Als ich es dann geschafft hatte, fiel die ganze Anspannung von mir ab und ich wurde wirklich emotional."

Frage: "Und du bist jemand, der diese Emotionen dann auch nach außen zeigt, oder?"

Lopez: "Ja, ja, aber ich denke, das hängt auch immer von der jeweiligen Person ab. Ich komme aus Südamerika, habe eine enge Bindung an meine Familie, bin aber weit von ihnen entfernt. In solchen Momenten, wenn die Anspannung von einem abfällt, dann denkt man an solche Dinge wie die Familie. Und dann kommen die Emotionen in einem hoch."

Frage: "Wie waren die Reaktionen in Argentinien? Wie wirst du von dort aus unterstützt?"

Lopez: "Ich bekomme eine Menge Unterstützung. Motorsport ist in meinem Heimatland nach Fußball die zweitwichtigste Sportart. Die Unterstützung, die mir in den vergangenen beiden Jahren zuteil wurde, war fantastisch. Die Leute unterstützen mich sehr und lassen mich wissen, wie wichtig ich ihnen bin. Sie stehen frühmorgens auf, um sich die Rennen anzuschauen. Ich spüre große Unterstützung durch mein Heimatland."

Frage: "Du warst der erste Argentinier seit Juan Manuel Fangio im Jahr 1957, der eine Weltmeisterschaft im Motorsport gewonnen hat. Wärest du gerne in der damaligen Zeit gefahren?"

Lopez: (lacht; Anm. d. Red.) "Ich wäre gerne in der damaligen Ära gefahren. Für mich ist das ein Privileg."

"Ich weiß, dass er es damals in der Formel 1 geschafft hat, das ist eine andere Disziplin. Alle, was wir in der Welt des Motorsports erreicht haben, verdanken wir Fangio. Aber wieder eine Weltmeisterschaft nach Argentinien zu holen und es damit etwas mehr auf die Landkarte des Motorsports zu bringen, als es in den vergangenen 50 Jahren der Fall war, ist schön."

Dank der Eltern Benzin im Blut

Frage: "Erzähle mir ein wenig über deine Kindheit. Die meisten kleinen Jungs wollen Fußballer oder Superhelden werden, oder nicht? Warum wurde es für dich der Rennsport?"

Lopez: "Ich glaube es liegt daran, dass ich aus einer Familien stamme, die den Rennsport liebt. Sowohl von Seiten meines Vaters, also auch von der Seite meine Mutter. Es war aber nicht so, dass sie mich in diese Richtung gedrängt hätten. Ich war kein Kind, das ständig mit Spielzeugautos gespielt und danach gefragt hat."

"Ich war ein normaler Junge, habe gerne Fußball, Basketball und Tennis gespielt. Ich habe alles ausprobiert, aber dann hat mir mein Vater ein Go-Kart gekauft. Ich habe angefangen, als ich sieben Jahre alt war. Von da an ist meine Leidenschaft für diesen Sport gewachsen, und noch ist kein Ende in Sicht."

Frage: "Im Kampf um den Titel hast du in diesem Jahr einige legendäre Namen geschlagen. Fühlst du dich deshalb noch besser?"

Lopez: "Alleine die Tatsache, dass ich in einem Team mit ihnen fahren kann, ist für mich eine Ehre. Wenn man im eigenen Team gegen Legenden wie Sebastien Loeb und Yvan Muller fährt, ist das wirklich schwierig. Gleichzeitig ist es aber auch schön."

"Yvan kannte ich schon länger, denn wir sind in der gleichen Disziplin, bei den Tourenwagen gefahren. Und Seb... Ich komme aus Cordoba und bin daher auch Rallyefan. Dort fährt die Rallye (Argentinien; Anm. d. Red.) seit mehr als 30 Jahren. Ich bin ein großer Fan von Seb. Nun gegen ihn zu fahren, war ein wirklich tolles Gefühl."

Frage: "Du hast 2013 in der Tourenwagen-WM debütiert. Wenn du in die Zukunft schaust, was möchtest du noch erreichen?"

Lopez: "Das ist eine nette Frage! Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Ich möchte den Moment genießen und bin derzeit sehr glücklich mit dem, was ich mache. In den vergangenen zehn Jahren hat sich für mich eine Menge verändert."

"2006 musste ich zurück in die Heimat gehen, weil ich nicht mehr in Europa bleiben konnte. Das war ziemlich hart für mich. Dann war ich fünf, sechs Jahre dort und musste einen Weg suchen, wie ich wieder zurückkomme. In den vergangenen drei Jahren hatte ich all die Glücksmomente, die mir vorher gefehlt haben. Ich hoffe, dass meine Zukunft im Rennsport liegt und möchte ihn noch viele, viele Jahre betreiben."

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